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Das Kloster der Ketzer

Das Kloster der Ketzer

Titel: Das Kloster der Ketzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M Schroeder
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Und wie dieser ausgehen wird, steht ja wohl außer Frage! Je schneller er auf dem Scheiterhaufen landet, desto besser ist es für alle treuen Anhänger der reinen Lehre!«
    »Auf einem Scheiterhaufen kann man zwar Menschen qualvoll sterben lassen und Bücher in Asche verwandeln, aber die Ideen und Überzeugungen, die in beiden stecken, haben sich noch nie mit Feuer aus der Welt schaffen lassen!«, gab der Novizenmeister zu bedenken. »Das kann man nur mit den besseren Argumenten und Lehren.«
    »Unsinn!«, widersprach Bruder Sulpicius mit finsterer Miene.
»Nur durch eiserne Härte gegen jede Art lutherischer Ketzerei kann der Unruhe im Volk begegnet und den Umtrieben dieser satanischen Schlangenbrut von Ungläubigen Einhalt geboten werden, die mitten unter uns mit ihren anonymen Schriften gegen die heilige Mutter Kirche und den Papst hetzen. Seht nur dieses schändliche Flugblatt, das mir gestern in Passau in die Hände gefallen ist!« Er zog ein verknittertes Blatt unter seiner Kutte hervor, faltete es auseinander und stieß mit zornesrotem Gesicht hervor: »Hört Euch nur diese blasphemische Überschrift an: Wider die Missbräuche und gottlosen Sitten der kirchlichen Fürsten auf Petri Stuhl – Zwölf Thesen zur Erneuerung der päpstlichen Autorität! Martin Luther, die verfluchte Wittenberger Schlange, hätte diese Flugschrift kaum übler verfassen können, als dieser anonyme Schmierfink es getan hat! Flugblätter, getränkt mit dieser Art von geistiger Gülle, zirkulieren in der Stadt und auf dem Land!«
    »Nun ja…« Bruder Scriptoris machte ein bedenkliches Gesicht und kratzte sich am Kinn. »Aber dass die Autorität des Papstes in der nicht gerade glücklich geführten Auseinandersetzung mit Luther schweren Schaden genommen hat, ist leider eine traurige Tatsache, die wohl keiner von uns beiden bestreiten wird«, wandte er dann ein. »Unter diesem Gesichtspunkt wäre eine Erneuerung der gnadenvollen Botschaft, die von Rom ausgeht, schon sehr zu begrüßen.«
    »Ach was! Das ist nichts als blanke Ketzerei! Und diese Gesellen des Verderbens gehören ohne Ausnahme auf den nächsten Scheiterhaufen! Wie die Wiedertäufer und dieser Leonhard Kaiser!« Der Prior knüllte das Flugblatt mit einer Miene der Wut und des Abscheus in seiner Faust zusammen und warf es mit einer heftigen Geste von sich.
    Der Papierball flog auf Pachomius zu, der erschrocken einen Schritt zur Seite machte, als fürchtete er, sich schon durch die
bloße Berührung mit diesem ketzerischen Flugblatt zu beschmutzen und sein Seelenheil in Gefahr zu bringen.
    Der Novizenmeister gab einen lang gezogenen Seufzer von sich. »Unsere Zeit ist wahrlich nicht gerade arm an betrüblichen Vorfällen. Doch wenn ich mich recht erinnere, hatten wir eigentlich ein ganz anderes Thema, Bruder Sulpicius.«
    »Aber diese gotteslästerlichen Flugblätter, das Unwesen der Widertäufer und die Sache mit dem abtrünnigen Pfarrer Leonhard Kaiser, all das gehört dazu!«, erwiderte der Prior. »Dagegen müssen wir rechtgläubige Schriften setzen! Und zwar die des Johannes Eck!«
    Den Rest des Streitgespräches zwischen den beiden Mönchen bekam Sebastian nicht mehr mit. Denn in diesem Moment fiel sein Blick zufällig durch eines der Fenster auf den Hof hinaus, wo gerade ein mit Bauholz beladenes Fuhrwerk durch das Tor rollte. Und der Fuhrknecht auf dem Kutschbock war niemand anders als Lauretia!

8
    Weder der Prior, der mit zunehmend galligem Temperament auf den angeblich so unbestreitbaren Vorzügen des gelehrten Doktor Johannes Eck beharrte, noch Bruder Scriptoris, dessen Erwiderungen in gleichem Maße an Bissigkeit zunahmen, schenkte ihm auch nur einen flüchtigen Augenblick Beachtung, als Sebastian entschuldigend murmelte, seinen Arbeitsplatz am Setzkasten verlassen und dringend den Abort aufsuchen zu müssen. Sie waren viel zu sehr in ihrem ganz und gar nicht brüderlichen Streitgespräch gefangen.
Und dann war er auch schon aus dem Haus und eilte über den Hof zu Lauretia hinüber. Er musste sich sehr zusammennehmen, um seine übergroße Freude nicht zu zeigen und ihr nicht schon von weitem zuzurufen.
    Lauretia hatte das Fuhrwerk zur Brandstelle auf der anderen Hofseite gelenkt und bemerkte ihn erst, als sie dort das Gespann zum Stehen brachte und vom Kutschbock sprang.
    »Brauchst du Hilfe beim Abladen, Fuhrmann?«, fragte Sebastian und sah sie mit leuchtenden Augen an. Wie schwer es ihm doch fiel, sie nicht in seine Arme zu nehmen und sie fest an sich zu

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