Das Kindermädchen - Herrmann, E: Kindermädchen
hat.«
»Richten Sie ihr aus, dass es jemanden gibt, der bezeugen kann, dass es sich bei der Leihgabe um genau diesen Ring gehandelt hat.«
»Ach«, sagte Aaron. »Da sind wir aber gespannt.«
»In Zukunft spreche ich nur noch mit Ihrer Mutter. Klar?«
Aaron legte auf.
Der Schweiß lief mir den Rücken hinunter. Ich hätte zu Hause noch duschen sollen. Überall klebten Staub und Erde an mir. Inmitten des Altpapierberges unter dem Couchtisch in der Mierendorffstraße mussten noch die alten Zeitungen liegen. Die Grunewalder
Verlobung. Das Bild von Verena. An ihrer Hand ein großer grüner Ring. Das würde reichen.
33
Als am späten Nachmittag die letzten Gäste halb waagerecht das Hoffest verließen, begannen die Aufräumungsarbeiten. Es war so laut, dass ich das Fenster schließen musste. Vermutlich hörte ich sie deshalb nicht die Treppe heraufkommen. Gegen halb sechs klingelte es. Ich dachte noch, Marie-Luise hätte die Schlüssel vergessen oder es käme ein später Mandant, und öffnete die Tür.
Zwei maskierte Männer stürmten herein. Der erste versetzte mir sofort einen Schlag in den Magen. Der Schmerz war überwältigend und kam mir sehr bekannt vor. Vermutlich hatten sie mit Milla dieselbe Schule besucht.
Die Männer knallten die Tür zu und schleiften mich in die Küche. Ich konnte mich nicht mehr wehren. Einer setzte mich auf den Küchenstuhl, der andere band mir Hände und Füße zusammen. Sie sagten kein Wort. Ich bekam eine Faust in den Magen und zwei ins Gesicht. Genau auf die Stelle, die vor kurzem schon Milla bearbeitet hatte. Bevor ich kotzen konnte, wurde ich ohnmächtig.
Ich kam wieder zu mir, weil irgendjemand gleichzeitig schrie und weinte. Dann legte man mir einen nassen Lappen aufs Gesicht und riss mir das Klebeband vom Mund. Ich wollte die Augen öffnen, aber ich hatte den direkten Draht zu meinem Körper verloren. Es ging nichts mehr.
»O mein Gott, mein Gott! Wer hat ihn so zugerichtet?«
Ich kannte die Stimme. Eine Frau, aber ich wusste nicht mehr, zu wem sie gehörte. Ich sackte wieder nach vorne, jemand fing mich auf.
»Mein Gott! Mein Gott!«
Entweder war sie sehr gläubig, oder man hatte mich wirklich schlimm zugerichtet.
»Alles okay?« Marie-Luise. Wieder bekam ich einen Lappen ins Gesicht. Ich schmeckte Blut in meinem Mund und wollte die Zunge bewegen. Der Schmerz war scharf und schneidend. Ich musste mir bei der Attacke auf die Zunge gebissen haben. Ein Schneidezahn wackelte. Ich bewegte Arme und Beine. Sie hatten mir nichts gebrochen. Doch als ich mich aufrichten wollte, wurden die Schmerzen fast unerträglich.
»Wir legen ihn auf den Fußboden.«
»O mein Gott! Wer kann so etwas getan haben?«
Jemand klatschte mir sacht auf die Wange. Ich schlug die Hand weg, denn ich fürchtete um meinen Schneidezahn.
»Er muss zu einem Arzt! Vielleicht stirbt er!« Ekaterina.
»Der doch nicht.« Marie-Luise.
Ich versuchte etwas zu sagen, aber es war zwecklos.
»Kannst du etwas Eis aus dem Kühlschrank holen?«
Ekaterina machte sich am Gefrierfach zu schaffen. Wenig später hatte ich einen passablen Eisbeutel im Gesicht.
»Joachim, kannst du mich hören?«, fragte Marie-Luise.
Ich nickte, sofort zuckte der Schmerz ins Gehirn.
»Okay. Ja heißt ein Finger, nein zwei Finger. Verstanden?«
Ich hob den Daumen.
»Was ist passiert?«
Ich stöhnte und versuchte, wieder auf die Beine zu kommen. Die beiden waren mir eindeutig zu kompliziert. Unter meinen Sohlen knirschte es. Ich bekam mein linkes Auge eine Winzigkeit auf. Mein unangemeldeter Besuch hatte den gesamten Geschirrschrank ausgeräumt. Überall lagen Scherben. Ich stützte mich auf Marie-Luises Schulter und humpelte in den Flur. Aus den Regalen waren die Bücher herausgerissen. Sie lagen in wüstem Chaos übereinander, bei einigen hatten sie sich die Mühe gemacht, ein paar Seiten zu zerfetzen. Es stank.
»Sie haben auf die Bücher gepisst«, sagte Marie-Luise.
»O mein Gott!«
Ich wünschte, Ekaterina würde sich etwas zurückhalten. Das hier hatte nichts mit Gott zu tun. Ich humpelte in mein Büro. Der Schreibtisch war umgeworfen, alle Schubladen herausgerissen und der Inhalt über den Boden verstreut. Jemand hatte den Monitor meines Computers eingetreten. Den von Kevin übrigens auch.
»Und bei dir?«, fragte ich langsam.
»Ähnlich«, sagte Marie-Luise. Sie hob meinen Schreibtischstuhl auf und setzte mich vorsichtig ab. »Ich rufe die Polizei an. Mist.«
Die Täter hatten die Telefonleitungen aus der Wand
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