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Das Kindermädchen - Herrmann, E: Kindermädchen

Das Kindermädchen - Herrmann, E: Kindermädchen

Titel: Das Kindermädchen - Herrmann, E: Kindermädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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stand.
    Hüthchen trug wie immer etwas Sackartiges von undefinierbarem Dunkel. Beide aßen mit gutem Appetit, so dass ich mich beeilen musste, um noch ein Brötchen abzubekommen.
    Im Flur standen zwei große Reisetaschen.
    »Wollt ihr umziehen?«, fragte ich.
    Mutter schüttelte den Kopf. »Nein. Das brauchen wir. Wir wollen ja nicht mit leeren Händen kommen, nachdem wir schon so lange nicht da waren.«
    Aus der einen Reisetasche ragten mehrere Plastiktüten mit Topfblumen. In der anderen lagen Eimer, Schaufel und Rechen. Alles zusammenklappbar.
    »Ihr pflanzt eure Geschenke gleich selbst ein?«
    Hüthchen schoss einen giftgrünen Blick auf mich ab. »Vielleicht helfen Sie uns ja. Dann müssen wir die Arbeit nicht alleine machen.«
    Ich hob die Taschen hoch und trug sie hinunter. Es war halb neun. Der Tag würde schwül und bewölkt werden. Und sehr, sehr heiß.
    Nachdem Mutter und Hüthchen die Wohnung abgeschlossen hatten, eilten sie, so schnell es ging, hinter mir her.
    »Der da?«, fragte Mutter enttäuscht und deutete auf Marie-Luises Volvo. Sie hatte mit dem Porsche gerechnet. Irgendwo sind alle Mädchen gleich, egal, wie alt sie sind.
    »Der oder keiner!« Ich hielt die Türen auf, und es ging los.
    Wir fuhren über die Stadtautobahn bis hinter Wittenau, dann begann das Chaos. Mutter und Hüthchen stritten sich lauthals, in welche Richtung es weitergehen sollte.

    »Nach Konradshöhe geht es rechts!«
    »Links!« Darauf bestand Hüthchen.
    Hüthchen hatte Recht.
    Ich war lange nicht mehr in Konradshöhe gewesen. Es war ein ländliches Viertel im Norden der Stadt, umgeben von dichten Wäldern. Die Straßen zeichneten die alte, gewachsene Dorfstruktur. Es gab Kaufläden und Kopfsteinpflaster, kleine Häuser und am Havelufer einige imposante Villen. Ganz in der Nähe musste eines der Häuser stehen, in denen Mutter sich immer zum Bridge getroffen hatte. Doch wir fuhren an der Bushaltestelle vorbei zum Dorfausgang.
    »Nach links!«, schrie mir Mutter ins Ohr.
    »Nein, nach der Gabelung da vorne rechts! Rechts!«
    Ich fuhr an den Straßenrand und schaltete den Motor aus. »Wo wollt ihr eigentlich hin?«
    »Zum Friedhof«, sagte Hüthchen.
    »Und? Welcher Friedhof? Wer wohnt da?«
    Hüthchen sah auf Mutter, Mutter auf ihre Kunstlederhandtasche.
    »Zum Friedhof?«, fragte ich noch einmal. Mutter nickte.
    Ich startete und fuhr los. Nach wenigen Minuten hatten wir das Ziel erreicht. Der Konradshöher Friedhof lag, umgeben von einer Backsteinmauer, direkt am Ortsausgang. Ich parkte neben dem weit geöffneten, schmiedeeisernen Tor. Dann stieg ich aus und half den Damen aus dem Wagen. Zum Schluss holte ich die Taschen aus dem Kofferraum.
    »Und nun?«
    Hüthchen und Mutter sahen sich an. »Zuerst zu Heidemarie.«
    Ich hob die Taschen hoch und folgte den beiden.
    Unter den Bäumen war es wohltuend kühl. Wir folgten einem schnurgeraden Kiesweg, von dem links und rechts die Pfade zu den einzelnen Grabstellen abgingen. Es war in Ordnung, wenn
meine Mutter erst das Grab einer verstorbenen Bridgefreundin besuchen wollte. So viel Zeit musste sein. Die beiden Damen vor mir stritten sich schon wieder und bogen ein paar Schritte nach links ab. Zankend kamen sie wieder heraus und liefen in die andere Richtung. Ich eilte mit Topfpflanzen, Eimer, Spaten und Rechen hinterher. Vor einem schlichten Grab blieben sie schließlich stehen.
    »Das ist ja unglaublich, wie es hier aussieht!«, empörte sich Hüthchen. »So was von unordentlich!«
    Ich ließ die Taschen fallen. Hüthchen sank auf die Knie und begann flink, verdorrtes Unkraut auszurupfen. Mutter stand daneben und begutachtete die Pflanzen.
    »Was hältst du von der Hortensie?«
    Hüthchen, schon jetzt schweißnass, richtete sich auf. »In Rosa? Das hat sie doch nie gemocht. Den Rhododendron. Bitte.«
    Ich holte den Rhododendron heraus und pulte ihn aus dem Topf. Das hätten mir die beiden auch früher sagen können. Ich trug den letzten gereinigten Anzug.
    Hüthchen stand ächzend auf. »Könnten Sie den Efeu nachschneiden? «
    Sie reichte mir eine Gartenschere, und ich begann, streng unterwiesen von den beiden Gartenfachfrauen hinter mir, das Gestrüpp zu stutzen. Zwischendurch hatte Mutter eine Schubkarre geholt, auf die wir die Abfälle warfen. Nach einer halben Stunde sah Heidemaries gute Stube wieder wohnlich aus. Mutter begoss den Rhododendron und betrachtete zufrieden ihr Werk.
    »Und jetzt zu Otto.«
    »Otto?«, fragte ich.
    »Das ist nicht weit. Gleich ein paar

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