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Das Kind der Rache

Das Kind der Rache

Titel: Das Kind der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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Erinnerung. Es ist schwer zu erklären.«
»Meinst du ein Deja-vu-Erlebnis?«
»Ist das, wenn man denkt, man hat ein bestimmtes Erlebnis
schon einmal gehabt?«
»Ganz recht.«
»Nein, es ist anders. Es ist ein Zwischending zwischen
Erinnerung und Traum.«
»Also doch ein Deja-vu-Erlebnis«, sagte Dr. Torres. »Ich
will dir sagen, wie meine Diagnose ist. Du verfügst über ein
Erinnerungsvermögen, aber diese Erinnerung ist lückenhaft.
Das liegt daran, daß die Verletzungen in deinem Gehirn noch
nicht vollständig verheilt sind. Du hast einen sehr schweren
Unfall gehabt, Alex. Bei der Operation ist es mir gelungen, den
größten Teil der Lücken, die entstanden waren, zu
überbrücken. Aber es gibt Bereiche, wo die Verbindung nicht
klappt. Dein Gehirn weiß, daß die Information sich in einer
ganz bestimmten Gehirnwindung befindet, aber es ist nicht in
der Lage, die Information von dort abzurufen. Trotzdem
bemüht sich das Gehirn weiter, das Defizit auszugleichen. Es
tut das, indem es Umwege geht, um zu der benötigten
Information zu gelangen. Ich glaube, daß es dir immer öfter
gelingen wird, über reiche Umwege ans Ziel zu kommen.
Irgendwann wird es soweit sein, daß dir das ganze Wissen, das
du vor dem Unfall hattest, wieder zur Verfügung steht.« Der
Summer ertönte. Dr. Torres nahm den Hörer ab. Ein kurzes
Gespräch folgte. »Deine Eltern sind da, um dich abzuholen«,
sagte er, als er das Gespräch beendet hatte. »Ich würde dich
bitten, ins Laboratorium zu gehen und zu warten, bis ich dich
hole. Ich möchte vorher noch mit deinen Eltern reden.«
»Wird es lange dauern?«
»Dir wird die Zeit wie im Fluge vergehen. Ich habe Dr.
Bloch gebeten, einen letzten Test mit dir zu machen.« Er
schmunzelte. »Danach ist alles ausgestanden. Du brauchst dann
nur noch in größeren Abständen ins Institut zu kommen.« Er
legte ihm die Hand auf die Schultern. »Die
Nachuntersuchungen dauern jeweils nur wenige Stunden.«
Alex erhob sich. Mit schwankendem Gang durchquerte er
das Büro. Er war fast am Ausgang des Büros angelangt, als
sich die Tür öffnete. Alex' Eltern traten ein. Der Junge blieb
stehen, stützte sich auf seinen Stock und gab seiner Mutter
einen Kuß auf die Wange. Er schüttelte dem Vater die Hand.
Dann strebte er zum Flur.
»Alex«, sagte Ellen, »wo willst du denn hin?«
»Ich muß noch einen Test machen, Mutter«, sagte der Junge
gleichmütig. »Danach können wir dann fahren.« Er überquerte
die Schwelle und schloß die Tür. Ellen stand da wie
angewurzelt.
Ihre Stimme zitterte, als sie Dr. Torres begrüßte. »Ich
verstehe das nicht, Raymond. Hat der Junge denn überhaupt
Fortschritte gemacht? Er freut sich überhaupt nicht, daß er aus
dem Krankenhaus entlassen wird und mit uns kommen kann.«
»Setzen Sie sich«, sagte Dr. Torres. »Ich werde Ihnen alles
erklären.« Während er in seinem Büro auf- und abging,
erläuterte er den Eltern seine Diagnose.
»Das ist alles«, sagte er zum Schluß seines halbstündigen
Vortrags. »Physisch und intellektuell hat sich Alex besser
entwickelt, als wir gehofft haben.«
»Aber er hat keine Emotionen«, sagte Ellen. Sie zwang sich
zu einem Lächeln. »Es tut mir leid. Ich hatte meine Erwartungen zu hoch geschraubt. Ich hatte ein Wunder erwartet.«
»Das Wunder ist bereits geschehen«, sagte Dr. Torres. »Sie
vergessen außerdem, daß ich mit der Behandlung noch nicht zu
Ende bin. Wir können ambulant weitere Verbesserungen bei
Ihrem Jungen erzielen. Allerdings müssen Sie sich damit
abfinden, daß Alex nie mehr der sein wird, der er einmal war.«
»Damit haben wir uns schon abgefunden.« Es war Marsh,
der Dr. Torres antwortete. Er versuchte das Unbehagen, das er
bei dem Gespräch empfand, mit einem Lächeln zu überspielen.
»Um ehrlich zu sein, wir sind erstaunt, daß sich der Zustand
unseres Sohnes in den drei Monaten der Behandlung so
dramatisch gebessert hat.«
Dr. Torres schüttelte den Kopf. »Ich fürchte, Sie werden in
der ersten Zeit einige Enttäuschungen erleben. Alex hat noch
große Gedächtnislücken. Es könnte sein, daß er sich draußen
überhaupt nicht zurechtfindet. Er hat mir gesagt, er hat keine
Ahnung, wie La Paloma aussieht. Er kann sich nicht einmal
mehr an das Haus erinnern, das Sie früher bewohnt haben.«
»Wir werden ihm das Haus zeigen, dann wird er sich erinnern«, sagte Marsh. Er versuchte ein Lächeln in Richtung
Ellen. »Ich nehme Alex mit, wenn ich zu unserer früheren

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