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Das Königsmädchen

Das Königsmädchen

Titel: Das Königsmädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Fussel
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jemanden am Boden liegen. Eine Blutlache hatte sich um diese Person gezogen, die eine Auserwählte oder eine Jungfer sein musste, denn sie trug ein weißes Kleid.« Atira atmete schwer. »Als ich näher herantrat, erkannte ich, dass es sich um Nana, deine Mutter, handelte.«
    Ich zuckte unweigerlich zusammen und hielt die Luft an, obwohl ich wusste, dass die Vision so nie eingetreten war. Atira hatte es damals geschafft, dass es nicht passiert war. Aber wer wollte meine Mutter töten?
    »Was war passiert?«
    Sie machte eine lange Pause und in ihrem Gesicht spielten sich die Regungen ab, die sie damals empfunden hatte.
    »Ich erkannte durch den Blumenschmuck um ihre Hand, dass sie gerade zur Obersten gemacht wurde. Sie wurde auserwählt, Urticas Frau zu werden. Ich sah das Messer, dass sie noch immer fest umklammerte. ›Niemals wird er mich bekommen‹ hatte sie gesagt. Sie wollte ihn nicht heiraten, Lilia. Eine Auserwählte zu sein ist nicht freiwillig, doch in Nanas Fall war es eine Qual, denn Urticas war ein Monstrum. Er hatte keinen Respekt vor Frauen und benutzte sie nur, um seine Lust zu befriedigen. Er wollte Nana von Anfang an, weil sie so schön war und noch so jung, unberührt. Doch sie wollte lieber sterben, als mit ihm verheiratet zu sein.«
    Ich nickte. »Wie hast du es geschafft, die Zukunft zu verändern?«
    »Als ich mich von dem Stein löste, war mir klar, dass Urticas und Nana auf keinen Fall heiraten durften. Ich mochte sie sehr und würde alles versuchen, um es zu verhindern. Es war einfacher, als gedacht. Ich hatte zuerst abgewartet, ob er Nana vielleicht nach Hause schickte. Nach jeder Deligo verließen uns mehr Mädchen. Mir war klar, dass er sie wählen würde und die Vision somit in Erfüllung gehen würde. Ich musste also handeln. Kurz bevor er die finale Entscheidung traf, ließ ich ihm die Nachricht zukommen, dass Nana ihr Herz an einen anderen verloren hatte. Er malte sich aus, dass Nana eine Liebesbeziehung zu einem Dorfbewohner hatte. Damit war sie für ihn uninteressant. Er wollte sie nicht mehr haben, er begehrte nichts, das jemand anderem gehörte. Um sie zu bestrafen, verschenkte er sie an seinen obersten Hauptmann.«
    »Meinen Vater.« Atira nickte.
    »So hatte er die vermeintliche Liebesbeziehung in seinen Augen zerstört und sich gebührend an ihr gerächt.«
    Ich musste grinsen. »Das ist ja perfekt, Atira. Den Dorfbewohner hatte es nie gegeben, oder?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Deine Mutter war ein Königsmädchen! Nie hätte sie die Regeln gebrochen. Aber sie wollte auch nicht mit ihnen leben.«
    »Ich fürchte nur, dass wir bei meiner Vision keine so einfache Lösung finden werden.«
    Sie stand auf.
    »Ich würde zu gerne wissen, was ich sehen würde.«
    Würde sie Briar sehen können? Wie er von den Amaren getötet wurde? Ich stand ebenfalls auf und stellte mich neben sie, als sie ihre Hand auf den Stein legte.
    Ihre Haut begann zu strahlen, es sah aus, als würde sie von innen heraus leuchten. Ihre Augen waren geschlossen und ihre Haare flogen um ihren Kopf. Die einzelnen Lagen ihres Kleides flatterten um ihren Körper. Das war es bestimmt, was das Gefühl auslöste, zu schweben. Auf ihrem Gesicht spiegelten sich die Emotionen, die sie während ihrer Vision fühlte, doch ich konnte nichts darin lesen.
    Nach einer schier endlosen Zeit fielen Atiras Haare wieder auf ihre Schultern und das Strahlen ihrer Haut ließ nach. Ich war beeindruckt davon, wie sie es steuern konnte, denn ich hatte mich komplett in der Vision verloren und keinen Weg in die Realität zurückgefunden. Für mich war die Vision zur Realität geworden.
    Als sie die Augen wieder öffnete, sah sie besorgt aus.
    »Und, was hast du gesehen?«
    »Du hast gesagt, dass du am Fluss warst und sie dort gesehen hast, nicht wahr?«
    Ich nickte.
    »Meine Visionen finden immer nur am Tempel statt, aber ich konnte nichts sehen. Ich konnte nichts feststellen, was unser Volk oder den Tempel hier bedrohen würde.«
    »Vielleicht bedeutet es, dass sie gar nicht bis hier vordringen können?«, überlegte Atira laut.
    »Oder es bedeutet, dass wir sie bereits im Wald oder im Dorf besiegen.«
    Wie dem auch sei, ein Kampf stand uns bevor.
    Atira hatte natürlich eingewilligt, dass das Fest vorgezogen wurde.
    Ich hatte den ganzen gestrigen Tag über an meinem Tanz gearbeitet, wenn ich auch lieber bei Atira in der Kapelle gewesen wäre.
    Sie hatte vorgeschlagen, dass ich den Stein heute noch einmal berühren sollte, um vielleicht

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