Das kastilische Erbe: Roman (German Edition)
Glück hat, neben einer so reizenden zu sitzen?«
Auf Fernandos anderer Seite saß die arme Juana, die kaum ein Wort herausbrachte und nur rot anlief, wenn Fernando sie ansprach, und so gab er es schnell auf, sich um das Patenkind seiner Gattin zu bemühen, und wandte sich lieber Jimena zu. Zumindest wollte sie sich einreden, dass das der einzige Grund war.
»Was mag wohl in seinem Kopf vorgehen?«, überlegte Fernando und legte sich noch eine Rebhuhnkeule und eine dicke Scheibe Wildschweinbraten auf den Teller.
»Ich denke, die zunehmende Harmonie zwischen dem Kardinal und Eurer Gemahlin gefällt ihm gar nicht«, meinte Jimena, die sich lieber vom süßen Mandelreis bediente. »Die Mendozas sind eine Kraft im Land, die man nicht verachten sollte.«
»Ja, ich würde sogar sagen, wer die Mendozas auf seiner Seite weiß, kann auf einen Erzbischof von Toledo verzichten, der versucht, einen am Gängelband zu führen.«
Jimena überlegte. »Ja, vielleicht. Vermutlich bleibt Euch nicht einmal die Wahl, denn ich glaube, es gibt kaum eine ausgeprägtere Feindschaft als die zwischen Carrillo und den Mendozas. Der Bruch wird wohl endgültig sein, wenn sich das Verhältnis zu Kardinal Mendoza weiterhin so gut entwickelt. Und dennoch würde ich zur Vorsicht raten. Erzbischof Carrillo ist ein leidenschaftlicher Mann – in seiner Unterstützung, aber auch in seiner Gegnerschaft.«
»Ach, Ihr meint, wenn er hasst, dann so tief wie unser lieber Marquis hier?«
Fernando sprach mit einem Lächeln leicht im Plauderton dahin, doch sie wussten beide, dass sowohl die Abneigung des Marquis als auch die Bitterkeit des Erzbischofs ernste Folgen haben konnten.
So sprachen sie noch eine Weile leise über Bündnisse und Loyalitäten, während das Mahl voranschritt. Jimena hatte schon längst ihren Teller weggeschoben und leerte auch ihren Weinbecher nicht mehr, als sich der Ausdruck in Fernandos Gesicht zu ändern begann. Er legte seine Hand auf die ihre.
»Ach Doña Jimena, wenn man an Eurer Seite sitzt, dann könnte jedes Mahl eine Ewigkeit dauern. Aber vermutlich würde ich dann stets zu viel essen und trinken, was weder meinem Geist noch meinem Körper zuträglich wäre.«
Der Prinz lächelte sie mit seinem ganzen Charme an, sodass ihr ganz schwindelig wurde. Nein, das lag vermutlich nur am Wein.
»Wisst Ihr, dass ich nie eine Dame getroffen habe, die Schönheit, Charme und einen scharfen Verstand in solch prächtiger Weise vereint?«
Aber ja doch, Eure Gattin , wollte Jimena rufen, doch sie blieb stumm. Nein, so prächtig, klug und erhaben Isabel auch wirkte, schön konnte man sie nicht nennen.
Jimena zwang sich, ihre Hand unter der seinen hervorzuziehen. »Ihr schmeichelt mir, Hoheit. Das solltet Ihr nicht tun!«
»Warum nicht?«, erkundigte er sich mit einem Lächeln, das ihr die Knie weich werden ließ, doch ehe Jimena sich eine Antwort überlegen konnte, wurde ihrer aller Aufmerksamkeit auf den König gezogen.
Enrique stieß einen Schrei aus und presste sich die Hände gegen die Brust. Er sprang auf und fiel dann auf seinen Stuhl zurück. Aus seinem Gesicht war jede Farbe gewichen, und er krümmte sich vor Schmerz.
»Oh nein, nicht wieder eine dieser bösen Magenverschlingungen«, rief Isabel mitleidvoll und griff ihm unter die Arme, wohl um ihm Erleichterung zu verschaffen. Jimena eilte heran und überlegte fieberhaft, ob ihr etwas einfiel, wie sie dem König die Schmerzen hätte nehmen können.
Auch der Marquis sprang auf. Mit riesigen Schritten kam er herbei und drängte sich zwischen den König und seine Schwester.
»Magenverschlingung? Wohl kaum! Der König wurde vergiftet!«
Nun erhoben sich auch noch die letzten Gäste, und ein Durcheinander von Stimmen brandete auf. Diener kamen gerannt, und sogar einige Bewaffnete, die sehen wollten, was der Aufruhr zu bedeuten hatte.
Es war der Kardinal, der mit ruhiger Autorität die Wogen glättete, den König seinem Leibarzt und seinem Kammerdiener überantwortete und die anderen dazu brachte, sich wieder zu setzen und dem Spielmann zu lauschen, der noch einige seiner Balladen sang, doch keiner hörte ihm recht zu, und so zerstreuten sich die Gäste bald. Isabel und Fernando zogen sich in ihr Gemach zurück, und auch ihre Damen legten sich zur Ruhe. Beatriz schlief sofort ein. Vielleicht, weil auch sie heute mehr Wein getrunken hatte als sonst. Teresa und Jimena aber lagen noch lange nebeneinander wach. Jimena versuchte die Gedanken ihrer Cousine zu empfangen, doch sie
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