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Das kastilische Erbe: Roman (German Edition)

Das kastilische Erbe: Roman (German Edition)

Titel: Das kastilische Erbe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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genutzt und weiter ausgebaut. Hier in Tordesillas war es Alfons XI., der diesen Palast nach der erfolgreichen Schlacht bei Salado erbauen ließ. Sein Sohn, Pedro der Grausame, ließ ihn dann zu einem Kloster im Mudéjarstil umbauen, um seiner heimlichen Liebe María de Padilla zu gefallen. Die Arabesken, Zacken- und Hufeisenbogen sollten sie an ihre Heimat Sevilla erinnern. Dort, wo heute die Kirche steht, war einst der Thronsaal des Palasts. Bald zogen die Klarissen ein. Ich weiß nicht, ob Sie etwas über unseren Orden wissen …« Sie machte eine Pause und fuhr fort, als Isaura den Kopf schüttelte. Während sie weitererzählte, führte sie ihren Gast vom großen Hof in einen Teil der Anlage, der noch vom ursprünglichen Palast her stammte.
    »Der Orden der Klarissen ist der zweite des heiligen Franziskus und wird auch seraphischer Orden genannt. Er wurde gemeinsam von Franz und der heiligen Klara von Assisi im dreizehnten Jahrhundert gegründet. Sie wollten ein Leben in der Nachfolge Christi in Armut führen. Das Klarissenklos ter in Brixen, aus dem ich stamme, wurde noch zu Lebzeiten der heiligen Klara gegründet, und auch heute noch leben dort zwanzig Klarissen in strenger Klausur bei Gebet und Arbeit innerhalb ihrer Mauern.«
    Isaura war, als könne die Nonne nur mühsam ein Seufzen unterdrücken.
    »Wir betreiben in Brixen eine Hostienbäckerei«, fuhr sie fast überhastet fort.
    Der kleine Kreuzgang, den sie jetzt betraten, entlockte Isaura einen Ausruf des Entzückens. Der Hof und der Umgang waren ganz in maurischem Stil gehalten mit kunstvollen Fliesen, Säulen und Bogen, an deren zarten Mustern man sich nicht sattsehen konnte. Isaura blieb staunend stehen. Sie vergaß die Nässe und die Kälte.
    »Das ist der sogenannte arabische Innenhof. Ja, er führt uns deutlich die Kunstfertigkeit der Mudéjarhandwerker vor Augen und lässt uns verstehen, warum sich die Christen ihrer Kunst bedienten, selbst beim Bau ihrer Kirchen. Aber nun kommen Sie weiter. Sie müssen etwas Trockenes anziehen und sich aufwärmen. Ich zeige Ihnen später gern noch mehr von Santa Claras Schätzen und erzähle Ihnen, was ich darüber weiß.«
    Isaura, die die Kälte in ihren Knochen wieder zu spüren begann, nickte und folgte der Schwester durch einen Raum in den Gartenhof des Palasts, der heute der Kreuzgang des Klosters war und der, bis auf einen kleinen Teil, den Besuchern verschlossen blieb. Maria Anna öffnete mit ihrem Schlüssel das hölzerne Gatter und bat Isaura, ihr zu folgen. Sie konnte die neidischen Blicke der Touristenpärchen in ihrem Rücken spüren, denen der größte Teil des Klosters versperrt bleiben würde. Doch auch Isaura würde nicht alles zu sehen bekommen, wie die junge Nonne ihr mit Bedauern gestand.
    »Wir Klarissen leben noch immer in strenger Klausur«, wiederholte sie. »Deshalb ist der nördliche Teil des Klosters mit seinen beiden Gärten allein den Nonnen vorbehalten. Unsere Kammern – oder Zellen, wie wir auch sagen – sind um den königlichen Hof auf der Nordseite angeordnet, den wir auch Buchenhof nennen. Zwischen dem Hauptgebäude und der Westmauer gibt es einen Gemüsegarten, einen weiteren zur Ostmauer hin. Von diesem kann ich Ihnen ein Stück zeigen, das mit zum Gästetrakt gehört, in dem wir unsere Kammern für Besucher haben.«
    Sie führte Isaura nach links in ein Treppenhaus und von dort durch eine Tür in den schmalen Anbau des Gästehauses. Die Zimmer waren vielleicht nicht ganz so spartanisch eingerichtet wie die Zellen der Nonnen, doch auch sie hatten eher die Bezeichnung Kammer verdient und verzichteten ebenso auf alles, was die Sinne vom Wesentlichen hätte ablenken können. Nein, gemütlich war anders, befand Isaura, dankte aber, als Maria Anna sie in die Kammer führte und ihr ein Handtuch und ein mit einer Kordel verschnürtes Bündel trockener Kleider reichte.
    »Das Bad ist hier den Gang hinunter«, sagte sie. »Ich hole Sie nachher ab. Dann können wir zusammen etwas essen.«
    Isaura dankte und machte sich auf den Weg, sich unter der heißen Dusche aufzuwärmen. Sie versuchte gerade mittels des winzigen Spiegels zu erahnen, wie sie in dem kuttenähnlichen grauen Kleid aussehen mochte, das sie erhalten hatte, als die Schwester an die Tür klopfte.
    »Sind Sie so weit?«
    Isaura fuhr sich mit ihrer Bürste noch einmal durch das nasse Haar und schlüpfte in die einfachen, flachen Sandalen, dann trat sie in den Gang hinaus, wo sie Maria Anna mit einem Lächeln empfing.
    »Das

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