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Das Kind des Schattens

Titel: Das Kind des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guy Gavriel Kay
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waren.
     
    Paul gab sich alle Mühe. Er war zwar kein Schwertkämpfer und verfügte auch nicht über Daves gewaltige Größe und Kraft, aber er hatte seinen eigenen Zorn und eigenen Mut, der in seiner gefestigten Natur wurzelte und der ihn unendlich viel von ihm selbst fordern ließ. Er war graziös und zeigte sehr schnelle Reflexe. Aber Kunstfertigkeit im Schwertkampf konnte man nicht über Nacht erwerben, jedenfalls nicht in einem Ausmaß, um Urgach und Galadans Wölfen standhalten zu können.
    Trotzdem blieb er während des ganzen Morgens im Herzen des Kampfs auf der westlichen Seite und kämpfte mit leidenschaftlicher, unermüdlicher Selbstaufgabe.
    Er sah, wie Lancelot und Aileron vor ihm von den Pferden stiegen, wie sie Seite an Seite unter die riesigen Wölfe wateten und wie ihre Schwerter mit einer aufeinander abgestimmten Schnelligkeit blitzten, so dass sie vor den Augen verschwammen. Er wusste, dass er etwas erlebte, was er niemals vergessen würde, eine fast unvorstellbare Virtuosität. Lancelot kämpfte mit einem Handschuh zum Schutz seiner verbrannten Hand, damit der Knauf seines Schwertes nicht in die Wunde drang. Früh am Morgen war der Handschuh noch weiß gewesen, aber jetzt war seine Innenseite von Blut getränkt.
    Zu beiden Seiten von Paul kämpften Carde und Erron wie rasend, sie ließen ihre Schwerter durch die Svart Alfar sausen, schlachteten die Wölfe ab und hielten, so gut wie möglich, die schrecklich berittenen Urgach zurück. Und, wie Paul sich peinlich bewusst wurde, sie taten ihr Bestes, um ihn zu schützen, noch während sie um ihr eigenes Leben kämpften.
    Er bemühte sich, sosehr er nur konnte, beugte sich auf beiden Seiten des Pferdehalses hinab, um mit dem Schwert, das er trug, zu stoßen und zu schlagen. Er sah, wie ein Svart unter einem seiner Hiebe zu Boden ging, wie ein Wolf vor einem anderen schnappend zurückwich. Aber noch bevor das geschah, hatte Erron mit seiner schnellen Gewandtheit herumwirbeln müssen, um einen anderen Svart zu durchbohren, der auf Pauls ungeschützte Seite losgesprungen war.
    Keine Zeit, um Dankbarkeit auszudrücken, keine Zeit für irgendwelche Worte. Nur einige zersprengte Sekunden inmitten des Getümmels, in denen er sich nach innen wandte und vergeblich nach irgendeinem Hinweis, nach irgendeinem Pulsschlag von Seiten des Gottes suchte, der ihm zeigen würde, wie er mehr sein konnte als eine Quelle der Gefahr für die Freunde, die sein Leben schützten.
    »Ihr Götter!« keuchte Carde, als er sich später einen Augenblick der Rast gönnte. »Warum sind die Wölfe hier so viel schlimmer, als sie im Leinanwald waren?«
    Paul wusste die Antwort darauf. Er konnte sie sehen. Schräg rechts vor ihnen stand Galadan, er bewegte sich mit einer unheilverheißenden Wendigkeit, um ihn schwebte eine fast greifbare Aura tödlicher Drohung. Er kämpfte in seiner Tiergestalt und verlieh dem Ansturm seiner Wölfe, ja der gesamten Armee Maugrims die geistige Führung, und es war ein bösartiger und zugleich subtiler Geist.
    Galadan, den Paul so anmaßend für sich beansprucht hatte. Jetzt, da er sich nicht einmal gegen die Svart Alfar verteidigen konnte, kam es ihm nur noch peinlich vor, dümmlich und arrogant.
    Als er in diesem Augenblick über das Aufwallen und Aufeinanderprallen der Schlacht hinblickte, öffnete sich vor Galadan ein freier Raum, und dann beobachtete Paul mit einem ziehenden Schmerz im Herzen, wie der graue Cavall zum zweiten Mal herausfordernd auf den Wolf mit den Silberflecken zwischen den Augen zuging. Die Erinnerung peitschte durch Pauls Bewusstsein wie eine andere Wunde: eine Erinnerung an die Schlacht im Götterwald, die den Kampf, den sie nun ausfochten, bereits hatte ahnen lassen.
    Er sah, wie der narbenbedeckte graue Hund und der stolze Herr der Adain einander zum zweiten Mal gegenüberstanden. Beide waren einen gefrorenen Augenblick lang reglos, hielten sich in Bereitschaft.
    Aber diese erste Auseinandersetzung in der Lichtung des Sommerbaums sollte sich nicht wiederholen. Eine Schar von berittenen Urgachs donnerte in die Lücke zwischen Wolf und Hund. Sie wurde durch einen schwerterklirrenden Schlagabtausch aufgehalten von Diarmuids Schar. Coll von Taerlindel und der rothaarige Averren, der ein Dutzend Männer Von der Südfeste anführte, kämpften an diesem Tag mit gleicher Verbissenheit, alle verdrängten sie den Gram ihres Herzens durch die Raserei des Krieges, sie freuten sich über jede Gelegenheit zu töten.
    Auf beiden Seiten von

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