Das Königsmal
konnten unsere Vorfahren damit kämpfen?“
An die Stelle der schweren Panzer waren inzwischen leicht gepanzerte Waffenröcke und offene Helme getreten. Christian selbst trug im Feld über dem ledernen Wams einen wundervoll verzierten, gepanzerten Rock, mit dem er sich im Kampf wesentlich freier bewegen konnte. So konnte er nicht nur viel geschickter fechten, sondern auch den scharfen Hieben des Feindes besser ausweichen. Die leichtere Ausrüstung belastete zudem die Kondition der Männer deutlich weniger, sodass sie länger kämpfen konnten.
„Die Verwechslungsgefahr in der Schlacht hat endlich abgenommen“, bestätigte Buchwald nickend.
Die alten Rüstungen, die den gesamten Körper und das Gesicht des Soldaten bedeckten, hatten im Kampfgetümmel oft für tödliche Verwirrung gesorgt. Viele Soldaten waren – erstaunt und ungläubig im Augenblick des Todes – durch einen Hieb der eigenen Männer gefallen.
„Aber noch wichtiger war die Erfindung des Schießpulvers.“ Buchwald hat Recht, dachte Christian. Mit dem Schießpulver hatten auch die Kanonen ihren Siegeszug auf den Schlachtfeldern angetreten. Diese brachten es mit ihren gusseisernen Kugeln auf kaum vorstellbare Reichweiten von bis zu einer halben Meile. Ihrer gewaltigen Durchschlagskraft hatten die alten, mittelalterlichen Burgen kaum etwas entgegenzusetzen. Einzig ausgeklügelte Bastionen aus Erdwällen, die selbst Geschütze und reichlich Schussfeld vor den Festungsgräben besaßen, schützten gegen den Angriff der Feuer speienden Monster.
„Ohne Kanonen wären wir ein erbärmlicher Haufen“, fügte Christian hinzu. „Aber sie sind teuer.“ Sie schwiegen.
Allen neuen Errungenschaften zum Trotz stand den einfachen Söldnern und Soldaten als Ausrüstung nicht mehr als die Pike und eine bunt zusammengewürfelte Uniform zur Verfügung. Gewöhnlich trugen Christians Männer derbes Schuhwerk, wollene Socken, Hosen und Hemden aus robustem Stoff, ein ledernes Wams und einen Umhang gegen Regen, dazu einen breitkrempigen Hut. Die Kleider waren weit geschnitten, nicht mit Pelz besetzt und mit möglichst wenigen Nähten versehen, um Flöhen und Läusen keinen Unterschlupf für ihr qualvolles Treiben zu bieten. Als Erkennungszeichen in der Schlacht dienten farbige Armbinden, Zweige oder Federn – was immer gerade zur Hand war. Christians Helm schmückte eine prächtige weiße Straußenfeder.
Am Ende eines Feldzuges sahen die Männer meist wie zerrupfte Vogelscheuchen aus. Sie schliefen, marschierten und kämpften in denselben Sachen, bis diese ihnen vom Leibe fielen. Manche trugen sogar Frauenkleider, andere die Hosen und Jacken, die sie den Gefallenen auf dem Schlachtfeld ausgezogen hatten. Einigen bemitleidenswerten Gestalten blieb nichts anderes übrig, als nach einer Schlacht halb nackt weiterzumarschieren, bis sich im nächsten Ort eine günstige Gelegenheit ergab, ein Paar Hosen von der erstbesten Wäscheleine zu pflücken.
Auch den Offizieren, die gerne ihren Eitelkeiten frönten und in der Schlacht nicht auf einen pompösen Auftritt verzichten wollten, erging es nicht besser. Kunstvolle Spitzenkragen, ausladende Federhüte, Stulpenstiefel und Zierwaffen landeten während des Gefechts ebenso im Matsch wie das Wams des einfachen Soldaten.
„Die Männer sind erschöpft, Sir“, setzte Buchwald wieder an. Vor den Feldzügen hatten sich die neu angeheuerten Fußsoldaten einem ermüdenden Drill zu unterziehen. Innerhalb kürzester Zeit mussten sie lernen, wie eine Pike auf dem Marsch zu tragen war und wie sie benutzt wurde. Christian selbst kannte mehr als zwanzig verschiedene Griffe für den Pikenier, doch er hatte Jahre benötigt, um diese Kunst zu vervollkommnen.
„Die Männer müssen hart sein“, setzte Christian dagegen.
Er hielt nichts von Ruhepausen und Nachsicht. Rast und Langeweile gebaren nur Chaos und dumme Gedanken. Es bedurfte nun mal harten Trainings, damit sich die Truppe in der Schlacht im geschlossen Verband bewegen konnte und nicht wie ein panischer Haufen durcheinanderirrte. Auch der Umgang mit der Schusswaffe musste immer wieder geübt werden: Der Schütze hantierte im Gefechtsgetümmel mit Schwarzpulver und Feuerstein. Wer sein empfindliches Handwerk nicht beherrschte und die Nerven verlor, dem explodierte die Muskete in der Hand. Schreckliche Verletzungen wie abgerissene Finger, Hände oder ganze Arme waren die Folge.
„Ich kann ihnen kein anderes Leben bieten.“ Christian schüttelte den Kopf. Sein Pferd schnaubte,
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