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Das Kind des Schattens

Titel: Das Kind des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guy Gavriel Kay
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die drei Zwerge, die ihn bedrohten, und er schrie: »Zurück die Pfeile und Schwerter, Volk der Berge! Niach von der Ratsversammlung befiehlt es euch im Namen des Zwergenkönigs!«
    In diesem kurzen Augenblick donnerte aus ihm die Befehlsgewalt. Die Zwerge erstarrten. Langsam senkte Dave seine Axt und Faebur seinen Bogen.
    Im knisternden Schweigen der Waldlichtung verkündete Niach dann sehr deutlich: »Hört mir zu. Heute Nacht wurde ein Urteil an den Ufern des Calor Diman gefällt. Matt Sören ist gestern in unsere Berge zurückgekehrt, und nachdem ein Wortkampf zwischen ihm und Kaen in Seithrs Halle stattgefunden hatte, entschied die Versammlung, dass die Entscheidung dem See überantwortet wurde. Und so geschah es auch in dieser Nacht. Ich muss euch mitteilen, dass Kaen tot ist, er wurde vom Feuer des Sees vernichtet. Der Geist von Calor Diman ist in dieser Nacht hervorgekommen, ich habe ihn mit meinen eigenen Augen gesehen, und ich habe gehört, dass er Matt Sören von neuem zu unserem König ernannt hat, und mehr noch: Er nannte ihn den wirklichsten von allen Königen, die jemals unter den Bergen regiert haben.«
    »Du lügst!« unterbrach ihn eine raue Stimme. »Nichts davon ist wahr. Rinn, Nemedh, ergreift ihn!« Blod zeigte mit zitterndem Finger auf Niach.
    Niemand bewegte sich.
    »Ich bin der Erste der Versammlung«, erklärte Niach ruhig. »Ich kann nicht lügen, du weißt, dass das die Wahrheit ist.«
    »Ich weiß, dass du ein alter Dummkopf bist«, schnarrte Blod. »Warum sollten wir uns durch dieses Kindermärchen täuschen lassen? Du kannst ebenso lügen wie alle anderen von uns, Niach! Besser sogar noch als …«
    »Blod«, gebot der König der Zwerge, »hör auf. Es ist vorbei.« Aus der Dunkelheit der Bäume schritt Matt nach vorne. Mehr sagte er nicht, und seine Stimme war nicht laut gewesen, doch der Befehlston war vollkommen und unmissverständlich.
    In Blods Augen zuckte es krampfartig, aber er entgegnete nichts. Hinter ihm schwoll ein Murmeln an und verbreitete sich nach hinten über das ganze Heer bis an den Rand der Lichtung und noch darüber hinaus, wo die Zwerge zwischen den immergrünen Bäumen geschlafen hatten. Jetzt schliefen sie nicht mehr.
    »O mein König!« schrie eine Stimme. Brock von Banir Tal stolperte nach vorne, warf seine Axt weg und kniete zu Matts Füßen nieder.
    »Es leuchte die Stunde, da wir uns begegnen«, sagte Matt förmlich zu ihm. Er legte eine Hand auf Brocks Schulter. »Aber warte jetzt, mein alter Freund, denn es gibt noch etwas zu tun.« In seiner Stimme lag etwas, das Kim an das Eisenschloß am Tor zur Wiese von Calor Diman erinnerte.
    Brock zog sich zurück. Langsam legten sich das Murmeln und die Schreie im Heer. Ein aufmerksames Schweigen senkte sich herab. Hin und wieder hustete jemand, hin und wieder knackte ein zerbrochener Zweig auf dem Boden.
    In dieser Stille pflanzte sich Matt Sören vor Blod auf, der in Starkadh gedient hatte, der Jennifer dieses Leiden zugefügt hatte und der gerade jetzt die Zwerge dem Heer der Finsternis zuführte. Blods Augen schossen hin und her, aber er versuchte nicht, sich zu entschuldigen, zu fliehen oder wegzulaufen. Kim hatte gedacht, er sei ein Feigling, aber damit hatte sie unrecht. Keinem der Zwerge mangelte es offensichtlich an Mut, selbst jenen nicht, die sich dem Bösen ergeben hatten.
    »Blod von Banir Lök, dein Bruder ist heute nacht gestorben. Und auch dein Drache wartet jetzt auf dich auf der Mauer der Nacht, um über dich zu urteilen. In Anwesenheit unseres Volkes will ich dir gewähren, was du nicht verdienst: ein Recht auf Zweikampf und ein Leben in Verbannung, wenn du überlebst. Als Buße für meine eigenen Fehlhandlungen, die nicht wenige sind, werde ich in diesem Wald mit dir kämpfen, bis einer von uns tot ist.«
    »Matt, nein!« rief Loren aus.
    Matt hielt eine Hand in die Höhe, er drehte sich nicht um. »Aber zuerst«, fuhr er unbeirrt fort, »möchte ich die hier Versammelten um Erlaubnis bitten, dass ich diesen Kampf selbst fechte. Es sind sehr viele hier, die einen Anspruch auf deinen Tod haben.«
    Dann drehte er sich um und blickte als erstes auf Faebur. »Hier sehe ich einen, dessen Gesicht erkennen lässt, dass er aus Eridu stammt. Habe ich die Erlaubnis, diesen Tod für dich und im Namen deines Volkes für mich zu fordern, Fremder aus Eridu?«
    Der junge Mann trat einen Schritt nach vorne. »Ich bin Faebur aus dem einstigen Larak«, sagte er. »König der Zwerge, ich gebe dir die Erlaubnis,

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