Das kastilische Erbe: Roman (German Edition)
wenig Abstand.
»Ich weiß es nicht«, sagte sie müde. »So viele beunruhigende Nachrichten. Und wie bist du mit dem Ausheben der Truppen vorangekommen?«
Fernando strahlte stolz wie ein kleiner Junge. »Nicht schlecht, würde ich sagen. Die Mendozas und all die anderen waren großartig, doch ich darf in aller Bescheidenheit sagen, dass auch ich nicht untätig war. Die Männer sind bereits unterwegs, sodass wir vermutlich in zwei Wochen nach Norden marschieren können.«
»Mit wie vielen Männern können wir rechnen?«
Jimena sah, wie Fernando den Kopf hin und her wiegte, als müsse er erst rechnen. Er lächelte und zog den Moment absichtlich in die Länge. Dann sah er Isabel in die Augen, vermutlich, damit ihm keine ihrer Regungen entging.
»Ich würde sagen: zweitausend Reiter in Harnisch mit Lanzen, sechstausend Berittene und zwanzigtausend Infanteristen.«
Isabels Augen weiteten sich. Sie brauchte einen Moment, um die Macht der Zahlen zu begreifen. Dann fiel sie ihrem Mann um den Hals.
»Ich habe es gewusst«, stieß sie hervor. »Du bist der König an meiner Seite und wirst uns allen Kastilien auf dem Schlachtfeld erretten!«
Doch ihre Freude war nur von kurzer Dauer. Schon zeigten sich wieder Sorgenfalten auf ihrer Stirn.
»So viele Männer, die wir verpflegen und bezahlen müssen«, sagte sie leise. »Können wir das?« Sie richtete ihren Blick auf Talavera und winkte ihn zu sich.
»Fray Hernando, sagt mir, wie seid Ihr vorangekommen?«
Der Mönch war wie üblich in seine grobe Kutte gekleidet, den Kopf mit der Tonsur unbedeckt. So schritt er auf die Königin zu und verneigte sich vor ihr.
»Ich denke, Ihr werdet zumindest im Augenblick zurechtkommen«, sagte er knapp. Mit den wenigen Steuergeldern, die ihren Weg bis in die Schatzkammer des Alcázar von Segovia gefunden hatten, würden sie nicht weit kommen, doch die Schätze des Königshauses und der Schmuck, den Isabel ihm gegeben hatte, waren als Pfand bei den Juden gut genug, um mit dem beträchtlichen Darlehen vorerst auszukommen.
Das waren dann aber auch schon die guten Nachrichten gewesen; alle weiteren Botschaften waren lediglich dazu angetan, Isabel die Zornesröte ins Gesicht zu treiben.
Während Alfonsos Truppen bereits nach Norden vorrückten, forderte er mit einem Schreiben frech die Rechte für seine Braut ein und begab sich seelenruhig nach Plasencia, um dort auf Juana zu warten.
»Er will sie durch ganz Kastilien reisen lassen? Ha! Das werde ich nicht zulassen. Er kann in Plasencia warten, bis er alt und grau ist!«, brauste Isabel auf.
Es fiel Kardinal Mendoza zu, ihr schonend beizubringen, dass es dem Marquis de Villena bereits gelungen war, Juana ungehindert über Madrid und Trujillo bis nach Plasencia zu bringen.
»Er hat die Ehe mit ihr bereits geschlossen.«
»Und sie auch vollzogen?«, entschlüpfte es Jimena entsetzt. Sie schlug sich auf den Mund, als der Kardinal sich zu ihr umdrehte und sie ansah. Doch er schien über den Ausruf nicht verärgert.
»Nein, das wohl nicht. König Alfonso ließ verlautbaren, dass er damit warten wolle, bis er für sich und seine Braut den Dispens aus Rom erhalte.«
»Dann hat der Papst also noch nicht zugestimmt«, knirschte Isabel. »Ich schwöre, ich lasse nichts unversucht, um diese Ehe annullieren zu lassen!«
Außerdem setzte sie sofort ein Schreiben auf, in dem sie jeden, der Alfonso von Portugal in irgendeiner Weise unterstützte, zum Hochverräter erklärte.
»Und? Gibt es noch irgendwelche Hiobsbotschaften?«, erkundigte sich Isabel barsch, doch Jimena hörte die Furcht und die Erschöpfung aus ihren Worten heraus.
Kardinal Mendoza lächelte entschuldigend. »Ja, Majestät, leider kann ich es Euch nicht ersparen.«
Isabel ließ sich auf einen Stuhl sinken und legte die Hände auf die Wölbung ihres Kleides. Fernando trat hinter sie, als wolle er sie und das Kind beschützen.
»Sprecht, Eminenz, es wird durch Unwissenheit sicher nicht besser.«
Der Kardinal neigte das Haupt. »Nein, ganz sicher nicht.« Er holte noch einmal tief Luft, während es im Saal so still war, dass man den Ruf einer Eule von draußen vernahm.
»Euer Kirchenprimas hat beschlossen, sich auf die Seite Portugals zu schlagen.«
Die Stille breitete sich aus. Jimena sah Isabel an, in de ren Miene sich Zorn und Enttäuschung, aber auch ein wenig Furcht zeigten.
»So, Carrillo hat also wieder einmal die Seiten gewechselt«, sagte sie schließlich kalt. »Das war nicht anders zu erwarten. Er hat schon
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