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Das kastilische Erbe: Roman (German Edition)

Das kastilische Erbe: Roman (German Edition)

Titel: Das kastilische Erbe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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heftigen Geste an seine Brust und drückte sie für einige Momente an sich, dass ihr die Luft wegblieb. Dann ließ er sie los und stürmte davon, um das Heer zum Aufbruch zu rufen. Nur eine Stunde später marschierten die Männer davon, während Isabel im Convento de Santa Clara mit dem Tode rang.
    Während Jimenas Füße sich lediglich auf die Wanderschaft um den inmitten des Klosters angelegten Kreuzgang machten, den die Gäste außerhalb der Klausur betreten durften, flogen ihre Gedanken davon. Sie schritt durch den schattigen Arkadengang des ehemaligen Königspalasts, den Alfonso XI . für seine Favoritin Leonor de Guzman hatte erbauen lassen, mit der er einige Kinder zeugte. Hier an dieser Stelle hatte sie gelebt, ihre Kinder zur Welt gebracht und zwei von ihnen in jungen Jahren wieder begraben. Das Leid der Mutter schien sich in die Wände eingegraben zu haben. Und wieder musste eine Mutter um ihr totes Kind weinen und um ihr Leben bangen.
    Isabel fieberte noch immer. Jimena tat, was sie konnte, bis die Temperatur endlich sank und die Königin in einen tiefen Schlaf fiel. Würde sie nun genesen?
    Jimena ging weiter unter arabisch anmutenden Bogen und Gewölben hindurch, deren verschlungene Muster in einem christlichen Kloster ein wenig seltsam anmuteten.
    Nach dem Tod König Alfonsos bestieg Pedro I., den man auch den Grausamen nannte, den Thron. Leonor wurde gefangen genommen und dann in Talavera de la Reina hingerichtet. Zwei Tage nach seiner Hochzeit ließ Pedro seine Gemahlin Blanca de Borbón nach Tordesillas bringen, um sich ungestört seiner Geliebten widmen zu können. Später vermachte er die Stadt seiner Tochter Beatriz, die den Palast den Klarissen übergab, damit sie ihn in ein Kloster umwandelten.
    Jimena wanderte weiter zur Kirche, die die Klarissen an den Palast angebaut hatten, während ihr Geist nach Westen flog und dem Heer folgte, das Fernando nach Toro führte. In Sichtweite der Stadt ließ er haltmachen und ein befestigtes Lager errichten. Boten wurden ausgesandt, doch die konnten nur zusehen, wie sich ein Teil des portugiesischen Heeres nach Westen wandte und vor den Toren der Stadt Zamora Aufstellung nahm. Fernando tat noch immer nichts, als Zamora den Belagerern die Tore öffnete und sie in die Stadt marschieren ließ. Jimena stöhnte.
    Warum tut er nichts? Warum greift er nicht an?
    Nun war der Moment verpasst, und Alfonso hatte jetzt zwei gut befestigte Städte unter seinem Befehl, während Fernando in seinem Feldlager rastlos auf und ab ging. Er sandte mehr Boten nach Tordesillas als Späher nach Toro oder Zamora, wo es den Feind auszukundschaften galt. Jimena wusste, dass Isabels Kampf mit dem Tod ihn lähmte und ihm seine Entschlusskraft raubte. Und Kardinal Mendoza war auf dem Weg nach Burgos!
    Etwas musste geschehen. Jimena ahnte, dass nichts zermürbender für ein Heer war, als stillzustehen und zu warten, vor allem, wenn die Versorgung kaum mehr als ein kärgliches Mahl am Tag hergab und auch die Zahlung eines Solds auf sich warten ließ. So konnte man auch ohne eine einzige Schlacht ein Land verlieren.
    Am Nachmittag erwachte Isabel. Das Fieber war so weit gesunken, dass sie sich aufsetzen und ein wenig Suppe essen konnte. Tiefe Trauer hatte sich in ihre Züge eingegraben, und Jimena spürte den inneren Kampf, den die Königin mit sich führte. Ihre Entscheidung hatte das Leben des ungeborenen Prinzen gekostet!
    »Sei nicht so hart mit dir«, sagte sie und streichelte ihre Hände. Mit einem Ruck zog Isabel sie zurück, so als habe sie diese zärtliche Berührung nicht verdient.
    »Am Ende war es Gottes Entscheidung, ihn zu sich zu rufen.«
    »Ja, um mich zu bestrafen!«
    »Weil du alles tust, um das Land zu bewahren? Um es in eine bessere Zukunft zu führen? Nein!«, widersprach Jimena. »Es war einfach noch nicht der rechte Zeitpunkt für den Prinzen. Du wirst noch mehr Kinder bekommen, wenn die Zeit gekommen ist und du ihnen ein friedliches Land geben kannst, um frei und ohne Angst darin aufzuwachsen.«
    Nun griff Isabel nach Jimenas Hand und klammerte sich an ihr fest. »Bist du sicher? Hast du das gesehen?«
    Jimena schloss die Augen. Für einige Augenblicke konnte sie nur ihrer beider Herzschlag hören, dann sagte sie mit einer Stimme, die aus der Ferne zu kommen schien:
    »Ja, ich sehe einen hübschen, fröhlichen Knaben. Und ich sehe eine Prinzessin – Juana – hier in Tordesillas. Ihr ist ein langes Leben beschert.« Auf Isabels Miene breitete sich ein Lächeln aus,

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