Das knallrosa Tagebuch: Das knallrosa Tagebuch
und so angenehm.
Weil ich ihm nicht mehr begegnen wollte, habe ich mich schnell wie der Blitz abgetrocknet und angezogen. Ich glaube, ich hatte Angst, daß mir das angenehme Gefühl zuviel wird. Ich weiß nur noch, daß ich in genau fünf Minuten weg war.
Draußen warteten Jeff und Marsha auf mich in ihrem Auto. Marsha hatte noch Schülerbeiratssitzung und mußte deshalb länger bleiben* Jeff war stinksauer auf mich, weil ich ihn hatte warten lassen. »Wo hast du denn gesteckt, verdammt?« hat er geknurrt. Ich habe geantwortet, es wäre so voll in der Umkleide gewesen, daß ich bis vor zehn Minuten auf eine freie Dusche gewartet hätte. Cr sagte, ich solle das nächstemal nicht so trödeln. Darauf meinte Marsha, daß er sich beruhigen soll. Sie drehte sich zu mir um und sagte, es wäre schon in Ordnung.
Wie gerne würde ich jemandem erzählen, was ich für Miles empfinde. Ob ich es Marsha sagen soll? Ich glaube, sie würde mich verstehen. Auf dem Heimweg haben wir beim Laden gehalten. Ich bin mit Marsha im Auto geblieben, während Jeff schnell reinging, um eine Tüte Chips zu kaufen. Sie hat sich zu mir umgedreht und wollte wissen, ob ich etwas auf dem Herzen hätte. Sie fand, daß ich irgendwie konfus aussah. Ich habe den Kopf geschüttelt. Einen Moment wäre ich fast damit herausgeplatzt: »ICH BIN HOFFNUNGSLOS IN MILES MARINER VERLIEBT!!« ICH BEGEHRE SEINEN KÖRPER!!!« Doch ich sagte nur: »Danke fürs Mitnehmen.«
10. November
Habe heute mit Miles Gewichte gehoben. Er hat für mich einen Trainingsplan ausgearbeitet und will jeden Abend nach der Leichtathletik-Stunde mit mir trainieren. Er zeigt mir eine Übung, ich tue so, als hätte ich sie nicht verstanden, und bitte ihn, sie zu wiederholen. Das macht er auch, und dann versuche ich, ihn dazu zu bringen, sie mir noch mal zu zeigen. Meistens weigert er sich, und ich muß ran. Es ist ganz lustig. Ich habe versucht, eine Sitzung hinter mich zu bringen, ohne ins Schwitzen zu kommen. Aber Miles läßt das nicht zu. »Ohne Schmerzen kein Gewinn«, hat er gesagt und mich immer wieder zur Gewichthebebank geschoben.
Er fragte mich, ob ich zu Hause irgendwelche Probleme hätte, über die ich gern reden würde. »Nein«, habe ich gesagt. Darauf meinte er: » Ich bin immer für dich da, wenn du jemanden zum Reden brauchst.« Ich habe nur den Kopf geschüttelt und mich auf die Bank gelegt. Er ist echt der Letzte, mit dem ich über meine Familie sprechen würde. Das würde alles kaputtmachen. Ich will einfach nur mit ihm ins Bett.
11. November
Miles hat mich heute heimgefahren. Ich habe den letzten Bus verpaßt, und Jeff hat vergessen, auf mich zu warten. Miles' Auto ist eine alte grüne Rostlaube mit schlechter Lackierung. Aus der Nähe sieht es sogar noch schlimmer aus als damals, als ich mich hinter dem Baum versteckt hatte. Innen riecht es nach Junkfood und ist total chaotisch. Er hat einen Stapel Bücher und Papiere vom Beifahrersitz geräumt, damit ich Platz hatte. Der Motor ist erst nach drei Versuchen angesprungen. Als die Kiste endlich lief, drehte Miles sich zu mir um, lächelte und sagte: »Du hast nicht zufällig einen Keilriemen dabei?«
Ich liebe sein Lächeln.
Wahrscheinlich glaubte er, daß einer von uns ein Gespräch anfangen müßte, denn er erzählte, daß er dieses Jahr über Weihnachten nach Florida zu seinen Eltern fährt. Ich antwortete, daß ich noch nie in Florida war, und er meinte: »Wenn du magst, schenk' ich dir mein Flugticket.« Dabei hat er das Gesicht verzogen. Ich wußte nicht, was ich dazu sagen sollte, also herrschte einige Zeit Stille. Dann fing er damit an, warum er Lehrer geworden ist. Seine Mutter wollte, daß er Arzt wird, und sein Vater wollte einen Piloten aus ihm machen. Der Lehrerberuf sei ihm wie ein guter Kompromiß vorgekommen. Seine Eltern sind sich da aber nicht so sicher.
Er hat gestöhnt, und dann sagte er etwas Komisches. Etwas sehr Komisches. Er sah mich ganz ernst an und meinte: »Tapp nicht in die Fallen, die deine Eltern dir stellen.« Das habe ich nicht kapiert. Also herrschte wieder einige Zeit Schweigen.
Er fragte mich, was ich mit meinem Leben anfangen möchte, und ich antwortete: »Astronaut werden.« Als er wissen wollte, ob ich das ernst meinte, sagte ich: »nein. Eigentlich will ich Zeitungsreporter werden.« Das fand er gut.
Noch nie hat sich jemand dafür interessiert, was ich einmal werden will. Die Leute hier gehen davon aus, daß man irgendwann mal bei Plumbco oder sonst irgendwo arbeitet. Es ist
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