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Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman

Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman

Titel: Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Hunt
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mit der Hand versuchte sie ein unsichtbares Ding zu greifen, das sich irgendwo vor ihr befinden musste. Zufrieden gab Bull ihr einen Tritt mit seinen bleiverstärkten Schuhen, so dass sie bewusstlos zusammensank. Lachend packte er dann Amelia am Kragen und zog sie in den Geschützturm; seine Taucher marschierten vor ihm her und gaben den halluzinierenden Besatzungsmitgliedern des Tauchboots einen kleinen Vorgeschmack auf ihre Kondensatoren, um den Weg freizumachen.
    Verdammter Zirkel, es war herrlich, wieder im Sklavengeschäft zu sein.

9

    C ornelius zog tatsächlich die Blicke der anderen Gäste auf sich, die auf den Weg zum großen Haus einbogen, aber er tat das aus den völlig falschen Gründen. Während alle Übrigen in eleganten pferdelosen Kutschen eintrafen, in handgefertigten Kupferwagen, die im Mondlicht glänzten, oder in opulent mit Leder ausgeschlagenen Vierspännern, die von gut gestriegelten Pferden gezogen wurden, saß er in einer staubigen Postkutsche. Sein frei erfundenes Wappen war auf beide Türen gemalt worden, aber das war das einzige Zugeständnis, das dem uralten Fahrzeug aufgezwungen worden war. Er hatte sogar den ursprünglichen, an ein Schiff gemahnenden Namen hinten an der Rückseite stehen lassen: Hüter Fleetwood.
    Die Tatsache, dass Septimoth die Zügel hielt, machte die Sache auch nicht gerade besser. Der Laschlit hockte auf einem Sitz, der ursprünglich dafür gedacht gewesen war, sowohl einem Fahrer als auch einem Leibwächter mit Donnerbüchse Platz zu bieten. Die Stufe, auf der hinten am Wagen ein Dienstmann hätte stehen können, war leer. Die Hüter Fleetwood stand normalerweise
in dem Stall, den Cornelius sich am Ufer des Gambleflowers gegenüber von Dolorous Hall gemietet hatte, und sie bildete die ideale Ergänzung zu dem Gesicht, das er diesen Abend trug. Es war beinahe sein eigenes, nur leicht abgewandelt – mit einem Hauch überspanntem Exzentriker versehen und nach den Zügen eines verrückten, aber sehr reichen Komponisten modelliert, den Cornelius vor Jahren in Middlesteel ausgeraubt hatte. Es entsprach genau der Vorstellung, die man allgemein von einem Einsiedler hatte, und es hatte immer seine Vorteile, wenn man dem Publikum genau das gab, was es erwartete.
    Die pferdelose Kutsche vor ihm hatte nun endlich ihre Passagiere ausgespuckt und fuhr mit summendem Hochspannungsräderwerk davon. Cornelius stieg vor dem Eingang des Herrenhauses aus, ohne darauf zu warten, dass Septimoth vom Kutschbock kletterte und ihm die Tür öffnete, so wie es sich gehört hätte. »Und jetzt ab mit dir«, rief Cornelius zu Septimoth hinüber. »Warte am Hintereingang mit den anderen, und es wird nicht durch die Gegend geflogen, verstanden?«
    »Wie Sie befehlen, Sir«, antwortete Septimoth. Mit einem Peitschenknall trabten die vier Pferde davon, und Cornelius zupfte seinen Mantel zurecht. Dann sah er zum Herrenhaus hinauf.
    Er war, so wie es schien, nicht der Einzige, der seine exzentrische Natur geschickt ins rechte Licht rückte. Whittington Manor war früher einmal als Fort Whittington bekannt gewesen, eine hässliche, geduckte Burg
mit dicken Mauern, die während des Bürgerkriegs gebaut und mit den Kanonen des Parlaments bestückt worden war, die von der strategisch gut gelegenen Anhöhe über die Hügel nach Westen blickten. Abraham Quest hatte das abgewirtschaftete, halb verfallene Anwesen gekauft und ein kleines Vermögen dafür ausgegeben, die ungeschlachten Mauern mit der Fassade einer eleganten Villa zu versehen. Das Herrenhaus lag so weit von der Stadt entfernt, dass die auf ihren Stand bedachten feinen Leute nie behauptet hätten, dass es noch zum Stadtgebiet gehörte, aber dennoch kamen sie alle hierher und reihten ihre teuren Räderwerk-Kutschen in der Schlange vor seiner Auffahrt ein – angezogen von der hell leuchtenden Flamme von Quests Genie und von dem enormen Vermögen, das er angehäuft hatte.
    An der geöffneten Tür warf der rotbefrackte Majordomus Cornelius einen fragenden Blick zu, als jener die cremefarbene Einladungskarte vorzeigte. Es war die Aufgabe des Bediensteten, alle Hochwohlgeborenen Middlesteels von Angesicht zu kennen und sie wie lange verloren geglaubte Familienmitglieder zu begrüßen. Wie konnte es sein, dass da jemand mit einer Einladung vor ihm stand, den er noch nie zuvor gesehen hatte? Dann las er den Namen, der in wunderschön geschwungener Schrift auf der Karte stand. Cornelius Fortune! Die Augen des Majordomus weiteten sich ein wenig, und

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