Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Koenigreich der Luefte

Das Koenigreich der Luefte

Titel: Das Koenigreich der Luefte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Hunt
Vom Netzwerk:
tanzende Kometenschweife formen und sich in das Lagerfeuer hüllen konnten wie in Seide, wenn sie leichtfüßig und schwerkraftlos durch das Gras sprangen. Ihre Gesichter waren so perfekt, ihre Körper so geschmeidig, dass schon ihr Anblick allein das Herz schneller schlagen ließ. Harry hatte ihn bereits vor den Wandervolk-Frauen gewarnt und ihn darauf aufmerksam gemacht, jede Verbindung würde unweigerlich dazu führen, dass ihm entweder ein eifersüchtiger Liebhaber eine Klinge in den Bauch rammte oder dass man ihn zu einer überstürzten Hochzeit zwang. Oliver bezweifelte ohnehin, dass er den Mut gehabt hätte, eine von ihnen anzusprechen. Die wenigen Male, die er versucht hatte, Interesse an Mädchen aus Hundred Locks zu zeigen, hatten sie ihn ausgelacht, und Angst und Mitleid stand auf ihren Gesichtern geschrieben. Der Schmähruf »Irrnebler, Irrnebler«, der ihm von seinen Altersgenossen entgegengeschallt war, wenn er ihnen in der Stadt begegnete, hallte noch immer in ihm nach, ebenso wie das halblaute Gekicher, wenn er an Mädchen seines Alters vorüberging. Er polierte die Waffe mit noch mehr Energie. So etwas würde ihm in Zukunft nicht mehr passieren. Nie wieder.
    Unter dem Schatten eines Baumes zerteilte Dampfhieb bei seinen Kampfübungen die Luft, schwang die Arme und duckte sich in einem langsamen Tanz, während der Sonnenuntergang den Himmel rot färbte.
    Oliver seufzte. »Wieso bist du mit uns gekommen, Ritter?«
    Eigentlich hatte Oliver diese Frage rhetorisch gemeint, und daher überraschte es ihn, als die Sprechvorrichtung in Lord Drahtbrands Lauf bebte, als die Waffe antwortete: »Weil es erforderlich war.«
    Oliver nahm einen sauberen Lappen zur Hand. »Du scheinst einer der wenigen zu sein, der das glaubt. Sein eigener Kommandant wollte ihn lieber in den Tiefen Mechanzias begraben sehen.«
    »Meister Säge hat niemals Angst geschmeckt und versteht daher das Verbrechen dieses Ritters nicht.«
    »Dampfhieb hat Angst kennengelernt?«
    »Dampfhieb hat etwas gegenübergestanden, an das sich kein anderer Dampfmann wagte. Im verderbten Herzen von Liongeli gibt es ein Volk, das mit unserer Rasse verwandt ist – die Siltempter. Sie ernähren sich von der Lebenskraft unserer Seelenplatinen, trinken unser Öl, reißen die Kristallteile aus unseren Brustgeräten, um sie bei ihren perversen Riten als Halsketten zu tragen, und denken sich nichts dabei. Sind die Stutzen meines Laufs warm?«
    »Sie kühlen ab, wenn ich diese schwarze Flüssigkeit abwische«, sagte Oliver.
    »Dampfhieb war im Herzen dieser Dunkelheit und stellte sich einer Herausforderung, die kein Verstand erfassen kann, ohne für die Ewigkeit aus der Form zu geraten. Meister Säge hat die Angst nicht kennengelernt, aber Meister Säge hat an der Grenze des Freistaats auch nur craynarbische Stammesbrüder und quatershiftische Regimenter gegen sich gehabt. Er hat keine Ahnung. Deswegen habe ich diesen Ritter gewählt.«
    »Wenn du das verstehst«, überlegte Oliver laut, »dann hast auch du die Angst kennengelernt?«
    »Ich verstehe es.«
    Oliver musterte die hässliche schwarze Waffe auf seinem Schoß, die selbst in der Waagerechten immer noch unangenehm schwer wog. »Was im Namen des Zirkels fürchtest du, Lord Drahtbrand?«
    »Ich fürchte mich vor dem, was ich tun muss, junger Weichkörper. Und ich fürchte, dass es mir eines Tages Spaß machen wird.«

18
     

     
     
     
    »Was hat dein Analysegerät herausgefunden, Aliquot?«, fragte Nickleby.
    »Sind es meine Eltern?«, fragte Molly. »Haben Sie ihre Identität entdeckt?«
    »Dazu ist leider keine Blutmaschine ausgefeilt genug«, sagte Kupferspur. »Obwohl, rein theoretisch könnte ich mit einigen Änderungen sicherlich … aber ich schweife ab. Sieh es dir selbst an, Molly Weichkörper. Lege dein Auge einmal auf dieses Vergrößerungsglas.«
    Molly steckte ihren Kopf unter die Gummiverkleidung an der Vorderseite der Maschine und sah durch kaltes Glas auf einen rosafarbenen Fluss, in dem kleine Gestalten schwammen – zerbrechliche, gallertartige Dinge, die sich in der Flüssigkeit bewegten. »Das ist mein Blut?«
    »Ja«, sagte Kupferspur. »Die Gasverdichtung dient als starke Linse und vergrößert deine Systemsäfte um das Tausendfache. Was du unter dem Glas hier siehst, sind die Lebeküle, die deine biologische Kooperative stellen.«
    »Es sieht – komisch aus. Wie ein Fluss voller Fische und Aale.«
    »Voller anderer Dinge, junger Weichkörper. Voller Antworten. Sieh her!«

Weitere Kostenlose Bücher