Das kleine Buch vom Riechen und Schmecken
vielleicht schon aus der Kindheit und findet den Fernseher gleich viel vertrauter und hochwertiger als andere Geräte.
Visuelle Eindrücke wirken intensiver und bleiben besser im Gedächtnis, wenn Gerüche hinzukommen. Der Geruch aktiviert dabei oft die gleichen Gehirnregionen wie ein Bild. Wenn man also einen Donut riecht, entsteht im Kopf auch das Bild eines Donuts, verknüpft mit dem Firmenlogo – so man es kennt. Irgendwann könnte es sich der Donut-Hersteller also sparen, überall Bilder seines Produkts aufzukleben, der Duft allein wäre ausreichend für die Werbung.
Neuwagenduft?
Einfach unwiderstehlich!
Ein neuer Wagen riecht hauptsächlich nach Geld und Luxus. Nach den vielen tausend Euro, die wir lange gespart haben, um in diesem jungfräulich glänzenden, kratzer-, beulen- und schokofleckfreien Traummobil durch die Straßen des Lebens zu rollen, ausgestattet mit einer Elektronik, die Polar- und Wüstenexpeditionen zum Kinderspiel macht. Nur für den Fall, dass wir da mal hinwollen und nicht ins Büro, zum Supermarkt oder zum Zahnarzt. Kurz gesagt: Ein Neuwagen macht seinen Besitzer stolz, und man riecht ihn gern. Niemals käme man auf die Idee, dass dieser Duft die reine Notlösung und gar nicht zu verhindern ist.
Bei der Produktion werden nämlich Materialien verarbeitet, die ganz unterschiedliche, durchaus nicht immer attraktive Eigengerüche mitbringen. Allen voran Kunststoffe. Im Autobau steigt die Zahl der Kunststoffbauteile beständig, weil sie leicht und exakt formbar sind. Sie helfen dadurch, den Benzinverbrauch zu reduzieren, und passen sich modernen Konstruktionen sehr genau an. Dazu kommen Stoffe, Gummi und Leder, die sorgfältig ausgewählt und vor der Verarbeitung intensiv getestet werden. Schließlich sollen sie unter Sonneneinstrahlung und bei hohen Temperaturen nicht anfangen zu stinken. Dazu beschäftigen die Hersteller ganze Teams von Designern, unter ihnen Duft-Spezialisten mit Supernase.
Ganz eliminieren lassen sich die Gerüche allerdings nicht. Auch Gerbstoffe und Lösungsmittel, Weichmacher und UV -Absorber, Lacke, Kleb- und Schaumstoffe hinterlassen ihre Duftmarken, so dass das Ziel, einen geruchsneutralen Wagen vom Band laufen zu lassen, nie ganz erreicht wird. Wer nie einen Neuwagen gekauft hat und deshalb kein emotional aufgeladenes Verhältnis zu seinem Duft hat, würde ganz klar sagen: Der Wagen stinkt. Den Käufer hingegen stört das nicht. Viele Fahrer sind sogar so begeistert von dem Duft, dass sie mit Sprays und unter den Sitz geklebten Plättchen und Streifen versuchen, den Geruch so lange wie möglich zu erhalten. Wunderbäume mit der Duftnote »New Car« gehören zu den meistverkauften Papptannen und eignen sich durch ihre penetranten Ausdünstungen auch dazu, noch schlimmere Gerüche zu überdecken. Der Fachmann nennt das »maskieren«: Das Auto stinkt zwar immer noch nach Zigaretten und feuchten Fußmatten, aber der Wunderbaum stinkt intensiver. Oft verursacht er dafür leider Kopfschmerzen, wenn er unseren Warn- und Schmerznerv Trigeminus aktiviert.
Für Autohersteller gibt es angesichts der weitverbreiteten Begeisterung für den Neuwagenduft wenig Anlass, nach Alternativen zu suchen. Zumal niemand weiß, ob die Käufer identifizierbare Düfte wie Minze, Menthol oder frisches Gras überhaupt mögen. Hinzu kommt, dass Düfte in Autos sogar gefährlich sein können, wie eine britische Untersuchung herausgefunden hat. Der Royal Automobile Club warnt vor Jasmin, Kamille und Lavendel, denen zwar ein beruhigender Einfluss auf hitzige Fahrer, aber auch eine einschläfernde Wirkung nachgesagt wird. Beim Geruch von frischem Brot wird der Fahrer hungrig und drückt allzu sehr aufs Gas, um schneller nach Hause zu kommen. Frisches Gras und Blumen klingen harmlos, verleiten jedoch zum Träumen. After Shaves und Parfums locken die Gedanken des Fahrers gar auf erotische Abwege und gehören deshalb eigentlich gänzlich verboten. Besser sind Zitronen- und Kaffeeduft mit ihrer konzentrationsfördernden Wirkung. Und Pfefferminze, die den Fahrer weniger reizbar macht. Herausragend schnitt beim Test jedoch nur eine einzige Duftnote ab. Sie allein konnte den Fahrer zu umsichtiger Fahrweise und zur Vorsicht bewegen. Dieser Duft – Sie ahnen es – ist der Neuwagenduft.
Der süße Duft der Heimat
Wonach riecht Island? Nach Eis und viel Grün, so dachte man bis zum Frühjahr 2010. Doch dann brach der Vulkan aus, spuckte seine Asche in den Himmel und brachte die isländische
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