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Das kleine Reiseandenken

Das kleine Reiseandenken

Titel: Das kleine Reiseandenken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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Tante Agate sein konnte. Da hat sie mich zu sich genommen. Tante Agate hat sich damit einverstanden erklärt, daß ich umziehe. Jetzt ist alles in bester Ordnung. Ich bin seit vier Tagen hier bei Inge. Gestern sind wir zusammen zu Tante Agate gefahren, denn ich mußte meine letzten Sachen noch abholen. Ich graulte mich schrecklich davor, denn man weiß ja nie, was Tante Agate plötzlich in den Sinn kommt, und was sie so sagt. Aber denke nur, sie war beinahe freundlich. Ja – aber nur beinahe. Es war zu schön, als ich hörte, wie hinter mir die Tür wieder zuschnappte. Manchmal kann sie mir freilich leid tun. Sie ist so allein, und sie ist alt. Ich wäre gern gut zu ihr gewesen, aber es ist so schwer, gut zu jemand zu sein, der immer mürrisch ist und nur ans Sparen denkt. Und ich hab ja im Grunde auch viel für sie getan, denn ich bin die ganze Zeit über ihre Hausangestellte gewesen, aber ohne Lohn. Ihr dürft aber nicht glauben, daß ich hier nichts tue! Inge sagt täglich, sie nütze mich fürchterlich aus. Sie hat viel zu tun, sie malt und malt, denn bald ist die Herbstausstellung, und sie will mehrere Bilder ausstellen. Sie sagt, daß sie nie so viel Ruhe zum Arbeiten gehabt hat wie jetzt, weil ich den Haushalt mache. Es macht furchtbar viel Spaß, hier den Haushalt zu besorgen. Wenn ich einholen gehe, kommt Dixi mit. Auf der Straße bleiben die Leute alle stehen und sagen irgendwas Nettes über den Hund. Und denkt Euch, ich verstehe, was sie sagen! Ist es nicht komisch, daß ich jetzt ein bißchen eine Sprache verstehe, die Ihr nicht könnt?
    Ich lege ein Bild von Inge und mir mit ein. Ein Straßenfotograf hat es gemacht. Findet Ihr nicht, daß Inge wahnsinnig nett aussieht? Denkt Euch, ich kriege von Inge jede Woche zwanzig Kronen für meine Arbeit hier. Es ist mir schrecklich, das anzunehmen, aber sie sagt, ich muß. Jetzt hab ich dadurch immer Taschengeld, und heute hab ich Euch ein Paket geschickt, mit was Gutem drin! Das Geld für das Paket hab ich ganz allein verdient! Denn den ersten Wochenlohn hab ich auf Vorschuß bekommen. Ich hab jetzt keine Zeit, noch mehr zu schreiben, denn ich soll Inge Modell sitzen. Ich wünschte, Ihr könntet mal sehen, wie wunderschön sie malt!
    Tausend liebe Grüße an Euch alle miteinander. Ich denke so oft an Euch, und wenn es mir auch hier herrlich geht, so sehne ich mich doch auch nach Euch. Sagt Elke, sie kann den roten Gürtel nehmen, den ich zu Haus vergessen habe; Inge hat mir einen neuen geschenkt. Und sagt Monika, sie müßte schreiben, wenn das große graue Kaninchen Junge bekommen hat. Sie darf auf keinen Fall vergessen, rechtzeitig den Nistkasten in den Kaninchenstall zu stellen, und sie muß auch aufpassen, daß die Zwillinge nicht die frischgesetzten Jungen rausnehmen und mit ihnen spielen. Inge läßt Euch alle herzlich grüßen.
     
    Die liebsten Grüße!
     
    Eure Ingrid
     
     
    Ingrid legte mit einem Seufzer der Erleichterung den Kugelschreiber aus der Hand. Inge hörte es und ließ den Pinsel für einen Augenblick ruhen.
    „Na? Fertig?“
    „Ja. Ich hab von dir gegrüßt. Willst du sehen, was ich geschrieben habe?“
    „Du hast doch gewiß auch diesmal sicherheitshalber mit gotischen Buchstaben geschrieben, du Strick?“
    „Pfui, schäm dich! Ich hatte grad eben gedacht, du liest sicher nie anderer Leute Briefe! Aber schau her, du darfst, und es sind keine gotischen Buchstaben.“
    Ingrid reichte Inge den Brief und stellte sich neben sie, ihrer jungen Pflegemutter den Arm um die Schultern legend. Inge blieb auf dem Hocker vor der Staffelei sitzen, in der Linken die Palette haltend, und überflog die engbeschriebenen Blätter mit den Augen. Dann blickte sie auf und lächelte.
    „Du Kleines! Du bist also mit deiner sonderbaren Stellung hier zufrieden?“
    „Meinst du meine Stellung im Haushalt oder als Modell oder als Kindermädchen – ach entschuldige, ich meine, als Hundemädchen?“
    „Ich meine alles zusammen. Hör mal Ingrid – wenn du mich jetzt fragen würdest, ob du eine Tasse Tee machen sollst, dann würde ich keineswegs nein sagen!“
    „Du sollst deinen Tee haben. Und der Bäcker hat mir ein altes Stück Hefekuchen für Dixi geschenkt, das hab ich für ihn aufbewahrt.“
    Lächelnd ging Ingrid in ihre Küchenecke und machte sich trällernd an die Arbeit.
    Bald saßen sie wieder an dem geliebten runden Tisch und tranken dampfenden Tee aus den blauen chinesischen Tassen. Dixi heftete ein Paar erwartungsvolle braune Augen zuerst auf

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