Das Kind der Priesterin
Territorien für verheiratet erklärt, dann wird das als offiziell vollzogen betrachtet …“
Sie warf mir einen forschenden Blick zu. „Ich dachte, das würde sich nur auf eine Scheidung beziehen. Und außerdem muß man es dreimal sagen.“
„Hm.“ Mich überfiel plötzlich das Gefühl der Ungreifbarkeit, als würde mir etwas entgleiten … „Wer sind Sie, Lady Luck? Was sind Sie? Woher kommen Sie und warum sind Sie hier?“ Und warum spielt es für mich eine so große Rolle, daß ich das weiß?
Sie lächelte. „Ich bin Japanerin und Zigeunerin. Von Beruf bin ich Ethno-Historikerin. Ich komme von nirgendwo und von überallher auf der Erde und wurde Spitzel, weil irgend jemandem meine Doktorarbeit über sympathetische Magie gefiel. Hier bin ich, weil ich an Gedankenfreiheit für die ganze Menschheit glaube … Und bitte stellen Sie mir nicht die nächste Frage, Ethan Ring, denn ich habe schon mehr beantwortet, als mir und Ihnen guttut. Sie müssen Ihr eigenes Leben führen; und es ist an der Zeit, daß ich wieder zu meinem zurückkehre.“ Ihr Lächeln füllte sich mit welken Blüten und verging in der Ferne, die zwischen uns lag. „Ich danke Ihnen für Ihre Hilfe. Ihr Geheimnis ist bei uns sicher aufgehoben. Ich bitte Sie für die ganze Aufregung noch einmal um Verzeihung …“
„Ich zapfe den Anschluß für Sie an“, sagte ich.
Wir starrten einander überrascht an.
„Ist das Ihr Ernst?“
Ich nickte.
„Warum?“
„Warum nicht? Ich habe noch eine Menge Urlaub vor mir. Und nach den letzten vierundzwanzig Stunden im Xanadu könnte ich einen Ausflug zum Kloster gebrauchen.“
Ihr Lächeln schloß den Graben zwischen uns wieder. „Danke. Das beantwortet allerdings meine Frage nicht.“ Sie studierte mein Gesicht, als würde sie nach einem anderen suchen.
„Das war eigentlich gar nicht die Frage, die Sie gestellt haben, oder?“
„Nein …“ Sie senkte den Blick und stellte sie nicht. „Ethan, Yarrow hat gesagt, er sei mit eurem Arrangement zufrieden. Ist er das wirklich? Hat er jemals tatsächlich einen freien Willen? Und was ist mit dem Computer?“
„ETHANAC kann die Welt nur durch meine Augen sehen. Ich bin sein Anschluß; aber er mag es so, wie es ist. Er legt keinen großen Wert auf soziale Nettigkeiten, und darum dominiert er nie, es sei denn, ich verliere die Kontrolle. Gott sei Dank hat er nur ein wahres menschliches Laster …“ Ich mußte an letzte Nacht denken. „Und was Yarrows Gefühle betrifft …“ Ich spürte, wie mein Gesicht rot wurde wie das Leuchtzeichen eines billigen Hotels. „Ich möchte Ihnen etwas über Yarrow erzählen, Hana: Er hatte ein Gedächtnis wie ein Sieb; er machte kaum jemals den Mund auf, nur wenn er das Bein wechselte. Als man ihn wegen des Projekts anrief, saß er in einer schmierigen kleinen Wohnung, die so deprimierend war, daß man sich in ihr nicht einmal das Leben nehmen würde, gerade vor dem Fernsehapparat … Nein, ich rede nicht hinter seinem Rücken. Kennen Sie das Märchen vom Froschkönig? Das ist genau meine Geschichte, nur ein paar Namen wurden geändert.“ Sie runzelte immer noch leicht die Stirn. „Wenn man zwei verschiedene Farben an die Wand wirft, Hana, erhält man eine dritte, eine neue Farbe. Doch wenn man eine der ursprünglichen Farben ausschaltet, verschwindet die neue Farbe. Wir brauchen einander. Wir mögen uns. Wir haben uns zu dem Namen Ring entschlossen, weil er Vollständigkeit bedeutet.“
Sie berührte leicht meine Schulter und sagte sanft: „Michael Yarrow ist niemandes Frosch. Und du bist zweifellos der am wenigsten langweilige Mann, der mir je begegnet ist …“ Ihre Lippen waren sehr nah an meinem Ohr.
„Nun, das ist ein Anfang.“ Ich beugte mich hinüber und küßte sie.
Unermeßlich viel später trennten wir uns, um nach Luft zu schnappen, und sie flüsterte: „Was sollen wir machen? Alles, was wir haben, ist in diesem verdammten Hotel.“
Ich hielt wieder meine Kreditkarte in die Höhe. „Wir besitzen fünfzigtausend Seeyas …“
Was mehr als ausreichend war, uns das zu beschaffen, was wir brauchten.
„Bist du sicher, daß du weitermachen willst?“ waren ihre letzten Worte an mich, als sich bereits ungeduldige Pendler an uns vorbei in die Fähre zum Südpol drängten. Und sie ergriff mich beim Jackenkragen und ließ ihren Blick mit Hilfe von fünfhundert Kilowatt aufstrahlen.
Da ich genau wußte, daß meine Antwort ihr bereits bekannt war, zog ich sie dennoch in meine Arme und küßte
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