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Das Königsmal

Das Königsmal

Titel: Das Königsmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Burseg
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zeichnete seine geplante Route entschieden auf der Karte ein. Über die Elbe Richtung Verden und Nienburg sollte der Zug marschieren. Dann erläuterte er seine Pläne, die Mansfelds Truppen und die Söldner seines Neffen betrafen.
    „Christian, du umgehst die Truppen Tillys und ziehst weiter nach Hessen, um dich mit den Soldaten des Landgrafen zusammenzutun. Gemeinsam seid ihr stark genug, Tilly in den Rücken zu fallen. Wenn wir von Norden her angreifen, ist der General an zwei Fronten beschäftigt und geschwächt. Mansfeld soll Wallensteins Quartier in Magdeburg bedrängen und ihn davon abhalten, noch mehr Männer an die Weser zu schicken.“
    Aufmerksam lauschte das Kabinett und verfolgte die Züge des Königs quer durch Norddeutschland auf den Mappen. Viele Meilen, unwirtliches Gelände und breite Flüsse waren zu überwinden, um das Ziel zu erreichen. In Gedanken ritt jeder von ihnen die Strecke ab und plante die unterschiedlichen Etappen. Wo konnten die Männer ihr Lager aufschlagen? Welche verbündete Stadt lieferte ihnen Proviant?
    Während sich die Nachmittagssonne senkte und das Turmzimmer von Westen her allmählich in abendliches Rot hüllte, beratschlagten die Strategen alle notwendigen Schritte. Christian warf mit rascher Hand seine Befehle aufs Papier und unterzeichnete sie. Auch eine Couriersendung an Ernst zu Mansfeld, der mit seinem Heer vor Brandenburg stand, wurde vorbereitet.
    Jetzt, da die Entscheidung gefallen war, wollte er keine Zeit mehr verlieren. Noch für den nächsten Tag würde er auch den Aufbruch seines Haushalts befehlen. Er plante, seine Familie in kurzen Tagesreisen dem Heer folgen zu lassen, um schließlich in Hameln das Hauptquartier aufzuschlagen.
    Als der Abend hereinbrach, verließen die Männer mit ernsten, aber entschlossenen Gesichtern die Kammer. Einer nach dem anderen stieg die steilen Stufen der Wendeltreppe hinab, während Christian seinen Stallmeister rufen ließ. Wenzel Rothkirch sollte seine Order für Kopenhagen entgegennehmen. Er musste den Kronprinzen über die bevorstehenden Ereignisse unterrichten. Außerdem wartete auf Rothkirch die delikate Mission, den liebestollen Sohn von der Baronin loszueisen.
    „Ich lasse dir freie Hand, Wenzel“, erklärte Christian, als dieser abwartend vor ihm stand. Seine klaren, blauen Augen waren auf den König gerichtet, den er zutiefst verehrte. Rothkirch wusste, dass ihn sein Herr nur ungern mit dieser Aufgabe betraute. Viel lieber hätte er seinen Sohn persönlich zur Raison gerufen.
    „Wenn es sein muss, lässt du das Liebchen des Prinzen aus dem Palast und der Stadt verbannen. Setz sie in ihren Wagen und mach dem Kutscher klar, dass er nicht eher hält, bis das Wasser des Belts die Räder umspült. Andernfalls wird er seinen Hintern auf keinen Kutschbock im ganzen dänischen Königreich mehr setzen können“, bellte er.
    Der Stallmeister nickte und nahm einen versiegelten Brief vom König entgegen. In harschen Worten appellierte Christian darin an den Kronprinzen, Verantwortung und Ehrgefühl zu zeigen – „zumindest so viel, wie Gott in deinen sturen, königlichen Schädel hineingepflanzt hat“.
    In der Burg herrschte eine gespannte Ruhe. Waren die Abende in den vergangenen Wochen mit langen und opulenten Mahlzeiten an der Tafel im Saal ausgeklungen, blieb der Tisch an diesem Tag verwaist. Traurig lagen die gebratenen Rebhühner, der Schinken und das frische Brot auf ihren Platten und verströmten vergeblich ihren Duft. Schließlich ließ die Gräfin abdecken und den Männern einige Teller und Krüge mit Wein in die Turmkammer bringen.
    Wiebke war erleichtert, sich an diesem Abend nicht mehr den Blicken der Männer aussetzen zu müssen. Eben war sie in die Burg zurückgekehrt – mit einem Brief für Kirsten Munk, den sie am liebsten sofort in der Glut des großen Kamins versenkt hätte.
    Nachdem Madame sie am späten Nachmittag zu sich gerufen und ihr ein versiegeltes Schreiben übergeben hatte, war sie ins Lager der Soldaten geritten. Dort sollte sie den Rheingrafen Otto von Solms aufsuchen und ihm das Papier persönlich überreichen.
    Schon auf dem Weg ins Lager war ihr nicht wohl. Man hatte sie noch nie mit einem Kurierdienst beauftragt, und sie wunderte sich, warum nicht Johanna oder einer der Burschen an ihrer Stelle ritten. Obwohl sie es genoss, die Bewegungen des Pferdes zu spüren, fühlte sie sich allein. Besorgt fragte sie sich, wie es ihr gelingen sollte, zwischen Hunderten von Zelten und Tausenden von

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