Das Königsmal
hinabgestiegen, vielleicht hätte sich ihr Hass auf meine geliebte Wiebke in eine tödliche Waffe verwandelt.
Trotzdem stand Wiebke der Gräfin bei, als man über die Schwere ihrer Tat und ihre Strafe beratschlagte.
„Sie hat dir nicht nach dem Leben getrachtet, Christian“, verteidigte sie ihre Widersacherin. „Mit der Verbannung nach Laesø war sie bereits gestraft. Und wenn du sie jetzt wieder verbannst, wird ihre Seele nie zur Ruhe kommen. Ihr Hass wird unsere Liebe immer verfolgen.“
Tatsächlich war der schreckliche Plan der Gräfin in jeder Hinsicht gescheitert. Statt dem König wieder näherzukommen, hatte sie die Distanz nur noch vergrößert. Nach schlaflosen Nächten entschied sich der König dafür, Kirsten Munk unter Hausarrest zu stellen. Sie wurde auf ein Gut nach Jütland geschickt, wo Wa- chen dafür sorgen sollten, dass sie den Landsitz nicht verlassen konnte.
„Über die ewige Verdammnis ihrer Seele haben wir nicht zu entscheiden“, befand der König, der beschlossen hatte, von nun an nie wieder an Kirsten Munk zu denken. Der Alchemist, der das Elixier hergestellt hatte, war in Hamburg aufgespürt und verhaftet worden. Doch Heinrich Becker, den die Tagebuchaufzeichnungen der Gräfin belasteten, starb noch in der Untersuchungshaft, bevor ihm der Prozess gemacht werden konnte.
So endete der Sommer wenig glücklich, und auch die folgenden Monate brachten uns keine besseren Nachrichten. Anfang September griffen Gustav Adolfs Truppen das Heer Wallensteins vor Nürnberg an. Sie suchten die offene Feldschlacht, nachdem es so aussah, als würden die Kaiserlichen das Lager räumen. Die Boten berichteten von erbarmungslosen Kämpfen. Ein Hauen und Stechen für wenige Meter Boden, Berg und Wald wären nichts als Feuer und Rauch gewesen. Am Ende scheiterten die Schweden und mussten sich wieder hinter die Nürnberger Mauern zurückziehen.
Zwei Monate später kam es bei Lützen zur entscheidenden Schlacht zwischen Wallenstein und Gustav Adolf, in der das Schicksal nun auch den von vielen als unsterblich gefeierten Schwedenkönig traf – er fiel. Sein Page und nach ihm die Flugblätter berichteten, ein Schuss in den Rücken hätte ihn schwer verletzt. Ein Degenstoß in die Brust hatte ihn dann vom Pferd stürzen lassen, bevor ein weiterer Schuss in die Schläfe seinem Leben endgültig ein Ende setzte.
Das ganze protestantische Europa trauerte. Der grausame Tod des Löwen beendete alle Hoffnungen auf einen Sieg unserer Truppen. Die Schweden weinten um ihren großen König, und viele verehrten Gustav Adolf nun wie einen Heiligen. Immer wieder kursierten Gerüchte um ein Mordkomplott durch die Länder. Allein die katholische Seite, Kaiser und Papst, gratulierten dem Friedländer zu seinem Sieg.
König Christian und selbst Wiebke, die doch größte Hoffnungen auf den Schweden gesetzt hatte, nahmen die Nachricht gefasst auf.
„Er war ein großer Kämpfer und mutiger Streiter unserer Sache“, sagte Seine Majestät. „Doch sein Traum blieb unerfüllbar. Vor einigen Jahren noch hätten wir als Verbündete den kaiserlichen Vormarsch aufhalten und die deutsche Libertät retten können. Jetzt war es wohl zu spät, und auch Gustav Adolf hinterlässt nichts als Tod und Trauer.“
Der Krieg dauerte jetzt vierzehn Jahre, und ich konnte mich kaum noch an Friedenszeiten erinnern. Sollte auch diese Schlacht wieder nur neue Kämpfe nach sich ziehen? Für einen Moment schien es, als seien alle Seiten müde. Wallenstein hatte sich direkt nach dem Sieg nach Böhmen zurückgezogen, um seinen guten Willen zu zeigen. Auch König Christian erbot sich, einen Frieden im Reich zu vermitteln. Doch der schwedische Kanzler Oxenstierna, der die Regierungsgeschäfte nun für die junge Königin Christina führte, wollte einen Frieden unter dänischem Diktat um jeden Preis verhindern. Wieder zerstritten sich die protestantischen Parteien, während das Deutsche Reich einen weiteren Winter in der Hand von Hunger, Pest und Verzweiflung erlebte.
Im Frühjahr anno 1633 zog es König Christian zurück nach Kopenhagen. Er wollte seine Macht im Norden weiter festigen und die Stellung Dänemarks am Sund verteidigen, nun, da er die Schweden durch den Tod ihres großen Königs geschwächt sah.
Wiebke folgte ihm und brachte dort ihre Tochter Elisabeth Sophie zur Welt, ein innig ersehntes Kind und doch – wie auch ihr Bruder – im falschen Bett geboren.
Dennoch war König Christian so glücklich, als wäre ihm ein Thronfolger geboren
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