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Das Kind der Rache

Das Kind der Rache

Titel: Das Kind der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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ihre
Gesichter nicht erkennen, aber er wußte, wer sie waren.
Seine Familie.
Die Erinnerung an die Stimme der Frau kehrte zurück.
» Wir haben keine Angst vor dem Sterben... Wir werden diese
Hazienda nie verlassen...«
Alex verstand das nicht. In dem Buch, das er in der Bibliothek eingesehen hatte, stand klipp und klar, daß alle
Überlebenden nach Mexiko geflohen waren.
»Sie werden für das Unrecht, das Sie tun, teuer bezahlen...
Mein Sohn wird Sie finden, und er wird Sie töten...«
Das Echo der Worte dröhnte in seinem Schädel. Er stand auf
und ging den Hügel hinauf. Als er die höchste Stelle fast
erreicht hatte, stolperte er über eine Baumwurzel. Er begann zu
graben. Die Erde war hart, zusammengebacken in 150 Jahren.
Er fand die Skelette in einer Tiefe von sechzig Zentimetern.
Eine Weile lang starrte er auf die drei Totenschädel. Ihm war,
als hätten ihn die Skelette gebeten, ihnen zu einem würdigen
Begräbnis zu verhelfen. Er hob ein Loch aus und begrub die
Knochen so tief, daß sie sicher vor den Tieren der Wildnis
waren. Dann ging er auf dem Hügel entlang, den Blick auf die
Hazienda gerichtet. Die Erinnerungen wurden deutlicher.
Eine weißgekalkte Mauer, bedeckt mit Blutspritzern. Drei
Leichen, die im Staub lagen. Der Junge ging gen Osten. Die
Bilder verblichen, aber die Erinnerung blieb.
Alex verließ den Hügel und kehrte in die Ortschaft zurück.
    Lisa Cochran war in Jake's Place. Alex trat ein. Sie winkte ihm
zu. Erst als er schon an ihrem Tisch stand, bemerkte er, daß
Bob Carey neben ihr saß.
    »Du bist heute nicht in der Schule gewesen«, sagte sie.
»Warum nicht?«
»Ich bin in der Bibliothek gewesen«, erwiderte Alex. »Ich
wollte mir ein ganz bestimmtes Buch ansehen.«
»Und deshalb hast du einfach die Schule geschwänzt«, sagte
Bob und schüttelte den Kopf. »Mein Gott, Alex, ist dir denn
nicht klar, was du dir damit einbrockst? Du bekommst einen
Verweis.«
Alex hob die Schultern. »Das macht nichts.«
Lisa sah ihn verwundert an. »Alex, ist dir nicht gut?«
Sein Blick wanderte zwischen Lisa und Bob hin und her.
»Kann ich euch beiden ein paar Fragen stellen, ohne daß ihr
mich für verrückt erklärt?«
Bob Carey verdrehte die Augen und stand auf. »Frag Lisa«,
sagte er. »Ich muß jetzt los. Ich habe Kate versprochen, daß ich
ihr bei den Schularbeiten helfe.«
»Wann wird Kate eigentlich wieder zum Unterricht
kommen?« wollte Lisa wissen.
»Keine Ahnung«, antwortete Bob. Und dann senkte er seine
Stimme zum Flüsterton. »Ich habe etwas läuten gehört, daß
Kate die Schule wechselt.«
»Wer sagt das?« fragte Lisa.
»Carolyn Evans. Wenn Kates Vater wegen Mord verurteilt
wird, will sie die Schule wechseln.«
»Du solltest einem Mädchen wie Carolyn Evans kein Wort
glauben«, sagte Lisa. »Selbst wenn ihr Vater verurteilt wird, so
braucht sich Kate deswegen nicht zu schämen. Sie hat nichts
getan.«
»Es gibt merkwürdige Menschen auf der Welt«, sagte Bob.
Ermaß Alex mit einem beziehungsvollen Blick. Dann verließ
er das Lokal.
Lisa brach in Tränen aus. »Menschen wie Bob machen mich
krank«, heulte sie. »Und dann gibt es auch noch diese Carolyn,
die bösartige Gerüchte ausstreut.« Sie legte ihm den Arm um
den Hals. »Ich entschuldige mich für das, was Bob zu dir
gesagt hat. Du bist nicht verrückt.«
»Vielleicht doch«, sagte Alex. Lisa war so erstaunt, daß sie
den Mund offenstehen ließ.
»Was sagst du da?«
»Ich habe gesagt, vielleicht bin ich verrückt.«
»Das ist doch Unsinn, Alex. Du hast durch einen Unfall dein
Gedächtnis verloren, das ist alles.«
»Es ist merkwürdig, aber in den letzten Tagen habe ich
einige Erinnerungen gehabt, die mich beunruhigen. Ich meine
damit Ereignisse, an die ich mich unmöglich erinnern kann,
weil sie zu einer Zeit stattfanden, als ich noch gar nicht
geboren war.«
»Zum Beispiel?« fragte Lisa. Sie spielte mit einem Strohhalm, der auf der Tischplatte lag und sich mit Coca-Cola
vollgesogen hatte. Irgendwie hatte sie Angst vor der Auskunft,
die er ihr geben würde.
»Bilder und Stimmen«, sagte Alex. »Ich weiß nicht, was das
alles zu bedeuten hat.«
»Vielleicht bedeutet es gar nichts«, sagte Lisa. »Vielleicht
bildest du dir das alles nur ein. Du weißt ja, daß dein Gehirn
bei dem Unfall verletzt worden ist.«
»Könnte sein, daß du recht hast.« Alex sagte das, weil er sie
beruhigen wollte. Die Erinnerungen aber waren so klar, daß es
sich nicht um Einbildungen handeln

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