Das Kellerzimmer - Gesamtausgabe
heißer als heiß. Allein bei dem Gedanken an das Kellerzimmer ging Mike einer ab. Nur nicht den Kopf verlieren. Erst Lisa Suhrhoff einkassieren, dann ab mit ihr zum Schrottplatz. Dort standen seit Ewigkeiten einige Container herum. Keine Sau kümmerte sich um diese Anlage. Nur ein alter Opa war Tag und Nacht auf dem Gelände, aber der war fast taub und lahm wie eine Ente. Sobald Ingmar das Geld rausrückte, wäre seine Mieze wieder frei und Mike würde verduften. So war zumindest der Plan. Wie er den leise und schnell durchführen sollte, wusste er allerdings auch nicht, denn Ingmar verließ nur selten und unregelmäßig sein Haus in der Veilchengasse. Der scheiß Schnee war ein weiteres Problem, denn so hinterließ er Spuren ohne Ende.
Unruhig umkreiste Mike mit seinem Wagen weiträumig die Gegend um die Veilchengasse. Tagelang ging das nun schon so, doch er kam nicht weiter. Seit Ingmar neulich mitten in der Nacht versoffen und verprügelt um die Ecke gebogen war, hatte Mike ihn überhaupt nicht mehr gesehen. Nur die Kinder verließen regelmäßig das Haus, doch heute passierte selbst in dieser Richtung nichts mehr. Es dauerte ein Weilchen, bis es in Mikes Kopf klingelte – klar, die Weihnachtsferien hatten begonnen. Nun kam er überhaupt nicht mehr an Lisa ran. Von Prepaid-Handys schickte Mike ein paar Droh-Nachrichten per SMS an Ingmar, aber das reichte nicht aus. Es musste schleunigst was passieren, denn wenn Mike noch länger hier rumgurkte, würde irgendwer misstrauisch werden.
Drei Straßen entfernt hielt Mike ein kleines Nickerchen in seinem Auto, das für ihn längst zu einer Wohnung geworden war. Nachts stellte er sich in verlassene Waldwege, morgens wusch er sich notdürftig mit eisigem Schnee und dann sah er zu, dass er sich ein paar Lebensmittel zusammenklaute. Er war Profi genug, sich dabei nicht erwischen zu lassen. Gegessen und gepennt wurde im Auto, was im Winter wahrlich kein Spaß war. Ständig musste er den Motor wieder anstellen, damit er sich nicht die Finger abfror. Niedergeschlagen seufzte der bullige Kerl, als er daran dachte, wie einfach es früher gewesen war an der Tanke zu bescheißen. Heute konnte er sich das nicht mehr rausnehmen, denn Sprit-Diebstahl wurde fast genauso hart geahndet wie ein Bankraub.
An seinem Wagen eilte eine schlanke Frau vorbei. Die Haare hatte sie unter einer eleganten Mütze versteckt und ihr Körper war in einen langen, hellgrünen Mantel gehüllt. Das war doch Lisa Suhrhoff?! Solch einen geilen Arsch konnte man unter einem dicken Mantel sonst bei keiner Zweiten erwarten. Na klar, das war sie! Manchmal hatte Mike deutlich mehr Glück als Verstand. Er ließ den Motor an und fuhr im Schritttempo ein paar Meter hinter der Alten her. Sie musste es sein, kam doch direkt aus der Veilchengasse! Außerdem trug sie Overknee-Stiefel und die kannte er außer an Nutten nur bei Lisa Suhrhoff. Mike hatte keine Zeit zu verlieren, jetzt oder nie. Die enge Straße war wie leergefegt. Feierabendzeit, die Leute hatten sich in ihre Häuser und Wohnungen verkrochen und flohen vor der Kälte hier draußen.
Er bremste abrupt, blieb mitten auf der Straße stehen, griff sich seine Knarre und stürzte auf den Fußweg. Mit der Linken packte er die Frau und hielt ihr von hinten brutal den Mund zu. Sie war so überrumpelt, dass sie zur Seite wegsackte und sich kaum auf den Beinen halten konnte. Rechts hielt er ihr die Knarre an den Rücken. „Keinen Ton, sonst bist du tot!“ Sie rang nach Atem und meinte zu ersticken, doch jeder Laut blieb ihr im Halse stecken. Innerhalb weniger Sekunden hatte Mike seine Beute auf den Beifahrersitz geschubst und schlug ihr vorsichtshalber mit der Faust ins Gesicht. Besinnungslos krümmte sie sich nach vorne, der Kopf schlug auf das Armaturenbrett. Mike hechtete zur Fahrerseite, verriegelte die Türen und raste los. Die Alte neben ihm atmete schwer und wurde durch das hohe Tempo hin und her geschüttelt.
„Halt bloß die Schnauze!“, fuhr Mike das Weib an, ohne einen Blick nach rechts zu wagen. Er musste erst mal weg, am besten in den Wald, wo er meistens pennte. Nach fünf Minuten wurde es neben ihm ruhiger. Sie lehnte am Fenster, offenbar ohnmächtig. Im Schein der Straßenlaternen und schon fast am Rande der Stadt in einem runtergekommenen Wohnviertel guckte er sich Lisa Suhrhoff mal genauer an. Grob zog er die Wollmütze zur Seite und wäre vor Schreck fast gegen ein parkendes Motorrad gefahren! Er hatte die Falsche erwischt! Das hier war gar
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