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Das Kindermädchen - Herrmann, E: Kindermädchen

Das Kindermädchen - Herrmann, E: Kindermädchen

Titel: Das Kindermädchen - Herrmann, E: Kindermädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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schlecht nach hinten gehen und gucken. Also hab ich auch gewartet.«
    Er holte ein Päckchen Drum aus der Tasche und begann, sich eine Zigarette zu drehen. »Sie war nervös. Und als dann der Wagen kam, hat sie sich gefreut. Sie hatte so ein Lächeln auf dem Gesicht. Vielleicht war ihr Freund da drin. Ihr Liebhaber?«
    »Was für ein Wagen?«, unterbrach ich ihn. »Wie sah er aus? Welche Marke?«
    Herr Wilhelm lächelte und schleckte das Papierchen ab. Dann macht er eine geschickte Handbewegung und hielt eine Zigarette in der Hand. Von der zupfte er nun den restlichen Tabak, der an den Enden heraushing, und verstaute die Krümel sorgfältig in der Packung. »Ich kenn mich nicht so aus mit großen Wagen.« Er zündete die Zigarette an und trat einen Schritt vor die Tür, um zu rauchen. »Kein Mercedes, kein BMW. Irgendwas anderes. Teures.«
    »Ein Jaguar?«, fragte ich. Marie-Luise sah mich überrascht an.
    »Keine Ahnung. Da bin ich überfragt.«
    »Wer saß denn drin?«
    Herr Wilhelm hob die Schultern. »Eine dunkle Nacht. Schwarze Scheiben. Ein Lächeln noch, und sie war weg.«

    Kein Wunder, dass er nie wieder etwas von seinem Drehbuch gehört hatte. Marie-Luise nahm ihre Tasche. »Sie haben uns sehr geholfen«, sagte sie und reichte ihm die Hand.
    Herr Wilhelm beugte sich über sie und drückte ihr einen Kuss darauf. Erst dann entfernte er einen Tabakkrümel aus seinem Mundwinkel.
    »Warum interessiert Sie das?«, fragte er. »Eine Russin. Nie Männerbesuch. Immer allein.«
    Marie-Luise lächelte ihn an. »Uns interessieren Menschen, die plötzlich verschwinden.«
    »Kommt sie wieder?«, fragte Herr Wilhelm.
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte Marie-Luise. »Lassen Sie das Zimmer am besten so, wie es ist.«
    »Und die Rechnung?«
    Sie schaute mich an. »Übernimmt der Herr. Es trifft ja keinen Armen.«
    »Erzählen Sie mir die Geschichte, wenn sie ein Ende hat. Ich schreibe ein Buch. Menschen im Hotel. Ich suche nur noch einen Verleger. Kennen Sie einen?«
    Wir verabschiedeten uns. Herr Wilhelm stand in der Tür, rauchte und sah uns hinterher.
    »Sieht so aus, als ob du eine Eroberung gemacht hast«, sagte ich leise.
    Marie-Luise wartete, bis ich ihr die Wagentür geöffnet hatte, dann stieg sie ein. Ich setzte mich ans Steuer.
    »So viele Illusionen. Und dann bleiben nur noch die Geschichten, die andere erleben. Ich werde ihn mal besuchen, irgendwann.«
    Marie-Luise würde mir immer ein Rätsel bleiben.
    »Der Jaguar«, sagte sie, »der ist dir doch nicht einfach so eingefallen.«
    Ich antwortete nicht.
    »Wer fährt so ein Auto? Sigrun?«

    Ich schüttelte den Kopf.
    »Okay«, sagte sie schließlich. »Das war dann wohl ein Irrtum. Ich fahre nach Hause.«
    »Was soll das jetzt? Ich dachte, du hilfst mir«, sagte ich. Gut, es klang ein bisschen eingeschnappt und angemotzt, aber ich war wirklich ratlos.
    Sie sah zur Seite und wich meinem Blick aus. Ich spürte, dass sie wütend war.
    »Helfen«, sagte sie schließlich. »Du verarschst mich doch nur. Von A bis Z. Mach mal dein Ding alleine weiter. Ich habe es nicht nötig, deine Kartoffeln aus dem Feuer zu holen.«
    »So war das doch nicht gemeint.«
    »Dann rede gefälligst mit mir.«
    »Das tue ich doch!«
    »Nein! Du lügst, wenn du nur den Mund aufmachst. Ob im Gerichtssaal oder im Privatleben, du bist nichts weiter als ein salonfähiger Situationsoptimist.«
    Das waren die Ausdrücke, die ich an ihr so liebte. Ich musste lachen und wandte mich ab, um es vor ihr zu verbergen. Als ich mich wieder umdrehte, lächelte auch Marie-Luise.
    »Blödes Schwein«, sagte sie.
    »Die Freifrau.«
    Sie starrte mich an. »Die Freifrau?«
    Ich sah sie nicht an. Verräter heben nicht den Blick, wenn sie verraten.
    »Oh, Scheiße. Das ist stark. Das ist … Ich gebe sofort eine Vermisstenanzeige auf. Hast du das Kennzeichen? Den genauen Wagentyp?«
    »Hör auf!« Es tat mir schon leid, überhaupt irgendetwas gesagt zu haben. »Das ist nichts, hörst du? Noch nicht einmal eine Vermutung. Noch nicht einmal ein Gedanke. Es gibt keine Verbindung. Ende.«
    Marie-Luise nickte und sah mich mitleidig an. » Klar. Völlig aus
der Luft gegriffen. Zwei Frauen, zwei Autos, eine Tote, eine Vermisste. Alles Phantasie. Gehirnwäsche ist doch was Feines. Womit haben die das bei dir so sauber hingekriegt? Ein bisschen mit Geld geschmiert? Mit Positionen? Ach so. Hatte ich völlig vergessen. Man hat dir ja die Tochter des Hauses angeboten.«
    »Hör auf«, sagte ich leise.
    Marie-Luise hatte

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