Das Kind der Rache
werde ihnen sagen, daß sie auf dem Holzweg sind.«
Sie verließ die Küche und betrat das Wohnzimmer, wo sie
von den beiden Beamten erwartet wurde. Die Polizisten waren
aufgestanden. Bevor einer der beiden etwas sagen konnte,
brachte Lisa vor, was ihr auf dem Herzen lag.
»Kate und Bob sind unschuldig«, sagte sie. »Und wenn Sie
mich fragen, ob sich die beiden gestern abend merkwürdig
benommen haben: nein, das haben sie nicht! Sie waren wie
immer. Kate war vielleicht ein bißchen schweigsamer als
sonst.«
»Ich habe nicht gesagt, die beiden hätten den Mord begangen, Lisa«, warf Sergeant Finnerty ein. »Aber es wäre ja
denkbar, daß sie Kontakt zum Täter hatten.«
»Ausgeschlossen«, widersprach ihm Lisa. »Aber ich weiß,
warum Sie das sagen. Weil es bei dem Mordfall in Marin
ebenfalls ein junges Pärchen gab, daß zunächst seine Unschuld
beteuert hat, und nachher hat sich herausgestellt, sie haben es
getan. Stimmt's?«
Finnerty bejahte.
»Aber es gibt einen großen Unterschied zwischen meinen
Freunden und den Tätern in dem Mordfall Marin. Die Kinder,
die das getan haben, waren drogensüchtig. Bob und Kate
nehmen keine Drogen, sie haben Mrs. Benson nicht ermordet.«
»Reg dich doch nicht so auf, Kleines«, sagte Jim Cochran,
der gerade ins Wohnzimmer gekommen war. Er legte den Arm
um seine Tochter. »Die Polizisten wollen dir doch nur ein paar
Fragen stellen. Du brauchst die Fragen nicht zu beantworten.
Aber ich möchte natürlich auch nicht, daß du die Ermittlungen
behinderst.«
Lisa sah ihren Vater an. Ihr standen die Tränen in den
Augen. »Aber, Daddy, das ist ja furchtbar. Wie kommt die
Polizei darauf, daß Kate und Bob so etwas getan haben
sollen?«
»Ich weiß es nicht«, räumte ihr Vater ein. »Aber die Polizei
muß alle Möglichkeiten in Betracht ziehen. Möchtest du mit
den Beamten sprechen oder nicht?«
Lisa nahm das Taschentuch, das Jim ihr gab, und tupfte sich
die Tränen ab. Sie wandte sich zu den beiden Polizisten. »Ich
werde aussagen«, flüsterte sie.
»Gut«, sagte Finnerty und zog sein Notizbuch heraus.
Und dann erzählte ihm Lisa, wie sie den gestrigen Abend
verbracht hatte. Sie sei in die Pizzeria gegangen, wo sie ihre
Freunde vorfand. Als Bob und Kate dazukamen, hätte sie sich
zu den beiden gesetzt. Sie hätten ein paar Cola getrunken und
über Belanglosigkeiten gesprochen. Schließlich sei Alex
Lonsdale dazugekommen. Wenig später hätte sie, Lisa, die
Pizzeria mit ihren Freunden wieder verlassen.«
»Haben sich Kate oder Bob in irgendeiner Weise auffällig
benommen? Waren die beiden nervös, oder machten sie den
Eindruck, als ob sie Sorgen hätten?«
Lisa kniff die Augen zusammen. »Wenn Sie mich fragen, ob
die beiden sich so benommen haben, als hätten sie gerade einen
Mord begangen, dann ist die Antwort nein. Bevor sie das Lokal
verließ, hat Kate sogar noch zu ihrem Freund gesagt, sie würde
gern bei Mrs. Benson anrufen und ihr sagen, daß sie jetzt nach
Hause kämen.« Die beiden Polizisten wechselten einen raschen
Blick. Lisa, der die Geste nicht verborgen geblieben war, hakte
sofort ein. »Und versuchen Sie nicht, ihr etwas anzuhängen,
weil sie zu Hause anrufen wollte. Das hat Kate immer getan,
das war nichts Besonderes. Wenn sie mit uns zusammen war
und sah, daß es später werden würde, hat sie ihre Mutter
angerufen. Sie hat uns auch erklärt, warum. Ihre Mutter, hat sie
gesagt, hätte schon genug Sorgen mit dem Vater, der ständig
betrunken war, und da wollte sie ihr nicht zusätzlich Kummer
bereiten.«
Sergeant Finnerty steckte sein Notizbuch weg und stand auf.
»Das war's für heute«, sagte er. Er sah Lisa in die Augen. »Es
sei denn, du hättest mir noch was zu sagen.«
Lisa zögerte.
»Sag es den Polizisten, wenn du etwas auf dem Herzen
hast«, drängte der Vater.
»Ich bin nicht sicher, daß es für die Sache überhaupt von
Bedeutung ist«, sagte Lisa.
Sergeant Finnerty holte sein Notizbuch wieder hervor. »Sag's
mir trotzdem.«
Lisa war immer noch im Zwiespalt. »Aber es hat nichts mit
Kate und Bob zu tun.«
Es war Jackson, der ihr antwortete. »Mit wem denn sonst?«
»Mit... mit Alex Lonsdale«, sagte Lisa zögernd.
»Was ist mit Alex?« mischte sich ihr Vater ein. »Du kannst
den Beamten alles sagen. Was ist dir an Alex aufgefallen?«
»Vielleicht ist es gar nicht wichtig«, sagte Lisa. »Aber seit
dem Unfall benimmt er sich äußerst merkwürdig. Gestern
abend hat er dann gesagt, er sei gesundheitlich
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