Das kleine Haus am Meer (Romantischer Lady-Krimi)(German Edition)
gelang es ihm auch, den Motor zu starten.
Wie ein Besessener fuhr er durch die schmalen Gassen des Ortes, bis er endlich offenes Land erreichte. Jede Minute war jetzt kostbar, denn sie konnte über Silvias Leben oder Tod entscheiden. Er musste es einfach schaffen, sie noch rechtzeitig zu warnen. Eine Begegnung mit diesem Sigmund konnte für die junge Frau ein schreckliches Ende bedeuten.
Immer wieder musste sich Graf Andreas die Schweißperlen aus dem Gesicht wischen. Die Angst um die geliebte Frau saß ihm im Nacken und befahl ihm, mit dem Fuß noch fester auf das Gaspedal zu treten. Hart legte er den fünften Gang ein, der Motor heulte auf, der Wagen schoß nach vorn.
Und dann endlich hatte er Silvias Grundstück erreicht. Er nahm sich gar nicht die Zeit, sein Auto abz uschließen sondern ließ es einfach in der Einfahrt stehen. Dann lief er mit Riesenschritten auf das Haus zu. Die Tür war abgeschlossen.
»Silvia!« rief er laut. »Bist du hier, Silvia? Bitte, antworte doch.« Seine Stimme klang verzweifelt. War er etwa schon zu spät gekommen?
Wie von Sinnen lief er um das Haus herum und in den Garten. Auch hier war sie nicht. Da fiel der Blick des Grafen auf den Aschenbecher, der noch immer auf dem weißen Tischchen stand. Eine angerauchte Zigarette lag darin.
Als Andreas sie in die Hand nahm spürte er, dass sie noch warm war. Er wusste, dass Silvia nicht rauchte. Also musste sie Besuch gehabt haben. War es Sigmund Willert gewesen?
Die Angst griff wie eine eisige Faust nac h seinem Herzen. »Wo bist du, Silvia? Wo soll ich dich suchen?« fragte er mit bebender Stimme.
Abrupt wandte er sich um und rannte zu seinem Auto zurück. Jet zt konnte nur noch einer helfen. Arco, der Schäferhund, war bekannt für seine gute Nase. Wenn er Silvia nicht fand, dann war alles verloren.
Als Graf Andreas den Feldweg verließ, entdeckte er Sigmund Willerts Wagen. Jetzt w ar ihm klar, mit wem die geliebte Frau unterwegs war. »Ich finde dich, Silvia«, murmelte er. »Und wenn ich bis an mein Lebensende nach dir suchen muss.«
***
Als Silvia Rosen aus ihrer gnädigen Ohnmacht erwachte, umgab sie dunkle Nacht. Im ersten Augenblick wusste sie gar nicht, was eigentlich geschehen war, doch als ihre Hände zufällig in den weichen, nassen Morast griffen, fiel ihr mit einem Schlag das ganze Unglück wieder ein.
Der Abschiedsspaziergang, den sie mit Sigmund Willert unternommen hatte, war ihr zum Verhängnis geworden. Der Weg durch das Moor war vielleicht zu einem Weg in den Tod für sie geworden.
Stöhnend versuchte Silvia, sich ein wenig auf zurichten. Sofort griff der weiche Untergrund mit seinen klebrigen Fingern nach ihr und drohte, sie in die Tiefe zu ziehen. Aufschluchzend legte sie sich wieder zurück und versuchte, sich möglichst nicht zu bewegen, um nicht noch tiefer zu sinken. Worauf sie allerdings warten wollte wusste sie nicht, denn sie hatte niemandem etwas von diesem kleinen Ausflug mit Sigmund erzählt.
Doch s ie hatte nur eine Chance zu überleben, wenn sie sich gar nicht bewegte und darauf vertraute, dass jemand, vielleicht Andreas, sie vermisste. Doch wie lange würde sie das aushalten? Um diese Jahreszeit gab es kaum mehr Urlauber hier. Die Aussichten waren beinahe hoffnungslos, dass sie jemand fand.
Plötzlich spürte sie, dass sie fröstelte. Ihre Beine waren bereits bis zu den Knien im Schlamm versunken, und auch an ihrem Rücken spürte sie die eisige Nässe. Dann fiel ihr auch Sigmunds schmerzverzerrtes Gesicht wieder ein.
Sie war losgelaufen, um Hilfe zu holen, und jetzt brauchte sie selbst welche. Ob es ihm noch immer so schlecht ging? Mitleid mit dem Mann schnürte Silvia die Kehle zu. Wieder versuchte sie verzweifelt, sich aus dem Sumpf zu befreien. Sie musste doch Hilfe holen und durfte den armen Sigmund nicht im Stich lassen. Wieder versuchte sie, aufzustehen und ihre Beine aus dem Sumpf zu ziehen. Es gelang ihr jedoch nicht.
Ihre Beine sanken nur noch ein Stück tiefer. Müde schloss Silvia die Augen. Sie konnte nur noch warten und hoffen.
Bald fiel sie in einen leichten Schlummer, aus dem sie immer wieder von Alpträumen aufgeschreckt wurde. Wenigstens spürte sie jetzt die Kälte nicht mehr so sehr.
Das aufgeregte Bellen eines Hundes weckte sie erneut aus ihren schweren Träumen. Sie schlug die Augen auf, überzeugt davon, dass sie wieder nur einen Traum gehabt hatte, der ihr Hoffnung signalisierte, die nicht berechtigt war. Noch immer war der Himmel bedeckt und völlig ohne
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