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Das Knochenhaus

Das Knochenhaus

Titel: Das Knochenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Lawhead
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benutze sie nur als eine Art Sprungbrett, um von einem Ley zum anderen zu gelangen. Es gibt viele wie diese hier – ich nenne sie unbekannte Welten.« Sie lachte. »Hauptsächlich, weil ich rein gar nichts über sie weiß.«
    »Gibt es Menschen in dieser Gegend?«
    »Ein paar«, antwortete Mina. »Bauern und dergleichen. Gerade dort jenseits dieser Hügel habe ich gesehen, wie sie auf ihren Feldern arbeiteten. Außerdem bin ich ihnen ein-oder zweimal begegnet, als sie Schafe ins Tal getrieben haben. Ich weiß nicht, was für ein Land das hier ist und in welcher Sprache geredet wird. Ich hoffe, dass wir nicht lange genug hierbleiben werden, um das herauszufinden.« Sie wies auf das silberne Wasserband, das sich auf dem breiten Talboden entlangzog. »Der Ley ist genau auf der anderen Seite dieses kleinen Flusses. Sobald wir ihn erreicht haben, sind wir auf unserem Weg.«
    Bald schon raschelten ihre Füße auf dem Weg nach unten durch das Farngestrüpp, das den Abhang bis zum Flussufer bedeckte. Dort angelangt, hielten sie an, um sich zu erfrischen, bevor sie weitergingen und das niedrige Gewässer durchquerten.
    »Da ist es«, sagte Wilhelmina und zeigte auf einen groben Stein, der sich aus der Wiese neben dem Ufer erhob und wie ein Zauberhut geformt war. »An dieser Markierung fängt es an. Ihr werdet die Linie sehen, sobald Ihr auf dem Pfad seid. Er ist nicht sehr lang; deshalb müssen wir im Gleichschritt miteinander gehen und ganz konzentriert sein, wenn wir den Stein erreichen.«
    »Und dieser Ley wird uns nach Schottland bringen?«
    »Tut mir leid, Giles, bedauerlicherweise nicht. Wir müssen noch zwei weitere Sprünge auf uns nehmen, um von hier nach dort zu gelangen.« Aus ihrer Tasche zog sie ein kleines Messingobjekt, das wie ein Flussstein geformt war. Dann drehte sie an einem winzigen Einstellrad und hielt den Gegenstand in Richtung des Markierungssteins.
    Giles schaute Mina zu. Als nichts zu passieren schien, warf sie einen Blick zum Himmel, betrachtete die Wolken und stellte die Position der Sonne fest.
    »Ich schätze, wir müssen noch ein oder zwei Stunden warten, bis der Ley aktiv wird«, verkündete sie und stopfte den kleinen Apparat wieder in die Hosentasche. »Wir könnten uns eigentlich ausruhen und versuchen, ein wenig zu schlafen. Dazu werden wir wohl nur selten Gelegenheit haben, wenn wir erst nach Edinburgh gekommen sind.«
    Sie rasteten eine Weile.
    Als Mina dann erneut das Gerät einsetzte, flimmerte ein winziges blaues Licht auf dem Messinggehäuse. Zufrieden erklärte sie: »Der Ley hat noch nicht seine volle Stärke erreicht, doch er ist nun aktiv.« Sie erklärte, dass sie perfekt aufeinander abgestimmt gehen und – vom Markierungsstein aus – genau beim neunten Schritt den Sprung durchführen müssten. »Das ist sehr wichtig«, betonte Mina. »Wenn Ihr das Gefühl habt, dass es nicht klappt, müsst Ihr sofort anhalten. Geht nicht noch einen weiteren Schritt vorwärts. Wir werden uns an der Hand halten, sodass wir nicht voneinander getrennt werden.« Sie bemerkte den besorgten Gesichtsausdruck ihres Reisegefährten. »Entspannt Euch, Giles. Ich werde Euch nicht verlieren.« Sie streckte ihre Hand aus. »Fertig?«
    »Ja, Mylady.«
    »Also – jetzt geht’s los.«
    Mit langen, bedächtigen Schritten brach Mina zum Stein auf. Giles hatte keine Probleme, sich nach drei oder vier Schritten ihrem Marschrhythmus anzupassen. Als sie den Stein erreichten, begann Wilhelmina die Schritte zu zählen. Zwischen dem fünften und sechsten trübte sich das Licht, als wäre eine Wolke vor die Sonne gezogen. Beim siebten Schritt brauste unvermittelt ein schneidender Wind auf; zwischen dem achten und neunten erhob sich ein kreischendes Heulen, und wie aus dem Nichts peitschte ihnen Regen entgegen. Und dann verschwand der Boden unter ihren Füßen, und sie traten urplötzlich in die Leere.
    Doch nur für einen Augenblick. Im nächsten Moment kamen ihre Füße wieder mit festem Boden in Berührung – ein Aufprall, dessen Erschütterung durch Mark und Bein ging. Giles geriet ins Straucheln, doch Mina hielt ihn aufrecht; gemeinsam gingen sie weiter und traten ins Sonnenlicht eines frischen Herbstmorgens. Die grauen Wolken über ihnen begannen sich zu zerstreuen, während sie auf einen Felsvorsprung gelangten, der sich über einer ausladenden, beeindruckenden Bucht befand.
    Der nächste Sprung brachte sie in eine trockene Wüste, und zwar mitten hinein in einen Sturm. Beißende Winde fegten über eine

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