Das Kettenlädenmassaker
war.
»Ihr sollt nicht immer durch die Straßen laufen«, sagte der böse Doktor Stefan zu ihnen. »Ihr könntet euch verlaufen.«
»Wir können uns nicht verlaufen, Vater«, sagte das goldene Kind und blickte Doktor Stefan aus seinen glänzenden Augen an. »Wir erinnern uns an alles, jeden Augenblick, jeden Ort.«
Dr. Stefan lächelte ein schiefes Lächeln. »Ein photographisches Gedächtnis, wie?« sagte er. »Absolute Erinnerung mit absoluter Präzision. Und wie steht es mit dir?« wandte er sich an den dunklen Knaben.
»Ich vergesse nichts«, sagte der Dunkle.
»Das ist gut.«
»Vater«, begann das goldene Kind, »du hast gesagt, du würdest uns heute richtige Namen geben.«
»Und wann genau habe ich das gesagt?«
»Präzise vor einhundertunddreiundzwanzig Minuten, Vater.«
»Sehr gut. Und ich habe Namen für euch ausgesucht. Du«, er deutete auf das goldene Kind, »wirst fürderhin unter dem Namen Kain bekannt sein. Und du«, er deutete auf das andere, »wirst Abel heißen.«
»Wie in der Bibel«, sagte Kain. »Die Genesis. Kapitel vier, Vers eins.«
»Die Bibel?« Dr. Stefans Gesicht, das auch so schon sehr bleich war, wurde noch aschfarbener. »Was wißt ihr über die Bibel?«
»Alles«, sagte Abel. »Wir gehen in die Memorialbücherei und lesen die Bücher.«
»Wir sind begierig zu lernen, Vater. Alles, was es zu lernen gibt.«
»Ich werde euch alles lehren, was ihr wissen müßt. Bleibt von der Bücherei weg. Geht nicht wieder dorthin, sonst …«
»Sonst wirst du uns bestrafen«, sagte Kain. »Uns wieder in das dunkle Zimmer sperren.«
»Ich mag das dunkle Zimmer«, sagte Abel.
»Wagt es nicht, mich herauszufordern«, sagte Dr. Stefan und schaukelte auf den Absätzen. »Ihr seid zu wertvoll für meine Zwecke.«
»Und was sind deine Zwecke?«
»Meine Zwecke sind meine eigene Angelegenheit, Kain. Aber zum Ende des Jahres wird jeder erfahren, was ich beabsichtige.«
»Wenn man unser unnatürlich schnelles Wachstum bedenkt«, sagte Abel, »haben wir gegen Ende des Jahres mit einem dreiunddreißigjährigen Mann gleichgezogen.«
»Präzise. Ganz genau. Und dann werde ich tun, was getan werden muß. Und dann werde ich alles wissen.«
»Kein Mensch kann alles wissen«, sagte Kain. »Nur Gott weiß alles.«
»Geht in Eure Zimmer.« Dr. Stefan drehte sich um, bis er im Profil zu sehen war (was in letzter Zeit nur selten vorgekommen war), und deutete auf eine Stelle außerhalb der Seite. »Nein, wartet. Du, Abel, gehst in dein Zimmer und schaltest sämtliche Lichter ein. Und du, Kain, gehst in das dunkle Zimmer.«
Dieser Bastard!
24
»Da wären zwei Herren, die Sie zu sprechen wünschen, Sir«, sagte die Sekretärin des jungen Master Robert. »Ein Mister Pooley und ein Mister Omally.«
Der junge Master Robert fiel in seinen dick gepolsterten Sessel zurück. »Nicht diese Bastarde! Lassen Sie die beiden auf keinen Fall herein!«
»Guten Morgen, Bobby Boy«, sagte John Omally und schneite herein.
»Morgen, Kumpel«, sagte Jim Pooley und schneite hinterher. »Schickes Büro.«
John Omally blickte sich um. »Eine richtige Kunstgalerie«, sagte er.
»Oder ein Schrein«, entgegnete Jim. »Alles einer einzigen jungen Frau gewidmet.«
»Verschwindet augenblicklich aus meinem Büro, oder ich rufe die Sicherheitsleute!«
»Das hier ist sogar signiert!« sagte Jim und deutete auf ein Poster. »Meinem allergrößten Fan gewidmet. In Liebe Pammy.«
»Und sieh dir dieses Bücherregal an!« sagte John. »Er hat die komplette Videosammlung von Bay Watch!«
»Wozu sind all diese Kleenexschachteln?« erkundigte sich Jim.
» Raus! «
»Nun entspannen Sie sich mal, Mann.« John machte die Handbewegung, die Entspannen bedeutet. Es ist nicht ganz die gleiche Handbewegung wie die beruhigende, aber der Unterschied fällt nur dem Fachmann auf. »Entspannen Sie sich, bleiben Sie gelassen. Wir sind gekommen, weil wir Sie reich machen wollen.«
»Ich bin bereits reich.«
»Noch reicher als reich.«
»Was guckt denn da unter Ihrem Schreibtisch raus?« fragte Jim. »Sieht aus wie ein Plastikfuß.«
John nahm den Fuß in Augenschein. »Eine aufblasbare Plastik-Pammy!« sagte er.
»Rufen Sie die Sicherheit!« kreischte der junge Master Robert. »Rufen Sie diesen neuen Typ, diesen Joe-Bob. Und sagen Sie ihm, er soll seinen elektrischen Schlagstock mitbringen.«
»Beruhigen Sie sich«, sagte John, und diesmal machte er die beruhigende Handbewegung. »Wir sind wirklich gekommen, um Sie reicher zu
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