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Das Kettenlädenmassaker

Das Kettenlädenmassaker

Titel: Das Kettenlädenmassaker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Rankin
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vollzieht?«
    »Frag mich nicht. Aber er scheint fest überzeugt, daß er etwas Wunderbares bewirken kann. Das Heraufdämmern eines neuen Zeitalters. Ein Schritt näher an der GANZ GROSSEN IDEE.«
    »Die GANZ GROSSE IDEE.« Jim schob sein leeres Glas beiseite. »Ich glaub’, ich geh jetzt rüber zu Suzy«, sagte er.
    »Nun ja, bleib weg von den lebenden Yoghurtkulturen. Davon kriegst du Soor.«
    »John!«
    »Ehrlich, Jim. Davon kriegt man Soor.«
    »Ich werd’ dran denken. Und was machst du jetzt?«
    »Ich? Relaxen.« John saugte den letzten Rest Leben aus seinem Glas. »Ich trinke noch ein paar Biere hier im Fliegenden Schwan und entspanne mich. Heute nacht passiert sowieso nichts mehr, oder? Ich meine, was soll heute nacht schon noch passieren?«
    Jim sah John an.
    Und John sah Jim an.
    »Warum nur«, sagte Jim, »warum nur wünsche ich mir so inbrünstig, du hättest das nicht gesagt?«
     
    Als Jim den Fliegenden Schwan verließ, ging er zwischen zwei Männern hindurch, die den Schwan gerade betreten wollten. Es waren große, gutgebaute Männer. Sie sahen aus wie Anfang Dreißig und trugen identische graue Tweedanzüge. Einer der beiden hatte langes goldenes Haar und einen goldenen Bart, der andere dunkle Haare und ebenso dunkle Koteletten. Als Jim zwischen den beiden hindurchtrat, überkam ihn ein höchst alarmierendes Gefühl. Es war, als wäre eine Seite von ihm mit einemmal kalt wie Eis, während die andere fiebrig glühte.
    Jim riß sich mit einiger Mühe zusammen und ging mit federnden Schritten davon.
     
    Suzys Wohnung befand sich in der Horseferry Lane, ein wenig oberhalb des Geschrumpften Kopfs. Sie lag in einem dieser neuen, schicken dreistöckigen Wohnhäuser, in denen gutaussehende Künstlertypen lebten, mit denen Jim absolut nichts gemeinsam hatte. Er verbrachte einen großen Teil seiner Zeit damit, sich den Kopf zu zerbrechen, was Suzy eigentlich in ihm sah. Er war ein Herumtreiber, daran gab es nichts zu rütteln. Ein Träumer und Romantiker vielleicht, aber ein Herumtreiber. Ein Individualist, wie sie immer wieder betonte, in einer Welt, wo nur noch wenige Individualisten existierten. Und sie beide hatten etwas Gemeinsames. Etwas Wunderbares. Etwas, das die Unterschiede in ihren persönlichen Lebensumständen vollkommen belanglos machte. Und wenn zwei Menschen erkennen, daß sie füreinander bestimmt sind, dann gibt es nichts mehr, das ihnen im Weg stehen könnte.
    Sie hatte Jim einen eigenen Wohnungsschlüssel gegeben. Nun ja, eigentlich war es kein richtiger Wohnungsschlüssel, jedenfalls nicht in Jims Augen. Es war eine von diesen neumodischen Plastikkarten, die man in die kleine schwarze Box an der Haustür schieben mußte. Die Box und die Plastikkarte hatten Jim mehr als einmal fast zur Verzweiflung getrieben. Der Techniker, der gekommen war, um die kleine schwarze Box zu reparieren, meinte, daß es ihm vollkommen rätselhaft sei, daß die Box immer wieder kaputtging. Jim hatte die Plastikkarte nicht mehr. Er mußte klingeln.
    Jim klingelte.
    Doch niemand öffnete ihm.
    Jim inspizierte den Klingelknopf. Schließlich war es möglich, wenn auch unwahrscheinlich, daß die Klingel kaputt war. Einen Stein ans Fenster werfen? Nein, das war keine besonders gute Idee, nicht nach dem, was beim letzten Mal passiert war. Jim zuckte die Schultern. Wahrscheinlich war Suzy irgendwo unterwegs. Sollte er hier warten? Oder einfach nach Hause gehen? Er lehnte sich gegen die Haustür. Die Haustür Schwan gnach innen auf, und er fiel in den dunklen Hausflur.
    »Aua!« sagte Jim und rappelte sich auf die Beine.
    Die Tür Schwan gwieder zu, doch sie fiel nicht ins Schloß. Der Riegel hing lose im Rahmen.
    »Das war aber ganz bestimmt nicht ich!« sagte Jim. »Dafür kann ich nichts.«
    Er klopfte seine Kleidung ab, wie Menschen so ihre Kleider abklopfen, wenn sie hingefallen sind. Sie tun es, gleichgültig, wo sie gefallen sind, auch wenn es dort gar keinen Staub zum Abklopfen gibt. Es hat wahrscheinlich irgend etwas mit Rassengedächtnis zu tun oder mit einem uralten Instinkt. Oder vielleicht ist es auch nur eine Bulle oder ein alter Brauch oder sonstwas.
    Jim straffte die Schultern und marschierte die Treppe hinauf. Suzys Wohnung war die Nummer drei auf der zweiten Etage. Anhänger der Verschwörungstheorie der Illuminaten mögen daraus durchaus die Zahl dreiundzwanzig ableiten.
    Jim machte sich nicht die Mühe zu klingeln. Er klopfte an der Tür. Und als sein Knöchel das schwarzlackierte Holz berührte,

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