Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Koenigreich der Luefte

Das Koenigreich der Luefte

Titel: Das Koenigreich der Luefte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Hunt
Vom Netzwerk:
in den Elendsvierteln der Stadt, zwischen Kanälen und menschlichem Abschaum.«
    »Aber Sie haben doch einen Titel …«, begann Molly.
    Fairborn lachte. »O Molly, die erfolgreichsten Huren von ganz Middlesteel findest du direkt im Haus der Hüter. Damit ist mein Titel einer der billigsten, die je in Jackals gehandelt wurden.«
    Molly schien ihren eigenen Gedanken nachzuhängen.
    »Bei deiner Erziehung in diesem Haus, Molly, geht es nicht nur um Fakten oder darum, wo auf dem Esstisch der Suppenlöffel zu liegen hat. Es geht darum, die Welt so zu sehen, wie sie ist. Die Schleier der Heuchelei und der Lügen beiseitezuziehen, die wir uns selbst den ganzen Tag über erzählen. Glaubst du immer noch, dass es ekelhaft sein wird, hier zu arbeiten? Bitte antworte ganz ehrlich …«
    Molly nickte.
    »Das liegt daran, dass man dir ein Netz von Lügen erzählt hat, um dich in Ketten zu legen, Molly. Um dafür zu sorgen, dass du niemals deinen Platz als unterwürfige Frau und gehorsame Arbeiterin hinterfragst. Deine Schönheit, deine raue Anziehungskraft auf Männer ist eine Waffe. Nutze sie gut, und dann kannst du so viel erreichen, wie auch ich geschafft habe. Manche wollen den Eindruck entstehen lassen, ich sei ein Opfer, Molly. Aber wenn die Kunden durch meine Tür gehen, sind sie nichts anderes als Schafe, die bei mir ihr Fell und ihren Reichtum lassen müssen. Die Geschäfte, die wir hier tätigen, sind wirtschaftlich von ebenso großer Bedeutung wie jene, die bei einem gesellschaftlichen Ereignis oder vor einem zirklistischen Altar abgeschlossen werden.
    Die genialen Schreiber von der Dock Street verschaffen sich vielleicht selbst ein kleines Kribbeln, in dem sie in den Groschenheften von mir als der Königin der Huren berichten, aber der einzige Unterschied zwischen mir und der Tochter eines Kaufmanns, die auf einem Debütantinnenball verschachert wird, ist die Tatsache, dass ich meinen Preis selbst festsetzen kann.« Die Lady beugte sich vor und küsste Molly, und ihre Zunge stieß sanft gegen die des Mädchens. »Und anders als diese respektablen verheirateten Frauen von Middlesteel habe ich wesentlich mehr Möglichkeiten, ein und dasselbe Geschäft mehrmals abzuschließen.«
    »Aber was ist mit Liebe?«, fragte Molly.
    »Das ist die größte Lüge von allen«, gab Fairborn zurück. »Ein biologischer Kitzel, der dir sagt, es sei Zeit, kleine Kopien deiner selbst hervorzubringen. Deinen Körper zu schwächen und deine Schönheit zu verschwenden. Vertrau mir, was das angeht: Wenn es je einen schönen Prinzen gab, der mit seinem Pferd auf uns gewartet hat, dann ist er irgendwo mal falsch abgebogen. Liebe ist wie Wintergrippe, Molly. Mit dem Wechsel der Jahreszeiten verschwindet auch sie. Es wäre besser, wenn du lerntest, sie zu beherrschen, zu verpacken, einen Preis daran zu kleben und daraus eine Zukunft für dich aufzubauen.«
    Schließlich war der Tag gekommen, an dem Molly ihrem ersten Kunden präsentiert werden sollte. Ein Ausbildungsgast, wie man es beschönigend nannte, der es ihr ein wenig erleichtern sollte, ein Freudenmädchen zu werden, das der Hauptstadt alle Ehre machte. Justine saß hinter Molly auf dem roten Samtbett und kämmte ihr das Haar.
    »Du musst dir keine Sorgen machen, Molly. Ich habe deinen Kerl schon mal gesehen, und er ist ein ordentlicher Gentleman, elegant wie ein Dandy und auch ziemlich alt – sein Bart ist so silbern wie dieser Kamm hier.«
    Mollys Stimme triefte vor Sarkasmus. »Mach ihn mir doch noch ein bisschen schmackhafter.«
    »Keiner unserer üblichen Kunden, aber er muss bestens empfohlen worden sein, damit die Wahl auf ihn gefallen ist. Davon abgesehen sind die Alten immer die Besten fürs Bett. Die machen es immer nur ein paar Minuten.«
    Molly schüttelte den Kopf, »Ich kann das nicht.«
    »Du hast keine Wahl, Molly. Wenn du jetzt kneifst, wirst du zu Arbeiten im Haus eingeteilt, bis du mal die Treppe runterfällst oder von einem umstürzenden Schrank erschlagen wirst. Du kommst hier nur raus, wenn du deinen Vertrag ablöst.« Das Mädchen gab Molly ein kleines Stück grüner Kaumasse. »Kau das, dann merkst du nicht so viel.«
    Molly knabberte misstrauisch an dem Würfel. Er schmeckte fast nach gar nichts und hatte die Struktur von nassem Ton. »Was ist das?«
    »Bla-hatt«, sagte Justine.
    Molly verschluckte sich beinahe. »Das muss ja so viel gekostet haben wie das Lösegeld für einen Hüter!«
    »Siebzig Sovereigns die Unze und den Galgen, wenn man damit erwischt

Weitere Kostenlose Bücher