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Das Kind der Stürme

Das Kind der Stürme

Titel: Das Kind der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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durch einen schmalen Kanal über den Rand lief und ins Meer tief drunten floss. Ein kleiner Becher stand daneben. Entweder lebte hier jemand oder hatte es einmal getan, oder man hatte den Ort für mich vorbereitet.
    »Es ist lange her«, sagte die Herrin des Waldes, »seit Menschen hier gewohnt haben. Es gab einmal einen Druiden. Es ist eine schwierige Berufung; die Nadel ist seit den Tagen vor der Erinnerungen der derzeit lebenden Menschen oder ihrer Väter oder deren Väter unbewohnt gewesen. Wir hätten beinahe alles verloren. Sevenwaters hat die Inseln gehen lassen; die Eindringlinge haben die heiligen Bäume gefällt und die heilige Quelle besudelt, sie sind in den Höhlen der Wahrheit einhergegangen. Aber sie sahen nichts. Sie verstanden nichts. Die Mysterien enthüllen sich nur denjenigen, die das Muster verstehen.«
    »Wenn das so ist«, sagte ich, »warum lassen wir die Dinge nicht wie sie sind? Warum braucht ihr einen schwachen Menschen wie mich, um hier zu bleiben und über diesen Ort zu wachen wie eine Art von – Verwalter? Kann es nicht auf sich selbst aufpassen? Ihr könntet die Menschen durch Magie fern halten, oder nicht? Nebel, Stürme, Seeungeheuer? Warum braucht ihr das Kind der Prophezeiung?«
    Der feurige Mann erschien an ihrer Seite. Ich hatte in seinem Stil eine gewisse Überschwänglichkeit bemerkt; er neigte zu plötzlichem Funkensprühen und bunten Lichtblitzen.
    »Ah«, sagte er mit ruhigem Lächeln. »Die Erklärung liegt in den Worten selbst. Eine Prophezeiung muss geachtet werden. Man kann sie ein wenig fördern, aber am Ende ist es die Prophezeiung, die beherrscht, was geschieht. Wir haben seit langer Zeit gewusst, dass unsere Tage gezählt sind; wir haben gewusst, dass diese Prophezeiung erfüllt werden müsste, wenn wir eine Gelegenheit haben wollten, das zu wahren, was uns allen so kostbar ist. Unser Zeitalter nähert sich seinem Ende. Den Alten ergeht es besser, denn so schwach und verstümmelt sie sein mögen, besitzen sie nichtsdestoweniger die Weisheit der Erde selbst, die Fähigkeit, sich einzufügen und unsichtbar in der Mitte der Dinge zu verharren und auszuharren. Die Túatha Dé haben andere Fähigkeiten. Wir waren einmal wahrhaftig groß, Herrscher von Erin, überlegen und mächtig. Tatsächlich strahlten wir hell; wir waren die Verkörperung von Geheimnis und Wunder, Magie und Zauber. Aber die Welt verändert sich. In diesem Zeitalter der Menschen haben wir wenige Zufluchtsorte. Der Wald von Sevenwaters ist einer der Letzten davon, und solange Lord Sean dort herrscht, und nach ihm das Kind der Prophezeiung, können wir sicher unter diesen Eichen wandeln. Der Erzdruide gehört zum wahren Volk von Sevenwaters; er wird den alten Glauben aufrechterhalten und andere inspirieren. Und auch Ciarán wird seine Zeit haben und seinen Einfluss, denn er ist ihr Sohn. Der Mann hat ein starkes Herz und viel zu geben. Sie werden dem Wald und seinen Bewohnern eine Jahreszeit, ein Jahr, vielleicht ein Leben schenken. Aber es wird schon bald eine Zeit kommen, in der selbst dieser uralte Wald Opfer der Axt wird, damit die Menschen mehr Weideland finden und Siedlungen mit Türmen und Mauern errichten können. Die Menschen glauben in ihrer Ignoranz, die Erde selbst zähmen zu können, den Ozean ihrem Willen zu unterwerfen. Und so werden sie den Körper der Mutter, die sie hervorgebracht hat, verwüsten und nicht einmal wissen, was sie tun. Die alten Wege werden in Vergessenheit geraten, Fainne, ganz gleich, was wir tun. Ein neues Zeitalter beginnt, ein Zeitalter der Dunkelheit, in dem jene, die auf der Erde wandeln, abgeschnitten sind von dem, was ihnen Leben gibt.«
    »Ohne dich wäre alles verloren.« Dies war das Wesen, das nur aus Luft und Licht zu bestehen schien; alles, was ich von ihm sehen konnte, waren seine schimmernden Augen und die goldenen Haarsträhnen. »Denn solange die Mysterien im Herzen eines einzelnen Menschenwesens lebendig bleiben, solange das Wissen unserer Art dort sicher ruht, sind wir nicht für immer gegangen, sondern warten nur träumend, bis die Zeit der Erneuerung gekommen ist, die Zeit der Geburt des heiligen Pakts, des Verständnisses, des großen Kreises der Existenz.«
    »Du musst diese Dinge am Leben halten, Fainne«, erklärte das Wasserwesen, dessen langes Haar wie zarte Ranken von Teichgras um ihre Schultern wehte. Ich glaubte, winzige, glitzernde Fischlein dort schwimmen zu sehen, wie sie zwischen den Locken dort hin und her schossen. »Dies alles

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