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Das Kind der Rache

Das Kind der Rache

Titel: Das Kind der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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lang geträumt haben«,
sagte Dr. Torres.
»Jeder Vater will, daß sein Sohn intelligent ist«, konterte
Marsh.
»Es besteht kein Zweifel daran, daß Alex überaus intelligent
ist, Dr. Lonsdale«, gab Dr. Torres zurück. »Die intellektuellen
Fähigkeiten werden nicht beeinträchtigt, wenn Sie ihn weiter
auf die gewohnte Schule gehen lassen. Mir geht es bei Alex vor
allem um den emotionalen Bereich, der geweckt werden muß.
Ich glaube, wir sollten ihm die Chance geben, wieder Gefühle
zu entwickeln.«
»Natürlich werden wir ihm diese Chance geben«, sagte
Ellen. Sie wandte sich zu ihrem Mann. »Marsh ist der gleichen
Meinung wie ich, oder?«
Dr. Lonsdale schwieg. Was Dr. Torres gesagt hatte, machte
Sinn. Es war richtig, wenn Alex in La Paloma blieb. Nicht
richtig war, daß dieser Gehirnchirurg weiterhin das Leben des
Jungen bestimmte, als sei er sein Vater.
»Ich schlage vor«, sagte Marsh, »daß wir mit Alex über die
Sache reden.«
»Einverstanden«, sagte Dr. Torres. Er erhob sich. »Aber wir
sollten das Gespräch mit Ihrem Sohn frühestens in einer
Woche führen. Ich will noch über das Problem nachdenken.
Wenn es soweit ist, werde ich entscheiden, was für Alex am
besten ist.« Er gab Dan Eisenberg die Hand. »Es tut mir leid,
ich muß zu einem Termin. Wenn Sie mich brauchen, Sie
wissen, wie Sie mich telefonisch erreichen können.« Er
bedachte Marsh und Ellen mit einem herablassenden Nicken,
dann verließ er das Büro des Dekans.
    Alex lag auf seinem Bett und starrte an die Decke.
Etwas stimmte nicht, aber er wußte nicht, was es war.
Er wußte nur, daß sein Gehirn nicht in Ordnung war. Er war
    nicht mehr der Mensch, der er vor dem Unfall gewesen war.
Seine Eltern machten sich Sorgen. Genauer gesagt war es seine
Mutter, die sich Sorgen machte. Sein Vater schien zufrieden
mit der Veränderung, die mit Alex vorgegangen war.
    Während sie nach Hause fuhren, sprachen sie über den Test.
Alex verstand nicht, warum sich alle wegen der richtigen
Antworten so aufregten. Was war schon dabei? Die Testbögen
hatten sehr leichte Aufgaben enthalten. Er hatte nicht einmal
nachdenken müssen, als er die Aufgaben löste.
    Und jetzt sagten sie, er besäße einen überragenden Intellekt.
Sein Vater wollte sogar, daß er einen Förderkurs in Palo Alto
besuchte. Aber das würde Dr. Torres verhindern.
    Alex teilte die Einwendungen, die der Gehirnchirurg
ausgesprochen hatte. La Paloma, warum nicht?
Blieb die Frage, warum er sich an einige Dinge so gut erinnern konnte und an andere überhaupt nicht. Ob es irgendeine
Gesetzmäßigkeit gab, nach der ein verletztes Gehirn
funktionierte? Und wenn ja, was für Gesetze waren das? Und
dann war da das Problem Maria Torres.
Sie hatte sich in seinem Zimmer befunden, als er an jenem
Nachmittag heimkehrte. Als er sie erblickte, hatte er den
Eindruck, daß er sie schon einmal gesehen hatte. Es war nur
eine flüchtige Empfindung wie ein stechender Schmerz, dann
war die Erinnerung verflogen. Nachdem Alex eine Weile über
alles nachgedacht hatte, fand er die Erklärung. Nicht das
Gesicht kam ihm bekannt vor, nur die Augen. Sie hatte die
gleichen Augen wie Dr. Torres. Sie hatte den gleichen
durchdringenden Blick.
Sie hatte ihm zugelächelt, dann hatte sie sein Zimmer
verlassen.
Merkwürdig, daß er solange über die belanglose Begegnung
nachdachte.
Der Schmerz, der sein Gehirn durchzuckt hatte, war
verklungen. Geblieben war die Erinnerung.
Zehntes Kapitel
    Lisa Cochran machte das sture Gesicht, das Kate Lewis nur
allzugut kannte. Es bedeutete, daß sie über das strittige Thema
nicht weiter zu diskutieren wünschte. Einmal mehr hatte sie
sich gegen alle Einwände durchgesetzt. Kate war sich bewußt,
daß Lisa im Grunde recht hatte. Sie hatte ja immer recht.
Trotzdem wollte Kate nicht ohne weiteres klein beigeben.
    »Und was ist, wenn er nicht mitfährt?« fragte sie.
»Er wird mitfahren«, beharrte Lisa. »Ich werde ihn
überreden. Es ist mir bisher noch immer gelungen, Alex zu
überzeugen.«
»Du sprichst von der Zeit vor dem Unfall«, entgegnete Kate.
»Seit er operiert worden ist, hat sich sein Verhalten sehr
verändert. Manchmal habe ich den Eindruck, daß er uns
überhaupt nicht mehr mag.«
Lisa quittierte die Bemerkung mit einem Seufzer. Wieder
und wieder hatte sie Kate und Bob erklärt, daß Alex immer
noch ein Freund der Gruppe sei. Er habe nur Schwierigkeiten,
ihnen seine Gefühle zu zeigen. Was Kate und Bob betraf, so
war es ihr

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