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Das Knochenhaus

Das Knochenhaus

Titel: Das Knochenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Lawhead
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würdevoller Etikette, die der Earl befürwortet und mit Lob bedacht hätte. Die nächsten zwei Wochen wurden mit der Inventur sämtlicher Besitztümer zugebracht, um das vorzubereiten, was Archie als die unvermeidlich kommende Invasion betrachtete.
    Auf dem Kalender wurde ein weiteres Blatt umgedreht, und dann kam eines schönen Morgens George Gower, der entfremdete Cousin des Earls, und pochte an die Tür. Er befand sich in Begleitung seiner Frau Branca, eines Gerichtsdieners aus Peckham und eines Rechtsanwalts mit Zylinder und schwarzem Gehrock. Archie empfing sie im Wohnzimmer des Earls.
    »Die Übergabe des Eigentums wird nicht hinausgezögert«, verkündete der Jurist herrisch. »Wir werden unverzüglich den Besitz antreten. Es würde äußerst hilfreich sein, wenn Sie nach frühestmöglichem Belieben Ihre persönlichen Habseligkeiten zusammentragen und das Anwesen verlassen könnten.«
    Archie hatte sich zwar für diesen Moment gewappnet, dennoch war er fassungslos: Die Schroffheit und Plötzlichkeit der Vertreibung und die Gefühlskälte der hier gezeigten Habgier machten ihn sprachlos. Als er seine Stimme wiedergefunden hatte, sagte er: »Ich habe eine Inventur durchgeführt. Würden Sie gerne –«
    »Danke, aber wir werden unsere eigene Inventur durchführen«, unterbrach ihn der Rechtsanwalt mit schneidender Stimme. »Sie jedenfalls werden das Anwesen spätestens um drei Uhr heute Nachmittag verlassen. Der Gerichtsdiener hier wird erfreut sein, Ihnen dabei zu helfen, Ihre Sachen zusammenzusuchen. Er wird Sie nunmehr begleiten, um sicherzustellen, dass Sie nicht unbeabsichtigterweise einen Gegenstand wegnehmen, der Ihnen nicht gehört und auf den Sie kein Anrecht besitzen.«
    »Ihre Voraussicht ist bewundernswert.« Archie lächelte die neuen Bewohner grimmig an. »Wie müssen Sie sich nach diesem Tag gesehnt haben; wie müssen Sie darum gebeten haben, dass er kommt.«
    »Silencie a sua lingua!« , blaffte die Frau, die über viel portugiesisches Temperament verfügte, das schnell entbrannte. »Sie gehören nicht zur Familie. Sie haben nichts zu sagen.«
    »Gewiss«, stimmte Archie ihr zu. »Ich versichere Ihnen, dass ich nicht den Wunsch verspüre, auch nur einen Augenblick länger als notwendig in Ihrer abscheulichen Gegenwart zu bleiben.«
    »Aber nun ... Sehen Sie her, Sie ...«, sprudelte es aus George Gower heraus. »Sie Schurke!«
    Doch Archie war bereits auf dem Weg zur Tür und ging ohne ein weiteres Wort weg. »Rufen Sie Beachcroft herbei«, sagte er dem Kammerdiener des Earls. »Dann packen Sie Ihre Sachen. Wäre ich an Ihrer Stelle, würde ich ein paar Gedanken für die kommenden Tage aufbringen – wenn Sie wissen, was ich meine.«
    Der Kammerdiener nickte. »Das geschieht bereits, Sir.«
    »Sie dürfen den Rest der Dienerschaft anweisen, das Gleiche zu tun.«
    »Sehr wohl, Sir.«
    Während die neuen Besitzer anfingen, das Silber zusammenzuzählen, ging Archie in seine Räume und begann, seine Sachen einzupacken. Ein paar Minuten später gesellte sich der Gerichtsdiener zu ihm – ein misstrauischer Einfaltspinsel, der darauf bestand, alles zu untersuchen, was Archie in seine Koffer legte.
    »Vielleicht wäre es das Beste, wenn Sie für mich packen würden«, schlug Archie schließlich vor. »Dann könnten Sie Ihren Aufsehern eine exakte Liste von dem geben, was ich mitgenommen habe.«
    »Kümmern Sie sich nicht um meinen Job«, murmelte der Mann. »Machen Sie weiter!«
    Beachcroft, der Anwalt des Earls, kam genau in dem Moment mit einer Kopie von Lord Gowers Testament an, als Archie seine Koffer im Foyer abstellte. Er las in Gegenwart der Erben und ihres Rechtsanwalts die relevanten Teile aus dem Letzten Willen und Testament des Earls vor. Darin wurde ausdrücklich festgelegt, dass Archibald Burley die Erlaubnis erhielt, sich aus der umfangreichen Sammlung exotischer Kunstwerke, die der Earl besaß, fünf beliebige Objekte auszusuchen.
    »Er kann sich absolut jeden Gegenstand nehmen, den er sich wünscht – insgesamt fünf Stück«, hob Walter Beachcroft hervor. »Ohne irgendwelche Einschränkungen.«
    Als Archie kurze Zeit später sehr zur Erleichterung der neuen Eigentümer seinen Abschied nahm, hatte er fünf kleine, verstaubte Antiquitäten bei sich, die von geringfügiger Bedeutung zu sein schienen. Hätten George und Branca den wahren Wert der Gegenstände gekannt, die Archie ausgewählt hatte, hätte sie gleich mehrfach der Schlag getroffen. Doch unter den gegebenen Umständen verlieh

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