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Das Königsmal

Das Königsmal

Titel: Das Königsmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Burseg
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Herrn über die Ostsee machen, damit er, der Löwe aus Mitternacht, den unterdrückten Protestanten in Deutschland zu Hilfe kommen kann.“
    Wir verstanden, wie wichtig ein ruhiges Norddeutschland für die Politik des Kaisers war. Und wir beteten, dass der König noch lange mit seinen Verhandlungen beschäftigt sein möge, sodass er keinen Gedanken an unser Schicksal verschwendete. Wiebke und ich kümmerten uns um die Kinder, wir gaben ihnen unsere Liebe und versuchten, sie das Fehlen der Mutter vergessen zu lassen. Es war seltsam: Die Gräfin hatte sich nie um das Wohl ihrer Kinder gesorgt, trotzdem fragten die Kleinen nach ihr. Ihre Gestalt schien ihnen zu fehlen, wie ein Baustein ihrer vertrauten Welt, und für viele Wochen waren sie verstört und traurig.
    „Wann kommt sie zurück?“, fragten sie wieder und wieder, und Wiebke erfand immer neue Antworten.
    „Wenn der erste Schnee fällt, schickt sie euch Küsse“, sagte sie. „Wenn die Birken blühen, denkt sie an euch.“
    Irgendwann verstummten die Kinder, und ihr Schweigen brach uns das Herz.
    Der Krieg verlagerte sich inzwischen von den Schlachtfeldern in die Stuben der Diplomaten und Kanzleien der Regenten. Für Ferdinand II., der endlich die Wahl seines Sohns zum römischen König durchsetzen und die deutschen Fürsten auf spanischen Druck hin in einen Krieg gegen die Holländer drängen wollte, war ein Frieden mit König Christian wichtig. Dann, so plante er, hätte er freie Hand in Deutschland und könnte endlich die Folgen der elenden Reformation beseitigen.
    Später erfuhren wir, dass der Kaiser einen Entwurf seines Restitutionsediktes an Maximilian von Bayern und Johann Georg von Sachsen gesandt hatte. Die Kurfürsten waren entsetzt.
    „Sie verlangen einen Reichstag, um über die Angelegenheit zu beraten“, meldete von Tillmanns dem König in einem seiner Briefe, die fast täglich auf dem Gut eintrafen. „Der Kaiser hat jedoch erklärt, dass die Wunden der Kirche nicht warten könnten, bis ein Reichstag sie heilen würde. Er wird dem wehrlosen Deutschland sein Edikt verkünden und den Augsburger Frieden aufheben.“
    Und so geschah es. Die Folgen für das Reich waren schrecklich.
    „Der Erlass erfordert neue Grenzen in ganz Nord- und Mitteldeutschland“, stöhnte der König auf, als er davon erfuhr. „Alle Karten müssen neu gezeichnet werden, hunderte Klöster, Konvente und zahlreiche Bistümer sind betroffen. Fürsten, die durch ihre Aneignung von kirchlichem Besitz reich geworden sind, sinken wieder auf die Stufe des niederen Adels herab. Die Rückkehr zum alten Stand bedeutet die Aufhebung von Besitzrechten, die über drei Generationen Bestand hatten, die Vertreibung von Adligen von ihren Ländern und von Bürgern aus vielen freien Städten.“
    König Christian, der dieses Unheil von Deutschland nicht hatte abwenden können, zwang sich, an nichts anderes zu denken als an das Wohl Dänemarks. Wenig später, am 7. Juni anno 1629, unterzeichnete er mit fester Hand den Lübecker Frieden. Seine Majestät hatte erfolgreich verhandelt, und so musste er sich zwar aus Deutschland zurückziehen, auf alle Rechte an den deutschen Bistümern verzichten, und er durfte sich nicht mehr in die Angelegenheiten des Reichs einmischen. Dänemark selbst jedoch blieb unbeschadet.
    Auch der Kaiser konnte zufrieden sein. Er hatte sich mit König Christian eines hartnäckigen Feindes entledigt und der protestantischen Seite einen ordentlichen Schlag versetzt. Die katholische Seite jubelte, und die Boten berichteten, dass Ferdinand II. in Wien zu einem festlichen Bankett geladen hatte. Wallenstein selbst war den Feierlichkeiten ferngeblieben, doch er fühlte sich wohl wie der eigentliche Sieger.
    „Mit seinen erfolgreichen Friedensverhandlungen hat er ein Zeichen gesetzt“, schrieb von Tillmanns, „und allen Widersachern getrotzt. Manche glauben, er sei endgültig zum heimlichen Kaiser emporgestiegen – zum Herrn über Krieg und Frieden.“
    Für Dänemark selbst war eins der dunkelsten Kapitel seiner langen Geschichte beendet. Das Land atmete auf und richtete seine Gedanken auf das eigene Wohl. Die Dänen blickten nach vorn, in eine bessere Zukunft.
    König Christian war nach Kopenhagen zurückgekehrt, und in seinen Kabinetten und Schreibstuben plante er Herrliches für seine Dänen. Eine Entschuldigung für das Elend des Krieges. Und während die Tauben über die Kupferdächer seiner Paläste trippelten, die Stadt in ihrem täglichen Rhythmus lärmte, lud er

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