Das kastilische Erbe: Roman (German Edition)
den Leichnam des Königs nach Guadalupe zu seinem Begräbnis begleitet hatte. Auch der Admiral von Kastilien schwor ihr die Treue, und dann traf zu Isabels und Jimenas Überraschung auch Erzbischof Carrillo ein, der Isabel zähneknirschend den Schwur leistete.
Und es gab noch einen zweiten Grande, mit dem Jimena – und vermutlich auch Isabel – nicht gerechnet hatte: Don Beltrán de la Cueva, Graf von Ledesma und Herzog von Albuquerque, der so viele Jahre Favorit der Königin gewesen war – und vermutlich auch Juanas Vater. Aber wer außer deren Mutter hätte das schon sicher sagen können? Jedenfalls kam er, um Isabel die Treue zu schwören – sollte sie im Gegenzug so freundlich sein, seine Privilegien zu bestätigen und seine Dotationen ein wenig aufzufrischen. Zähneknirschend gab sie nach, schwor aber, dass diese Verschwendung von dringend benötigtem Geld ein Ende haben würde.
Das waren die erfreulichen Nachrichten. Doch es gab erschreckend viele Männer des Adels, die dem Aufruf fern blieben: natürlich der neue Marquis de Villena, Juan Pachecos Sohn, der Juana in seiner Festung in seiner »Obhut« hatte, aber auch eine Reihe weiterer Granden, lauter mächtige Männer, deren Feindschaft man nicht leichten Herzens ignorieren konnte. Nein, zusammen waren sie eine ernsthafte Gefahr, und das war Isabel bewusst, während sie im Alcázar ein Festmahl für ihre Anhänger ausrichten ließ und sich freundlich gab.
Neben der Überzeugungsarbeit, die sie bei vielen Adeligen noch zu leisten hatte, stand ihr noch eine weitere Schlacht bevor. Fernando war eilig aus Aragón zurückgekehrt, und er war ganz und gar nicht erfreut über den Alleingang seiner Gattin. Mochte sie die Granden ihres Landes überrumpeln, mit ihm hatte sie sich zuvor abzustimmen!
Das sah Isabel ganz anders, und so blieb ein lautstarker Zusammenstoß zwischen den Eheleuten nicht aus.
Jimena hatte den Prinzen noch nie mit einer solchen Miene erlebt. Noch in Reisekleidern und voller Schmutz stürmte er ins Gemach seiner Gattin. Beatriz ergriff sofort die Flucht, und auch die anderen Damen machten sich davon.
»Ihr könnt auch gehen!«, herrschte Fernando sie an, als Jimena unschlüssig mitten im Raum stehen blieb. »Ich habe mit meinem Weib zu sprechen!«
Sie sah, wie die Königin sich straffte und ihre Miene sich ebenfalls verhärtete. Da Isabel sie nicht bat zu bleiben, zog sie die Tür hinter sich zu, blieb aber im Gang davor stehen. Sie brauchte ihr Ohr nicht an das Holz zu legen, um jedes Wort zu verstehen.
»Nun, mein Gemahl, was ist? Hattet Ihr eine gute Reise?«
»Ach, hör auf!«, schrie er. »Was soll dieser Streich? Du hast mich übergangen und dich hinter meinem Rücken auf den Thron gesetzt!«
»Ich habe die Maßnahmen ergriffen, die der Tod des Königs notwendig gemacht haben«, gab Isabel kälter und wesentlich leiser zurück. »Du warst ja wieder einmal nicht da und hast lieber deinem Vater geholfen, sein Land zu retten.«
»Und das machst du mir zum Vorwurf?«
»Nein, es ist lediglich eine Tatsache. Jeder muss das tun, was die Situation erfordert. Hätte ich warten sollen, bis Villena Juana die Krone auf den Kopf setzt?«
»Nein, das nicht, aber mich lediglich als deinen rechtmäßigen Gemahl zu bezeichnen ist infam! Ich bin der König an deiner Seite!«
»Kastilien steht allein mir zu! Ich würde dir auch Aragón nicht streitig machen«, warf Isabel nun ein wenig lauter ein.
»Das ist auch gar nicht möglich. Frauen sind bei uns von der Erbfolge ausgeschlossen.«
»Was hat das denn damit zu tun?«, rief Isabel, nun ebenfalls erzürnt. »Kastilien ist mein Erbe; ich bin die alleinige Herrscherin dieses Landes, und damit basta!«
»Das werden wir ja sehen. Ich bin dein Ehemann und habe das Recht mitzureden!«
Am Ende sollten ausgerechnet Kardinal Mendoza und Erzbischof Carrillo die Wogen glätten und eine rechtsverbindliche Regelung finden.
Es wurde ein zähes Ringen, und Jimena spürte, dass zwischen den Eheleuten viel zu Bruch gegangen war, als sie endlich die Erklärung unterschrieben, die die Rechte beider regelte. Es war nur ein kleiner Sieg für Fernando. Er erreichte immerhin, dass ihm der Titel eines Königs zugestanden wurde und alle Dokumente im Namen der Königin und des Königs unterzeichnet werden mussten – wenn er denn anwesend sei. Doch Isabel blieb unumstößlich alleinige Inhaberin von Kastilien, und es würde ihre Tochter sein – nicht ihr Ehegatte –, die nach ihrem Tod die Krone
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