Das knallrosa Tagebuch: Das knallrosa Tagebuch
März
Als ich heute heimkam, haben Mama und Papa sich wegen den AA gestritten. (Aaron hat mir heute erklärt, daß das die Abkürzung für Anonyme Alkoholiker ist.) Mama hat dauernd wiederholt, daß Papa zu der Sitzung gehen muß, weil es Teil seiner Therapie ist. Papa will nicht zu der Sitzung. Er meinte: »Dann könnte ich gleich überall herumerzählen, daß ich Alkoholiker bin.« Keine Ahnung, warum er sich darüber solche Sorgen macht. Es wissen sowieso alle, daß er in Riverbrook war. Er sagte, daß er nächste Woche zu der Sitzung gehen wird, wenn sein Kopf »weniger verrückt spielt«. Mama hat ganz leise »okay« gemurmelt als ob sie wüßte, daß sie einen Fehler macht.
Dann hat Papa gemeint, daß heute nacht in Lipton BINGO gespielt wird. Mama soll ihre Tasche holen, während er das Auto Warmlaufen läßt. Mama ist losgegangen. Sie fragte, ob ich mitkommen will, aber ich habe abgelehnt. Ich besuche heute Aaron, um etwas für den »Rufer« zu schreiben und hoffentlich noch ein paar andere Sachen zu machen.
23:45
Bin eben von Aaron zurückgekommen. Abgesehen von ein paar Küssen haben wir die ganze Zeit für die Zeitung gearbeitet. Das hat zwar nicht soviel Spaß gemacht doch die Zeit ist so schnell verflogen wie immer, wenn ich mit ihm zusammen bin. Heute war die Stimmung nicht richtig. Aaron wirkte müde, und ich mußte dauernd an Papa denken. Naja ... Morgen ist auch noch ein Tag.
Unser Artikel über den Aufklärungsunterricht ist spitze. Er fängt mit der Frage an: »Reden deine Eltern mit dir über Sex? Wenn ja, hast du Glück gehabt.« Weiter heißt es, wie wenige Eltern mit ihren Kindern wirklich über dieses Thema sprechen. Aaron hat mich gefragt ob meine Eltern mich aufgeklärt haben. Ich mußte »nein« sagen. Ich erinnere mich nur an ein Gespräch über Sex, etwa ein Jahr bevor Papa zu Carol gezogen ist. Beim Holzhacken sind wir irgendwie auf das Thema gekommen, daß »>ein Mann Verantwortung zeigen muß«, wenn eine Frau von ihm schwanger wird. Ich wußte nicht mal, wie eine Frau schwanger wird, bis Jeff es mir letzten Sommer erklärt hat. Die Schulschwester hat uns vergangenen Januar einen Vortrag über Sex gehalten und sogar was von Kondomen erzählt. Aber ein paar Eltern haben sich furchtbar darüber aufgeregt und die Eltern-Lehrer-Vereinigung dazu gebracht das zu unterbinden.
Aaron findet, daß Aufklärung Pflichtfach sein sollte. Nachdem ich eine Weile nachgedacht hatte, stimmte ich ihm zu. Ich habe den Eindruck, daß es an der Schule immer irgendein Mädchen gibt das ein Baby erwartet. Dieses Jahr ist es eine Zweitkläßlerin aus Nome namens Angie. Angie hat keinen Freund und schon ein Kind. Der Vater des ersten Kindes ist ein alter Knacker namens Rufus. Angie sagt, daß er sie auf dem Heimweg von einem Jugendgruppentreffen vergewaltigt hat. Rufus streitet das ab und behauptet, er wäre unfruchtbar. Er hat angeboten, es allen zu beweisen, die ihm nicht glauben, Aber alle haben ihm geglaubt. Es kam nie zu einer Anklage wegen Vergewaltigung, und Angie hat ein schielendes Baby durch unbefleckte Empfängnis bekommen. Nach der Geburt haben ihre Eltern sie rausgeschmissen, und sie ist zu ihrer Großmutter gezogen.
Zur Zeit hat Angie wieder einen Riesenbauch und wird bald ihr zweites Kind kriegen. Diesmal ist Kent, einer von Jeffs Freunden der Vater. Ich habe gehört, wie Kent Jeff alles erzählt hat. Angie hat sich auf einer Fete im letzten Sommer betrunken, und Kent hat sie heim-gefahren. Als sie bei ihrem Haus waren, hat Angie Ihr Bikinioberteil ausgezogen und sich geweigert auszu-steigen, bevor Kent ihr nicht sein Ding zeigt. Kent fragte, ob sie die Pille nimmt, und Angie meinte: »Was ist das?« Nachdem Kent ihr erklärt hatte, was die Pille ist, behauptete Angie, es wäre nicht »die richtige Zeit im Monat, in der man schwanger wird.«
»Die blöde Sau hat es so gewollt«, hat Kent ständig wiederholt. »Sie hat es gewollt.« Ich wußte nicht, ob er sich freut oder ärgert, bis ich Jeff und ihn habe lachen hören. Jetzt ist Angie so dick wie ein Hausboot, und Kent wird Papa, inzwischen ist ihm das Lachen vergangen. Er hat angeboten, die Abtreibung zu bezahlen, aber Angies Großmutter ist damit nicht einverstanden. Sie denkt, daß Angie mit zwei Kindern mehr Sozialhilfe
Mir tut Angie irgendwie leid. Manchmal treffe ich sie im Laden, und sie sieht jedesmal älter aus. Und dicker. Es ist richtig beängstigend. Sie sieht aus, als wäre sie etwa fünfzig, und dabei ist sie erst fünfzehn.
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