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Das kleine Reiseandenken

Das kleine Reiseandenken

Titel: Das kleine Reiseandenken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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nicht anders, dann schenke ich dir eine Fahrkarte nach Hause in deine Heimat. Aber du darfst nicht auskratzen, Kind. Auf diese Weise macht man sich’s zu leicht.“
     „Ich muß übrigens deine vielgeliebte, sogenannte Tante anläuten und sagen, daß du dich wieder eingefunden hast. Obgleich – offengestanden schadet es ihr gar nichts, wenn sie sich ‘n bißchen ängstigt.“
    Inge ging ans Telefon und teilte kurz mit, daß Ingrid wieder da sei. Dann schien Tante Agate eine ganze Menge zu antworten, denn Inges Stirn wurde rot vor Ärger. Sie ließ einen längeren Redeschwall über sich ergehen, dann unterbrach sie ihn kurzerhand: „All das werde ich morgen mit Ihnen persönlich besprechen, Frau Jespersen. Ich behalte Ingrid heute nacht hier. Doch, das tue ich wohl – jaja, die Verantwortung kann ich ohne weiteres übernehmen. Voll und ganz. Guten Abend.“ Sie legte den Hörer auf.
    „So, das wäre getan. Und jetzt, Ingrid: Erzähl mir alles – von A bis Z. Warum bist du ausgerückt?“
    „Ach, Inge – du mußt es verstehen. Ich konnte nicht – ich konnte einfach nicht anders!“
    „Hast du mir vielleicht diese ganze Zeit über irgend etwas verschwiegen? Hat Frau Jespersen dir jemals etwas angetan?“
    Eine heiße Röte schoß in Ingrids Wangen. Sie dachte an den Morgen, als die Tante ihr eine Ohrfeige gegeben hatte. Sie sträubte sich dagegen, Inge von dem häßlichen Auftritt zu erzählen.
    „Na? Heraus mit der Sprache!“
    Inges Stimme klang fast gebieterisch, wie Ingrid sie nie zuvor gehört hatte.
    Dann erzählte sie alles. Von Anfang bis zu Ende. Wie die Tante häßlich über Inge geredet hatte, über Tante Margrete, über Onkel Peter. Wie sie selber die Beherrschung verloren und unverschämte Antworten gegeben hatte. Wie Tante Agate ihrerseits so wütend geworden war, daß sie ihr eine Ohrfeige gegeben hatte. Und dann von dem plötzlichen Wandel – von dem Kleid, dem guten Mittagessen, dem Taschengeld und der Erlaubnis, zu Lises Geburtstag zu gehen.
    „Ich verstehe gar nicht, wieso sie plötzlich so… so… ich hättefast gesagt, freundlich wurde“, meinte Ingrid zum Schluß.
    „Denk nur: das verstehe ich ganz ausgezeichnet“, sagte Inge. „Sie hat natürlich gemerkt, daß sie zu weit gegangen war, und nun mußte sie dich milde stimmen. Man bekommt nicht so leicht eine neue Hausgehilfin – noch dazu eine, der man nur zehn Kronen die Woche bezahlt.“
    „Haus – Hausgehilfin?“
    „Mein Herzchen – du mußt doch endlich begriffen haben, daß diese deine sogenannte Tante eine entfernte Bekanntschaft auf das schändlichste ausnutzt, um sich eine kostenlose Hilfe für den Haushalt zu verschaffen. Ist dir das noch immer nicht aufgegangen?“ Ingrid starrte Inge fassungslos an.
    „Darum also! Darum hat sie mich eingeladen! Darum hat sie das Reisegeld geopfert!“
    „Und darum hat sie dir von dem schönen Kopenhagen vorgeschwärmt, damit wollte sie dich locken. Wieviel hättest du wohl von dem schönen Kopenhagen zu sehen bekommen, wenn…“
    „Wenn ich dich nicht gehabt hätte!“ vollendete Ingrid.
    „Ja, und wenn du nur auf diese Frau und ihren Laden angewiesen gewesen wärst? Du hättest keinen Öre dänisches Geld gehabt, du wärest die reinste Sklavin bei ihr gewesen. Siehst du, ich war ihr ein dicker Strich durch ihre Rechnung. Und dieser Strich wird noch größer und dicker werden; darauf kannst du dich verlassen!“ Ingrid riß die Augen ganz weit auf.
    „Wie gemein“, flüsterte sie, „wie gemein!“
    „Ja, das ist gemein. Ich will dir etwas sagen, Ingrid. Es gibt leider Menschen, die sich der Flüchtlingskinder und Waisen annehmen – um sie auszunützen. Gott sei Dank kommt das selten vor; es gibt unzählige Kinder, die es wunderbar getroffen und gute, nette Pflegeeltern bekommen haben. Wenn sich jemand nämlich an eine Organisation wendet – das Rote Kreuz zum Beispiel oder andere Hilfsorganisationen – , um ein Pflegekind zu bekommen, dann werden die Verhältnisse dieser Leute ganz genau untersucht, sie müssen der Organisation Rede und Antwort stehen. Und wenn dasKind es nicht gut hat, dann wird eingegriffen. Hier aber lag der Fall so unglücklich, daß Frau Jespersen sich auf die alte Freundschaft mit deiner Mutter berufen konnte. Es klingt ja so bezaubernd, wenn sie sagt, sie wolle für das kleine Mädchen ihrer lieben verstorbenen Jutta etwas tun. Nicht wahr? Und du kommst in gutem Glauben und wirst schändlich ausgenutzt. Du hast keinen Menschen, der dir helfen

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