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Das Kind der Rache

Das Kind der Rache

Titel: Das Kind der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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Amerikaner kommen. Ladrones.
Diebe.
Alle Amerikaner waren Diebe. Wenn Ramon das nicht sah,
sie sah es.
Aber sie mußte Geduld haben. Sie würde in den Häusern der
Gringos putzen, bis Alejandro kam, um den Tod seiner Eltern
und seiner Schwestern zu rächen. Die Nachkommen der
Ermordeten würden in die Häuser zurückkehren, die ihnen
rechtmäßig zustanden.
Und wann? Die Stunde der Rache war nicht mehr fern.
Maria konnte es fühlen.
Sie spürte es, als sie Alex' Zimmer betrat. Alejandro war
gegenwärtig.
La venganza.
Die Rache konnte beginnen.
    Das Mittagessen, auf das Ellen sich so gefreut hatte, geriet zur
Katastrophe. Wie sie es befürchtet hatte, sprachen die
Freundinnen über nichts anderes als über Raymond Torres und
Alex. Ellen hörte ihnen nur mit einem Ohr zu. In Gedanken
war sie bereits in der Schule, wo sie vom Dekan erwartet
wurde.
    Wenig später verabschiedete sie sich, um mit Marsh zu Mr.
Eisenberg zu fahren. Die Unterredung hatte eine halbe Stunde
gedauert, als Dr. Torres dazukam. Weitere dreißig Minuten
verstrichen mit den Erklärungen, die der Arzt gab.
    Für Ellen blieb alles ein Rätsel. »Es tut mir leid«, sagte sie,
»aber je mehr Sie sagen, um so weniger verstehe ich.«
»Dr. Torres will sagen, daß Alex endlich wieder von seinen
geistigen Fähigkeiten Gebrauch macht«, warf Marsh ein. »Es
ist doch wirklich nicht so schwer zu begreifen. Da liegt der
Test. Alle Antworten sind richtig.«
»Aber wie hat er das gemacht?« fragte Ellen. »Ich weiß, daß
er in den Sommerferien fleißig gelernt hat, aber wie erklären
Sie sich das?« Sie deutete auf die Mathematikbögen. »Für
diese Aufgaben hätte er doch die dreifache Zeit brauchen
müssen, oder?« Sie wandte sich zu Dr. Torres. Wenn es
irgendeinen Menschen gab, der das Rätsel lösen konnte, dann
er. »Erklären Sie es mir bitte noch einmal«, sagte sie.
»Es ist im Grunde ganz einfach«, sagte er in dem belehrenden Ton, der Marsh immer so auf die Palme brachte. »Alex'
Gehirn arbeitet anders als das Gehirn anderer Menschen. Eine
Kompensation, ein Ausgleich der Funktionen findet statt.
Wenn ein Mensch das Augenlicht verliert, verschärft sich das
Gehör. Etwas Ähnliches ist mit Alex geschehen. Die Teile des
Gehirns, welche die Emotionen gesteuert haben, sind bei dem
Unfall beschädigt worden. Weil diese Funktionen nun
ausfallen, arbeitet der Teil, der für die intellektuellen
Leistungen verantwortlich ist, doppelt so gut.«
»Die Theorie habe ich begriffen«, sagte Ellen. »Was ich
nicht verstehe: Was bedeutet das für Alex?«
»Ich fürchte, das kann Ihnen kein Mensch auf der Welt
beantworten«, sagte Dan Eisenberg.
»Die Frage, was es für Alex bedeutet, ist auch unerheblich«,
sagte Dr. Torres. »Wir können ohnehin nichts mehr am
Zustand seines Gehirns ändern. Was auf operativem Wege
getan werden konnte, ist getan. Wir können ihn nur
beobachten.«
»Wie man ein Versuchskaninchen beobachtet«, brach es aus
Marsh hervor. Dr. Torres betrachtete ihn mit kühlem Blick.
»Das haben Sie gesagt, Herr Dr. Lonsdale.«
»Alex ist kein Versuchsobjekt, Alex ist und bleibt mein
Sohn«, sagte Marsh. Er wandte sich zu Ellen. »Der Test
bedeutet, daß Alex bemerkenswert intelligent ist.« Er ließ
seinen Blick zu Dan Eisenberg wandern. »Bei seinem jetzigen
Wissensstand zweifle ich daran, ob es Zweck hat, ihn auf Ihrer
Schule zu belassen, Mr. Eisenberg. Er wäre unterfordert. Wie
ist Ihre Meinung?«
Der Dekan nickte.
»Dann werde ich mit dem Jungen kommende Woche nach
Stanford fahren und ihn in einem besonderen Förderkurs
unterbringen.«
»Damit bin ich nicht einverstanden«, entgegnete ihm
Dr. Torres. »Alex verfügt über eine außergewöhnliche Intelligenz, das stimmt. Aber Intelligenz ist nicht alles. Wenn er
mein Sohn wäre...«
»Er ist nicht Ihr Sohn«, unterbrach ihn Marsh.
»Natürlich nicht«, sagte Dr. Torres. »Aber wenn er mein
Sohn wäre, würde ich ihn in La Paloma lassen. Ich würde dafür
sorgen, daß er an frühere Freundschaften anknüpft und die
Verhaltensmuster aus der Zeit vor dem Unfall wieder
aufnimmt. Es könnte sein, daß er irgendwann ein Erlebnis hat,
das seine Emotionen anspricht. Damit könnte eine umfassende
Besserung im Gefühlsbereich ausgelöst werden, dessen
Funktionen derzeit gelähmt sind.«
»Und was wird aus seinem Intellekt?« wollte Marsh wissen.
»Ich habe auf einmal einen Sohn mit ganz außergewöhnlichen
Fähigkeiten...«
»Offenbar das, wovon Sie Ihr Leben

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