Das kastilische Erbe: Roman (German Edition)
nicht in ihre Dienste treten und ihr Treue schwören.«
»Was willst du dann tun? Zum neuen Marquis de Villena laufen, der keinen Deut besser ist als sein Vater und Juana ganz sicher nicht zu ihrem Schutz in seiner Festung verborgen hält?« Nun klang auch ihre Stimme schärfer.
Noch einmal schüttelte Ramón den Kopf. »Nein, ich kann ihn genauso wenig leiden wie den alten Marquis. Und ich gebe dir recht, dass es ihm nur um seinen eigenen Vorteil und seine Macht geht.«
»Was willst du dann tun?«, fragte Jimena nun wieder sanft.
»Ich dachte mir, ich schließe mich dem Gefolge des Erzbischofs von Toledo an«, sagte Ramón und klang dabei ein wenig verlegen.
»Du willst in Carrillos Dienste treten?«, rief Jimena verblüfft.
»Ja, spricht etwas dagegen?«
Jimena überlegte. »Ich weiß nicht … nein … ich meine, er hat Isabel Treue geschworen, was zumindest für den Moment bedeutet, dass wir nichts von ihm zu befürchten haben. Vielleicht geschieht ja noch ein Wunder, und er söhnt sich mit den Mendozas aus. Jedenfalls ist er ein mächtiger Kirchenmann und ein wichtiger Fürst Kastiliens.«
Plötzlich fiel ihr etwas ein, und der Schreck durchfuhr sie kalt. »Dann wirst du Segovia verlassen?«
Ramón nickte. »Ja, ich werde dem Erzbischof nach Toledo folgen. Ach, schau nicht so traurig, meine Liebste. Komm mit mir, wenn dir die Trennung so schwerfällt.«
Jimena lachte freudlos. »Als was? Als deine Geliebte? Ich denke nicht, dass Carrillo in seinem Bischofspalast irgendeinen Bedarf an Hofdamen hat.«
»Das nicht, aber vielleicht wird er uns helfen, einen Dispens zu erlangen. Dann könnten wir heiraten und für immer zusammen sein.«
Für einen Moment gab sich Jimena diesem süßen Traum hin. Sie legte ihre Hände in seinen Nacken und zog ihn so weit zu sich herunter, dass sich ihre Lippen berührten. Ramón schob sie unter das Tor der Kathedrale, wo sie vor den Blicken später Passanten verborgen waren, und erwiderte den Kuss. Erst sanft, dann immer stürmischer. Er schlang die Arme um sie und presste sie an sich. Sie konnte durch die Stoffschichten seinen vom Reiten und Kampftraining gestählten Körper spüren, und die Erinnerung an ihre erste Liebesnacht wallte zusammen mit dem heißen Begehren in ihr auf. Sie wollte es wieder und wieder spüren! Ihn, seine Küsse, seine Hände, seinen ganzen Körper. Warum nur konnten sie nicht einfach zusammenbleiben? Warum konnte sie nicht mit ihm gehen, ihn jeden Tag sehen, mit ihm sprechen, beim Mahl neben ihm sitzen und nachts sein Lager teilen? Ach, was für ein verführerischer Traum, aber eben nur ein Traum. Jimena löste sich von Ramón und sah ihn traurig an.
»Es geht nicht. Du weißt, dass ich hier bei Isabel bleiben muss.«
»Ja, das habe ich inzwischen begriffen«, seufzte er. »Aber wir werden uns wiedersehen! Bald schon.«
»Ja«, stimmte sie ihm mit der Inbrunst ihrer ganzen Hoffnung zu. »Wir werden beieinander sein, und wir werden uns lieben, wenn du nicht im Gefolge des Erzbischofs eine andere findest, deren Lächeln du erliegst.«
»Nein!«, rief Ramón entrüstet. »Ich liebe dich und werde immer nur dich lieben! Sieh her, ich gehe vor dir auf die Knie und schwöre dir meine Treue bis in den Tod.«
Gerührt, aber auch ein wenig verlegen zog sie ihn hoch.
»Ramón, ich glaube dir doch. Komm bitte einfach nur bald wieder nach Segovia. Ich werde auf dich warten.«
»Hier in Segovia? Ich erwarte nicht, dass die Königin lange hierbleibt. Du wirst vermutlich das rastlosere Leben von uns beiden führen müssen!«
Und damit behielt Ramón recht. Der Erzbischof war noch nicht lange abgereist, da gab auch Isabel den Befehl, die Reisetruhen zu packen.
»Wohin geht es?«, fragte Beatriz ein wenig missmutig. Es war noch immer Winter. In den Bergen lag der Schnee vermutlich zu hoch, um den Pass mit Pferden überqueren zu können, und der eisige Nordwind hatte Kastilien noch fest im Griff.
»Zuerst möchte ich nach Arévalo, um meiner Mutter meine Aufwartung zu machen und meine Tochter endlich wiederzusehen«, sagte sie mit so viel Sehnsucht in der Stimme, dass sich Jimena fragte, wie schwer es ihr fallen musste, von der Kleinen getrennt zu sein. Isabel sprach nicht viel darüber, doch sie schickte regelmäßig Boten, um sich nach der Gesundheit und den Entwicklungsfortschritten ihrer Tochter zu erkundigen.
»Und dann?«, hakte Beatriz misstrauisch nach, der das Wort ›zuerst‹ nicht entgangen war.
»Dann, meine liebe Freundin«, antwortete
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