Das kastilische Erbe: Roman (German Edition)
also gut, wenn wir so bald wie möglich aufbrechen, wenn Ihr und Eure Damen das schaffen«, fügte er hinzu, ließ aber keine Zweifel aufkommen, dass er keine andere Entscheidung annehmen würde.
»Natürlich schaffen wir das!«, antwortete Isabel, und alle sahen, wie der Admiral aufatmete.
»Gut, dann haltet euch bereit. Ich lasse die Pferde satteln.«
Jimena und Teresa erhoben sich und griffen nach ihren Umhängen. Auch Beatriz, die bei ihrem Vater gesessen hatte, trat auf Isabel zu, machte aber keine Anstalten, sich reisefertig zu machen. Sie schlug die Augen nieder.
Jimena erstarrte. Der Augenblick, den sie einst gesehen hatte, war gekommen. Noch ahnte Isabel nicht, dass ihre älteste Freundin ihr hier und heute einen schmerzhaften Schlag versetzen sollte. Sie blickte Beatriz nur verwundert an.
»Was ist? Nimm deinen Umhang, die Nacht könnte kühl werden. Es wird ein harter Ritt!«
Beatriz nickte. »Ich weiß, und das ist auch nicht der Grund, aber ich kann nicht mitkommen.«
»Was?« Isabel wollte noch nicht verstehen. Sie weigerte sich, das Unfassbare zu begreifen.
»Ich werde nicht mitkommen«, sagte Beatriz leise, aber deutlich.
»Warum nicht? Was soll das bedeuten?«
»Ich halte das nicht mehr aus. Wir fliehen von einer Stadt zur anderen, während die Zahl deiner Anhänger schrumpft und die deiner Häscher stetig zunimmt. Vielleicht ist es an der Zeit, sich den Mächtigen zu beugen, ehe wir alle mit dem Leben bezahlen müssen.«
Isabels Miene verhärtete sich, doch Jimena konnte spüren, wie tief verletzt sie war.
»Du meinst also, ich solle mich den Händen des Königs ausliefern und mich in irgendeine Festung sperren lassen, bis er mich dann mit einem Aristokraten verheiratet, der seinen Plänen genehm ist? Soll ich auf meine Thronansprüche verzichten und sie der Beltraneja zu Füßen legen? Ist es das, was du willst?«
Beatriz hob die Arme und ließ sie dann kraftlos wieder fallen. »Ach, ich weiß nicht, was richtig ist. Alles, was ich sagen kann, ist, dass die Furcht mich nicht mehr schlafen lässt und ich manches Mal glaube, keine Luft mehr zu bekommen. Ich bin nicht so mutig und stark wie du, Isabel. Es tut mir leid, doch ich bleibe bei meinem Vater hier in Arévalo. Ich wünsche dir das Beste, das glaube mir bitte, und ich werde immer für dich beten. Und ich hoffe, dass du mir eines Tages verzeihen kannst.«
Isabel war immer noch wie erstarrt. Sie sah die Freundin aus Kindertagen an, die doch ihr ganzes Leben mit ihr geteilt hatte. Don Gutierre mahnte zum Aufbruch, und so hob Isabel die Arme und trat mit hölzernem Schritt auf Beatriz zu, die ihr in diesen wenigen Augenblicken fremd geworden schien.
»Dann lebe wohl, meine Freundin«, sagte sie mit emotionsloser Stimme. Nur ihr Blick verriet, was in ihr vorging. Sie drückte Beatriz kurz an sich und trat dann schnell einen Schritt zurück.
»Brechen wir auf«, sagte sie laut, den Blick noch immer auf die junge Frau gerichtet, deren Leben nun anderen Pfaden folgen würde.
Beatriz fiel auf die Knie und küsste Isabels Hand. »Ich wünsche dir stärkere und mutigere Verbündete, als ich es sein kann.«
Isabel nickte. »Ja, die werde ich brauchen«, antwortete sie und entzog Beatriz ihre Hand. Dann wandte sie sich ab und ging hinaus, um sich auf ihr Pferd helfen zu lassen. Teresa ging auf Beatriz zu und umarmte sie herzlich. Es war, als wolle sie ihr etwas sagen, doch allein ihre freundliche und so verständnisvolle Miene rührte Beatriz zu Tränen. Auch Jimena umarmte Beatriz noch einmal zum Abschied.
»Gräme dich nicht zu sehr. Es war vom Schicksal so vorherbestimmt. Ich habe diesen Abschied bereits gespürt, als ich dich das erste Mal hier an diesem Hof erblickte.«
»Musst du denn immer recht haben?«, entgegnete Beatriz.
Jimena sah sie ernst an. »Es ist auch für mich oft mehr Fluch als Segen«, sagte sie ein wenig traurig und nahm Beatriz’ Hände in die ihren. Sie schloss die Augen und konzentrierte sich auf die eine Frage, die ihr wichtig war. Jetzt, nach den Tagen strengen Trainings in der Obhut ihrer Tante Dominga, sah sie vieles klarer und konnte die Ströme von Gedanken und Bildern besser beherrschen.
Sie konzentrierte sich auf Beatriz, auf Isabel und auf sich selbst. Zuerst sah sie nur Bilder vergangener Tage. Die Mädchen voller Tatendrang und Neugier auf ihren Streifzügen durch Arévalo, ihre Tage bei Hof in Segovia und Valladolid, ihre Flucht nach Ocaña und Madrigal, doch dann tauchten Bilder auf, die sie
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