Das Kind der Stürme
bisher sicher nicht um meinetwillen verschont hatte. Dann kam der letzte Mann, eher klein und kräftig. Sie zogen die Kapuzen ab. Godric reichte eine metallene Flasche herum, und alle drei tranken und keuchten und schauderten. Das Schweigen war beinahe spürbar.
»Wo ist Johnny?«, fragte schließlich jemand, stellte die Frage, die niemand so recht hatte in Worte fassen wollen.
»Verloren«, erklärte Gareth verbittert. Er nahm noch einen Schluck, dann wischte er sich mit der Hand über die Lippen.
»Wie meinst du das, verloren? Das kann nicht sein.« Godric wollte es nicht glauben.
Gareth warf dem Hauptmann, der neben ihm auf der Bank saß und schwieg, einen Blick zu. »Ertrunken«, sagte er schließlich. »Wir wissen nicht, was geschehen ist. Wir haben unsere Aufgabe erledigt; jeder von uns hat ein Schiff versenkt, wie wir es geplant haben. Aber als wir uns wieder versammeln wollten, um zurückzuschwimmen, waren wir nur zu dritt. Wir suchten, obwohl die Zeit knapp war und die Gefahr entdeckt zu werden groß. Wir fanden Felin hier, der auf dem Wasser trieb, mit einem Messer in der Brust; aber von Johnny gab es keine Spur.«
Mir wurde kalt. Der Kampf war vorüber. Sie hatte gesiegt. Großmutter hatte gesiegt, beinahe zufällig, bevor ich auch nur die Gelegenheit erhalten hatte, mich gegen sie zu wenden. Sie hatte diesen Sieg nicht durch Klugheit oder Heimtücke oder die schlaue Anwendung von Magie erreicht. Sie hatte einfach nur triumphiert, weil Eamonns Meuchelmörder sich geirrt hatte, er hatte einen Mann mit dem anderen verwechselt, draußen im Dunkeln. Wer wusste schon, wie lange die beiden miteinander im Wasser gerungen hatten, bevor einer losließ, den Dolch in der Brust, sein Lebensblut rasch davonströmend, und der andere davongetrieben war, vielleicht erwürgt, vielleicht ertrunken, vielleicht selbst das Opfer eines Messerstichs.
»Wir müssen aufbrechen.« Das war der Hauptmann, seine Stimme angespannt, als könnte er sich nur dank ungeheurer Selbstbeherrschung zum Sprechen zwingen. »Die anderen warten schon. Wir dürfen den Angriff nicht aufhalten, oder wir verlieren das Überraschungsmoment.«
»Aber Hauptmann!« Godric war vollkommen empört. »Wir können ihn doch nicht einfach hier lassen!«
Bran sah ihn ruhig an. »Er ist verloren«, sagte er mit bebender Stimme. »Glaub mir, wir haben gesucht; wir haben gejagt, bis wir kaum mehr Zeit hatten, euch noch vor der Morgendämmerung zu erreichen. Er ist ertrunken und weggetrieben worden. Er wurde Opfer eines Verrats, aber es scheint, der einzige Zeuge schweigt nun.« Er warf einen Blick auf den Toten, der zu seinen Füßen lag.
»Wie sollen wir ohne Johnny weitermachen?«, fragte einer der Männer tonlos. »Wie kann der Kampf ohne das Kind der Prophezeiung gewonnen werden?«
Sie schwiegen.
»Das da ist Johnnys Messer«, stellte Waerfrith mit einem Blick auf den Toten fest. »Ich würde es jederzeit wiedererkennen. Ich kann mir vorstellen, was passiert ist. Die Dolchscheide dieses Mannes ist leer.«
»Wir werden die Wahrheit herausfinden und die Schuldigen bestrafen.« Der Tonfall des Hauptmanns war nun wieder beherrscht, wie es sich für einen erfahrenen Anführer gehört. »Aber jetzt müssen wir eine Entscheidung fällen. Setzt das Segel; wie immer wir uns entscheiden, wir müssen sofort von hier verschwinden. Wir können nicht warten und auf Wunder hoffen.«
Ich befürchtete einen Augenblick, dass die Männer nicht gehorchen würden. Sie starrten über das Wasser zurück zur Insel, alle bleich vor Entsetzen. Sie hatten nicht nur ihren Anführer verloren, sondern auch Ziel und Zweck. Dennoch, sie waren gut ausgebildet. Das Segel wurde gesetzt, die Ruder gepackt, und das Boot bewegte sich rasch vom Land weg.
»Wir hätten es nie geschafft, diesen Burschen hier zurück an Bord zu bringen, wenn Darragh nicht gewesen wäre«, sagte Gareth. »Er hat ihn den ganzen Weg mitgeschleppt. Er dachte, der Mann würde vielleicht überleben, und dann könnten wir ihn verhören.«
»Das war kaum die Mühe wert«, murmelte Waerfrith. »Er ist tot. Die Uí Néill werden ein oder zwei Fragen beantworten müssen, bevor der Tag vorüber ist.«
Darragh selbst saß schweigend da. Vielleicht war er erschöpft vom Schwimmen, vielleicht entsetzt darüber, zum ersten Mal Zeuge eines Verrats geworden zu sein. Ich blieb hinter ihm, so dass ich sein Gesicht nicht sehen konnte. Das kleine Boot glitt so rasch, wie eine Möwe fliegt, über die Wellen, und schon bald
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