Das Königsmal
unschuldige Gegenspielerin. Wie war sie ihr nur auf die Spur gekommen? Und wie hatten Christian und seine Männer sie hier unten gefunden? Sekunden bevor sie das verdammte Weib für immer …
„Was tust du hier?“ Christian sah sie scharf an. „Und was soll diese lächerliche Maskerade?“
Sie gab ihren Versuch, dem Soldaten schmerzhafte Tritte zu verpassen, auf. Ich muss meine ganze Kraft auf meine Verteidigung konzentrieren, wusste sie plötzlich. Mein Schicksal hängt von meinen Worten ab.
„Ich bin gekommen, dich zu warnen“, sagte sie laut.
„Ach.“
Christian verzog spöttisch den Mund, und sie fand, dass er besser aussah als während ihrer gemeinsamen Zeit. Jünger. Entschlossener. Sie lächelte verführerisch.
„Die Metze in deinen Armen bedient sich teuflischer Mächte.“
Wiebke, die sich an Christian geschmiegt hatte, lachte auf. Christian legte einen Finger auf ihre Lippen.
„Sprich weiter, aber du musst zugeben, dass dein Auftritt wenig überzeugend ist. Wie konntest du es wagen, die Insel ohne meine Erlaubnis zu verlassen?“
„Ich habe doch schon gesagt, dass ich dich warnen muss. Ich wollte einen günstigen Moment abpassen, um dir eine Botschaft zukommen zu lassen. Hier unten wollte ich sie einem deiner Diener zustecken.“
„Das ist absurd.“
„Christian, beim Leben unserer Kinder, hör mir zu.“
„Lass die Kinder aus dem Spiel.“
„Hier, ich beweise es dir, wenn ich meine Hände bewegen kann.“
Christian zögerte, dann nickte er dem Offizier zu. Sie spürte, wie sich der Griff in ihrem Rücken lockerte. Langsam griff sie in eine Tasche ihres Rocks und zog zwei Steine hervor.
„Die Steine.“ Wiebke schrie überrascht auf.
„Was sind das für Steine?“ Christian blickte fragend von einer Frau zur anderen.
„Ich habe sie von einer Zigeunerin bekommen, um dich zu retten“, antwortete Wiebke, noch bevor Kirsten den Mund aufmachen konnte.
Deshalb versuchte sie sie zu übertönen: „Sie hat dich verhext. Siehst du die fremden Zeichen auf den Steinen? Das sind Zauberformeln. Liebesformeln. Sie liebt nicht dich, sie liebt nur ihre Macht über den König.“
„Christian, ich bitte dich, hör mir zu“, hielt Wiebke dagegen. „Mithilfe dieser Steine und einem Kräutertrank habe ich dich damals in Hameln aus deiner Bewusstlosigkeit geholt. Eine weise Frau hatte sie mir für dich gegeben.“
„Warum hast du sie mir nie gezeigt?“
„Sie waren verschwunden. Die Gräfin muss sie gefunden und an sich genommen haben, wahrscheinlich, um sie eines Tages gegen mich verwenden zu können. Und dieser Tag ist heute gekommen. Bitte vertrau mir, ich werde dir alles erklären. Und ich bin mir sicher, dass die Gräfin dich vergiften wollte. Warum sonst sollte sie sich in deinen Weinkeller schleichen?“
„Du kannst dieser Bauerndirne nicht vertrauen, Christian. Hast du dich nie gefragt, warum du sie wolltest? Eine Wäscherin, ich bitte dich. Der Teufel persönlich hat sie dir ins Bett gelegt“, keifte Kirsten, und ihre Stimme überschlug sich.
„Halt den Mund.“ Christian funkelte sie zornig an. Dann wandte er sich zu Wiebke: „Ich vertraue dir, Engel. Du musst dich nicht erklären.“
Die Gräfin wollte protestieren, Schlechtigkeiten gegen Wiebke schleudern, aber Christian machte eine schnelle Handbewegung, und im nächsten Moment legte sich die Hand des Soldaten über ihren Mund.
„Lasst uns diesen Ort verlassen“, sagte Christian. „Ich bin mir sicher, dass wir alles, was geschehen ist, ans Licht bringen werden.“
Johanna von Krabbe, erste Hofdame am Hof Christians IV.: Aus ihren geheimen Aufzeichnungen
Das Leben zwingt mich dazu, weiterzumachen, pflegte Seine Majestät zu sagen, wenn schlechte Nachrichten sich türmten und Lästiges ihn wie Fliegen umschwärmte. Die Untersuchungen gegen die Gräfin führen zu müssen, setzte ihm zu. In ihrem Sumpf zu rühren, widerte ihn an, und gleichzeitig ängstigte es ihn, erkennen zu müssen, wie boshaft sie war. „Ich habe sie doch einmal geliebt“, schüttelte er den Kopf, fassungslos, wenn sich ein weiterer Abgrund vor ihm auftat.
Nach langen Verhören, Zeugenaussagen und einem halbherzigen Geständnis der Gräfin, die sich schließlich nicht mehr anders zu helfen wusste und um ihr Leben fürchtete, war es nicht mehr zu leugnen: Kirsten Munk hatte den König vergiften wollen – mit einer Essenz ihrer Liebe. Und wäre Seine Majestät nicht, einer geheimnisvollen Stimme folgend, an jenem Tag in den Weinkeller
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