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Das kleine Buch vom Riechen und Schmecken

Das kleine Buch vom Riechen und Schmecken

Titel: Das kleine Buch vom Riechen und Schmecken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Hatt , Regine Dee
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Parkers 100-Punkte-Skala mehr als 90 Punkte erreichen, gelten als »herausragend« (outstanding), Weine über 95 Punkten dürfen sich »außergewöhnlich« (extraordinary) nennen. Alle Weine, die Parker hoch benotet, sind automatisch teurer. Und sie müssen ganz einfach besser schmecken als andere – sollte man annehmen. Die Probe aufs Exempel machten Verhaltensforscher von der ETH Zürich. »Lassen sich Konsumenten vom Urteil eines Geschmacks-Gurus beeinflussen?«, fragten sie sich und luden Versuchspersonen zu einem Experiment ein. Eine Gruppe bekam die richtige Information, der zu verkostende Wein habe 92 Parker-Punkte erhalten. Die zweite Gruppe bekam eine falsche Information. Ihr wurde gesagt, der Wein sei mit nur 72 Geschmackspunkten bewertet worden. Das Ergebnis war eindeutig: Den Teilnehmern der ersten Gruppe schmeckte der Wein sehr viel besser als denen der zweiten. Sie waren daher bereit, deutlich mehr Geld für den Wein auszugeben. Tatsächlich hängt die Wahrnehmung des Geschmacks von vielen Faktoren ab. Von den Informationen, die uns der Verstand liefert, vom tatsächlichen »Input« genauso wie von den Eindrücken anderer Sinne.
    Doch was passiert, wenn der Geschmackssinn ganz auf sich gestellt ist? Blindverkostungen sind der Albtraum des Weinkenners, denn sie enden meist äußerst peinlich. Selbst anerkannte Experten liegen manchmal kräftig daneben. Einige von ihnen können mit verbundenen Augen noch nicht einmal einen weißen von einem roten Wein unterscheiden. Keine böswillige Behauptung, sondern so geschehen bei einem Experiment, an dem zehn anerkannte Sommeliers aus Pariser Feinschmeckerlokalen teilnahmen. Sie sollten in einem vollkommen dunklen Raum aus zehn Weinen die fünf weißen und die fünf roten herausschmecken. Das gelang keiner einzigen der ausgebildeten und geübten Profizungen.
    Ob ein Wein seinen Preis wert ist, kann man sehr eindrucksvoll in Verbindung mit den dazugehörigen Trauben erleben. Erkennen Sie das Aroma wieder? Ein Riesling sollte schmecken wie eine Riesling-Traube, ein Chardonnay wie eine Chardonnay-Traube. Gute Rotweine werden oft in Eichenfässern gelagert, sie nehmen darin den typischen Barrique-Geschmack an. Um Kosten zu sparen, werden jedoch statt der Holzfässer oft Eichenspäne benutzt. An der Universität Bochum haben wir jetzt herausgefunden, dass der Barrique-Geschmack eigentlich gar kein Geschmack ist, sondern man eher von einem Barrique-Gefühl sprechen sollte, einer Adstringenz mit rauer Pelzigkeit und Trockenheit im Mund. Wir konnten in unserem Labor nämlich das Molekül für die Barrique-Wahrnehmung identifizieren. Dabei stellten wir zu unserer großen Überraschung fest: Es spricht ausschließlich den Nervus trigeminus an. Weder die Geruchs- noch die Geschmackssinneszellen reagieren darauf. Unsere Entdeckung könnte sich auch auf den Preis auswirken. Wenn ein paar Tropfen Barrique-Essenz in der Lage sind, ganze Eichenfässer zu imitieren, kann man auf eine teure Lagerung natürlich verzichten.
    Das sollten Sie dann keineswegs weitersagen, schließlich wissen Sie ja, dass ein Geschmackserlebnis nicht nur mit dem Schmecken zu tun hat. Wenn Sie demnächst Gäste haben, erzählen Sie lieber eine interessante Geschichte über Ihren Wein, loben Sie seine Qualität, spektakuläre Eigenschaften und Geschmacksnoten. Servieren Sie billigen Wein? Dann muss die Geschichte umso besser sein. Bei edleren Tropfen scheuen Sie sich nicht, auf seine Parker-Punkte oder den hohen Preis anzuspielen. Denn eines ist sicher: Teuer schmeckt am allerbesten.

Das Geheimnis
der Verführung

Hin und weg – Düfte,
die süchtig machen

    Was hilft an einem grauen Morgen, an dem man müde und lustlos erwacht, weil in Gedanken bereits der schlecht gelaunte Chef mit einer endlosen Konferenz droht? Natürlich einzig und allein eine Tasse dampfenden Kaffees. Schon sein Duft vermag einen Morgenmuffel aus dem Bett zu locken, ohne dass er weiß, warum. Düfte wandern direkt ins Gehirn, ohne Umweg über das Bewusstsein. Manche regen dort die Ausschüttung von opiumähnlichen körpereigenen Hormonen an, die uns glücklich machen können, unsere Motivation steigern, für Wohlbefinden sorgen und sogar Schmerzen vertreiben. Sie aktivieren im Gehirn Regionen, die sonst nur von Rauschmitteln angesprochen werden. Das kann auch der Kaffeeduft – allerdings nur bei Kaffeetrinkern: Koffein ist eine der Substanzen, die für Glücksgefühle sorgen und schlechte Stimmungen vertreiben können. Es setzt so

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