Das kastilische Erbe: Roman (German Edition)
Leise vor sich hin schimpfend reihte sie sich mit Jimena und Teresa hinter den Rittern ein. Sie ritten unter der glühenden Sommerhitze über die ausgedörrte Ebene, die keine Gnade kannte: Es gab keinen kühlenden Schatten und kein Wasser, das ein wenig Erfrischung geboten hätte. Normalerweise rastete jeder Wanderer während der heißen Mittagsstunden, doch Fernando und Isabel trieben ihre Männer weiter und ließen sie nur so lange ruhen, wie die Pferde brauchten, um nicht zuschanden geritten zu werden. Wenn dann die Sonne endlich versank, ging es nach einer kurzen Stärkung weiter, manches Mal bis nach Mitternacht. Steifbeinig wankten die Männer umher, aßen ihr karges Mahl und sanken dann erschöpft in tiefen Schlaf. Eine Nacht verbrachten sie in Valladolid, wo es dem Königspaar und seinen Vertrauten gegönnt war, eine Nacht in einem weichen Bett zu verbringen, und die Männer sich wenigstens noch einmal satt essen konnten und jeder einen Schlauch Wein trinken durfte. Dann, noch vor dem Morgengrauen, ging es schon wieder weiter.
Sie schwenkten nach Nordosten auf Burgos zu. Die Könige schickten noch mehr Kundschafter in alle Richtungen und vernahmen mit Erleichterung, dass das portugiesische Heer noch nicht vorübergezogen war.
»Sie lagern noch immer in Toro«, berichtete einer der Reiter. Der nächste verkündete, das Heer sei dabei, das Lager abzubrechen, um weiterzuziehen.
Isabel und Fernando riefen ihre Hauptleute zusammen.
»Was sollen wir tun?«, fragte Isabel und ließ den Blick über ihre Berater schweifen, deren Meinung sie sich aufmerksam anhörte. Nur Fray Hernando schwieg.
»Wir müssen Burgos in die Knie zwingen«, beharrte Fernando. »Die Stadt ist zu wichtig. Mit ihr steht oder fällt das ganze Umland.«
Isabel war nicht überzeugt. »Ja, aber noch wichtiger ist es, das Heer zu stoppen, ehe es noch tiefer ins Land eindringt.«
»Dann müssen wir unsere Truppen teilen«, schlug der Kardinal vor. »Seine Majestät führt einen kleineren Teil unseres Heeres nach Burgos und lässt die Stadt belagern. Wir haben keine Kanonen, die diese Mauern mit ein paar Schuss brechen könnten. Wir werden sie zermürben und aushungern müssen.«
»Das kann Monate dauern«, warf Isabel ein.
»Ja, das wird es«, bestätigte Kardinal Mendoza. »In der Zwischenzeit führe ich das Hauptheer Alfonso entgegen und stelle mich seinen Truppen in den Weg.«
»Und was für eine Aufgabe habt Ihr mir zugedacht?«, erkundigte sich Isabel ein wenig ungehalten.
Ein Lächeln umspielte die Lippen des Kardinals, als er sich vor ihr verbeugte. »Ihr, meine verehrte Königin, kommt mit mir. Euer Heer braucht Euch.«
Damit war zwar Isabel einverstanden, Fernando dagegen wollte von diesem Vorschlag nichts wissen. Er hatte nichts dagegen, seine Truppen aufzuteilen, doch er wollte auf keinen Fall dem Kardinal sein Hauptheer überlassen.
»Ihr, Eminenz, geht nach Burgos, und ich ziehe mit Isabel nach Toro!«, beharrte er und ließ sich nicht mehr umstimmen. Schließlich gab Mendoza nach und fügte sich in sein Schicksal.
So machten Isabel und Fernando mit dem Hauptheer kehrt und zogen wieder dem Duero zu, um dem portugiesischen König mit seinen Truppen den Weg abzuschneiden. Es gab im Westen des Landes drei wichtige Übergänge über die Fluten des Flusses, der vor allem im Winter und im Frühling anschwoll und zu einem reißenden Ungeheuer werden konnte. So war es entscheidend, die wichtigen Brücken zu kontrollieren. Die erste, die sie von Osten her erreichten, überspannte den Duero vor den Toren der Stadt Tordesillas. Die nächsten beiden Übergänge waren in Toro und in Zamora. Alfonso hatte sich in Toro verschanzt, also sicherten sich Isabel und Fernando zuallererst Tordesillas. Nach einem weiteren Gewaltritt zogen sie nach Einbruch der Dunkelheit über die Brücke, die vielen der Erschöpften wie das Tor zum Paradies erscheinen musste. Unter den steinernen Bogen floss der breite Strom des Duero dahin, über ihnen ragte die ummauerte Stadt mit ihren Türmen und Toren am steilen Ufer auf.
»Dort ist der Palast.« Beatriz stieß einen Seufzer der Erleichterung aus und zeigte auf ein düsteres Gebäude, das sich rechts der Brücke direkt hinter der Ufermauer erhob. Jimena glaubte im Schein einiger Lampen die Spitzen von Spießen aufblitzen zu sehen. Gemessenen Schrittes bewegten sich die Wächter auf dem zum Fluss ausgerichteten Wehrgang auf und ab. Sie mussten das Heer längst entdeckt haben. Ja, vermutlich hatte Isabel
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