Das knallrosa Tagebuch: Das knallrosa Tagebuch
Schejß-Mitleid gehört.
20. November
Heute gab es einen tierischen Krach vor dem Friseurgeschäft. Jeff hätte sich fast mit Mr. McPheran, dem Friseur, geprügelt. Wir wollten gerade reingehen, um uns die Haare schneiden zu lassen, als Papa aufgetaucht ist. Er hat eine zerbrochene Flasche geschwungen und versuchte, nach seinem eigenen Schatten zu schlagen. Als er die Flasche gegen die Hausmauer geknallt hat, kam McPheran rausgerannt und hat Papa beschimpft.
Er hat gesagt, Papa wäre ein Penner, der keinen Job durchhalten kann. Papa wollte ihm die Hand schütteln, aber Mr. McPheran hat ihn weggeschubst, daß er hingefallen ist. »Ihnen würde ich nicht mal für eine halbe Million Dollar die Hand schütteln.« Da fing Papa zu jammern an, weil er sich beim Hinfallen an der Flasche die Hand zerschnitten hatte. Er sah erst die Hand an, dann Jeff und mich, als würde er erwarten, daß wir ihm ein Pflaster geben.
Jeff hat sich zu McPheran umgedreht und ihn einen alten Hornochsen genannt. McPheran bat ihn, das zu wiederholen. Darauf hat Jeff McPheran angefunkelt und ihm mitgeteilt, er wäre ein blöder alter der seinen Arsch nicht von seinem Schwanz unterscheiden könnte. McPheran hat Jeff böse angeguckt und gemeint, jetzt wüßte er, wer von uns unserem Vater nachschlägt.
Dann ist McPheran wieder in seinen Laden gegangen. Wahrscheinlich heißt das, daß er uns nicht mehr die Haare schneiden wird. Jeff ist einfach weggelaufen, und ich bin dagestanden und habe Papa angesehen. Er lag einfach auf dem Boden und hat die Flasche festgehalten, als ob er noch mehr Schnaps rausquetschen wollte. Vielleicht hätte ich ihm helfen sollen, aber er war ja auch nicht da, als ich ihn gebraucht habe. Da hat er Carol gevögelt oder sich besoffen. Er wird sich große Mühe geben müssen, bevor ich ihm mit einer blutenden Hand helfe.
Heute abend hat Marsha uns die Haare geschnitten. Sie hat es ziemlich gut hingekriegt. Bis auf die Fransen, die sind ein bißchen schief. Als ich Marsha gesagt habe, daß meine Fransen total zackig sind, meinte sie: »Wenn du sie gerade willst, mußt du zu einem Profi gehen.« Außerdem würde der Haarschnitt fünf Dollar kosten. Wir haben gelacht, bis Jeff gesagt hat, ich soll die Fliege machen.
20:47
Gerade hat Ralph angerufen. Er ist wieder draußen aus dem Krankenhaus. Er bat mich, morgen zu ihm zu kommen und mit ihm die Hausaufgaben nachzuarbeiten. »Klar«, habe ich geantwortet. Seine Mutter wird mich abholen. Spitzenklasse ... Er meinte, er hat probiert, Mag anzurufen, aber sie war nicht da. Ich weiß, es wäre ihm lieber, wenn sie kommt und nicht ich. Am besten rufe ich sie an.
21. November
Ralphs Mutter hat mich ein paar Stunden später abgeholt als verabredet Und sich nicht mal entschuldigt. Das Auto ist ein Lincoln Continental. Echt schick, mit eleganter Innenausstattung. Auf der Fahrt war sie ziemlich ruhig, so als wäre es ihr peinlich, in Tranten Township gesehen zu werden. Sie sagte nur: »Ralph ist ein sehr kranker junger Mann.« Ich konnte ihr da nicht widersprechen. Das weiß ich nämlich selbst. Ich frage mich nur, was Ralph außer Epilepsie und Asthma noch hat. Aber dann habe ich mir überlegt, daß das für einen Menschen allein schon reicht.
Als wir bei Ralph ankamen, saß er in seinem Zimmer, und ein Luftbefeuchter ratterte. Zuerst hat er mich gefragt, wie es Mag geht, und ich sagte: »Gut«, und daß sie gern gekommen wäre, aber babysitten muß. Das war eine Lüge. Als ich Mag heute vormittag gefragt habe, hat sie geantwortet, daß sie keine Lust hat, Ralph zu besuchen. In letzter Zeit ist er ihr unheimlich und macht sie nervös, nie weiß sie, wann er wieder einen Krampfanfall kriegt oder einfach zu atmen aufhört. Sie sagt, wenn sie ihn am Telefon zum Lachen bringt und er dabei vielleicht plötzlich tot umfällt, würde sie sich furchtbare Vorwürfe machen. Das packt sie nicht Und weil ich Ralph das nicht erklären konnte, habe ich gelogen.
Ralph sieht ziemlich blaß und schwach aus. Die Hausaufgaben schienen ihn nicht besonders zu Interessieren. Ich habe mein Französischbuch rausgeholt, und wir Fingen an, Verben zu konjugieren. Wir haben ein paarmal gelacht, als ich ihm erzählte, was die alte Sängerin letzte Woche im Unterricht angestellt hat.
Aber ich habe gemerkt, daß Ralph noch nicht wieder auf dem Damm ist. Ständig hat er sein Inhaliergerät genommen und tief eingeatmet. Ich fragte ihn, ob ich etwas für ihn besorgen soll. Eine Sekunde war er still, dann sagte er: »Einen
Weitere Kostenlose Bücher