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Das Kind der Stürme

Das Kind der Stürme

Titel: Das Kind der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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dachtest.
    »Conor spielt sein eigenes Spiel.« Meine Zähne klapperten. Nein, ich wollte nicht, dass sie mir ein Bild meines Vaters zeigte – bitte nicht!
    »Aber ich komme mit ihm zurecht. Ich werde schlauer sein als er. Er ist ein alter Mann.«
    Er ist ein Druide. Du kannst mich nicht täuschen, Fainne. Muss ich auch körperlich dort auftauchen, um dich ein wenig anzuspornen? Hast du vergessen, warum du dort bist, Kind?
    »Nein, Großmutter.«
    Warum verschwendest du deine Zeit dann damit, vor dem Feuer zu träumen?
    »Es – es war nötig, das Vertrauen dieser Leute zu gewinnen«, erklärte ich schwächlich. Das würde mir überhaupt nichts nutzen. Ich musste mich rasch zusammenreißen. Ihr Blick war wie Messerstiche, schien tief in mich einzudringen und jedes auch noch so kleine Geheimnis zu erforschen. »Sie müssen glauben, dass wir Freunde sind, dass ich ein Teil der Familie bin. Meine Mutter –« Ich hielt inne. Heute Abend hatte ich beinahe gespürt, wie Niamh mich durch den Schleier der Schatten beobachtete.
    Deine Mutter würde sich für dich schämen. Großmutters Stimme war kalt und hart wie Stein. Sie verachtete diese Menschen für das, was sie ihr angetan hatten, ihr und Ciarán. Du verlierst deine Entschlossenheit, Fainne. Und du weißt genau, warum.
    »Wie meinst du das?«
    Diese Leute gehen sehr subtil vor. Sie tun so, als hießen sie dich willkommen, als würden sie dich akzeptieren. Conor lullt dich ein, bis du beinahe dieselbe Lüge glaubst, die er deinem Vater aufgetischt hat. Du fängst an zu glauben, dass du es vielleicht doch tun könntest. Vielleicht könntest du den Durchbruch zum Licht schaffen, könntest dem Weg der Weisen folgen, bis du wirst, was er ist. Ha! Sieh dich doch an, Fainne. Sieh dich an, wenn du keinen Verwandlungszauber benutzt. Du bist anders; du gehörst nicht zu ihnen. Du trägst mein Erbe und das Blut der Ausgestoßenen in dir, und Conor weiß es. Er spielte ein kleines Spiel mit dir, das ist alles. Selbst dein Vater versucht einfach nur, dich zu seinem Zweck zu benutzen. So ist es für die von unserer Art nun einmal. Es gibt keine Liebe. Es gibt kein Licht. Es gibt kein Akzeptiertwerden. Der Weg besteht aus Verwirrung und Schatten. Aber du kannst ihm zumindest einen gewissen Sinn verleihen.
    »Du sagst ›keine Liebe‹. Aber ich liebe meinen Vater, und er liebt mich. Das muss doch etwas zählen.«
    Das ist sentimentaler Unsinn. Ciarán hat auch geglaubt, dass er deine Mutter liebt. Das war sein größter Fehler. Wenn er dich lieben würde, hätte er dich nie hierher geschickt. Dein Vater weiß, ich weiß, dass du nie etwas anderes sein wirst, als was du bist. Und jetzt pass auf. Sieh ins Feuer.
    »Ich sehe ja hinein.«
    Sieh noch einmal hin.
    Ich gehorchte, und die Flammen veränderten sich, wirbelten herum, breiteten sich aus und zeigten mir direkt in der glühenden Mitte des Feuers ein winziges, klares Bild: mein Vater, vornübergebeugt und hustend, als würde seine Brust von innen zerrissen. Hellrotes Blut tropfte zwischen den Fingern hervor, die er auf seinen Mund gedrückt hatte. Ich blinzelte, und das Bild war verschwunden. Mein Herz wurde kalt.
    Das hast du ziemlich deutlich gesehen, wie? Das ist alles deine Schuld. Was du da gesehen hast, ist die Gegenwart. Es fällt einem Mann, der einen solchen Husten hat, schwer, auch nur einen einzigen Bissen herunterzuschlucken. Kein Wunder, dass er so dünn ist! Manchmal fällt es ihm schwer, auch nur zu atmen. Und es ist kalt im Winter in Kerry. Ihr Blick bohrte sich in mich hinein.
    »Bitte!« Meine Stimme brach beinahe. Ich konnte mich nicht mehr zurückhalten, sie anzuflehen. »Bitte tu das nicht. Es ist doch nicht Vaters Schuld! Bitte tu ihm nicht so weh! Ich mache ja, was du willst, ich habe Pläne. Du strafst ihn wegen nichts.«
    Pläne sind eine Sache, Taten etwas anderes. Was hast du schon getan, seit du hierher gekommen bist? Hast du dein Handwerk ausgeübt? Hast du einen Mann zu deinem Werkzeug gemacht? Was hast du erreicht?
    »Ich – ich bin in den Wald gegangen, um mit dem Feenvolk zu sprechen. Und das habe ich auch getan.«
    Und?
    »Ich – ich habe das Interesse eines Mannes erregt«, stotterte ich und klammerte mich in meiner Verzweiflung an Strohhalme. »Er ist ein einflussreicher Mann. Er gehört zu meinem Plan.«
    Wenn er sich für dich interessiert, wo ist er heute Abend?
    »Im Augenblick ist er auf seinem eigenen Landsitz. Aber er sagte, er freue sich darauf, mich wieder zu sehen.« Das

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