Das Kloster (German Edition)
verdanken hätte.«
»Denkt nicht an mich, Herr Ritter,« erwiderte Mysie, »ich bin geborgen und werde schon an mich denken, sofern ich nur erst Euch aus dieser Gefahr befreit weiß. Und nun macht schnell! besinnt Euch nicht lange, sofern Ihr von Euren Kleidern oder Sachen etwas mitnehmen wollt.«
Darüber verging nun freilich noch einige Zeit, bis der Ritter sich schlüssig war, was er von seinen Sachen alles, mitnehmen und was er davon zurücklassen wollte, denn an jedes Stück knüpfte sich eine Erinnerung, bald an eine Festlichkeit, bald an ein Gastmahl, bald an dies oder jenes Abenteuer, wobei er es getragen hatte. Mysie ließ ihm eine Weile Zeit, da ja auch sie selbst einige Vorkehrungen zu der schnellen Abreise zu treffen hatte. Als er aber bei ihrem Wiedereintritt noch immer nicht bereit war, bat sie ihn mit ein paar schlichten Worten, sie nicht beide durch längern Aufenthalt in Fährlichkeit zu setzen, sondern sich entweder zur Flucht aufs schnellste einzurichten oder darauf zu verzichten. Da packte der Ritter trostlos ein paar Sachen in ein Bündel, warf auf seine Koffer noch einen stummen Blick voll Schmerz und Weh und erklärte nunmehr seiner freundlichen Führerin, ihr folgen zu wollen »durch dick und dünn«.
Mysie wandte sich nach der Tür und bedeutete den Ritter, sich ihr dicht anzuschließen. Dann klopfte sie leise. Es dauerte eine Weile, bis Edward antwortete, wer denn poche und was man wolle?
»Sprecht doch leise,« versetzte Mysie, »sonst wird der englische Ritter munter. Ich bins, Mysie Happer. Ich will hinaus. Ihr habt mich ja in der kleinen Kammer eingeschlossen, und da Hab ich warten müssen, bis der englische Ritter eingeschlafen war. Nun will ich aber nicht länger eingesperrt bleiben.«
»Was? Ihr seid eingesperrt gewesen, Mysie?« fragte Edward verwundert.
»Ja doch,« erwiderte die Müllerstochter. »Ihr seids doch selbst gewesen, der mich eingesperrt hat! Ich war doch in der kleinen Kammer, in der früher Mary geschlafen hat.«
»Könnt Ihr denn nicht warten bis morgen?« versetzte Edward, »Ihr könnt doch die Nacht auch dort schlafen!«
»So?« rief Mysie empört, »das wäre ja schön! Nicht um alles in der Welt bliebe ich eine Sekunde länger in einem Raume, der neben der Stube liegt, in der sich ein Mann allein befindet. Nein, dazu ist doch meines Vaters Tochter zu sittsam und streng erzogen, als daß sie ihren guten Namen preisgeben sollte!«
»Na, dann kommt heraus und verfügt Euch in Eure Kammer!« sagte Edward und machte die Tür auf.
Die Stiege draußen war finster, wie Mysie sich schon vorher überzeugt hatte. Kaum war sie herausgetreten, so faßte sie Edward am Arm, wie wenn sie sich auf ihn stützen wolle, und zog ihn ein kleines Stück von der Tür weg. Dann stellte sie sich unauffällig so, daß sie den Raum zur Tür vertrat, so daß Edward den ihr auf dem Fuße folgenden Engländer nicht gewahren konnte. Barfuß und behutsam schlich dieser auf den Zehen einher, während Mysie sich laut bei Edward darüber beklagte, daß kein Stümpfchen Licht da sei.
»Ich kann Euch keins verschaffen, Mysie,« erwiderte Edward, »denn ich darf nicht von diesem Posten weichen. Unten werdet Ihr aber schon Feuer finden.«
»Nun, dann kann ich mich schließlich gefaßt machen, bis morgen früh unten zu sitzen,« sagte unwillig das Mädchen und ging die Treppe hinunter, während Edward die Tür der nun leeren Stube unnützerweise wieder abschloß.
Unten traf Mysie wieder den Mann ihrer Sorge, dem sie wiederum das strengste Schweigen befahl, wozu er sich auch, wohl zum ersten Male in seinem Leben bequemte. Mit der größten Behutsamkeit, wie wenn sie über brüchiges Eis schritten, schlichen sie bis zu einem finstern Winkel, der als Holzstall benützt würde, und hier flüsterte Mysie dem Ritter zu, sich hinter dem Reisig zu verstecken, bis sie wiederkäme. Dann steckte sie das Küchenfeuer mit ihrer Lampe an und setzte sich an Rocken und Spindel, um nicht unbeschäftigt zu erscheinen, falls jemand hereinkommen sollte. Von Zeit zu Zeit schlich sie auf den Zehen zum Fenster hin, weil sie zur weitern Ausführung ihres Planes das erste Frühlicht abwarten mußte. Endlich färbte sich der Himmel, und mit gefalteten Händen dankte sie der Jungfrau Maria für ihre bisherige Hilfe und bat um weitern Segen für das Werk, das sie vorhatte.
Aber bevor sie mit ihrem Gebet zu Ende war, fühlte sie zu ihrem namenlosen Schreck plötzlich die Hand eines Mannes auf ihrer Schulter.
»Ei,
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