Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Königsmal

Das Königsmal

Titel: Das Königsmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Burseg
Vom Netzwerk:
Augen, die ihr vor Jahren diese Mahnung mit auf den Weg gegeben hatte. Sie fühlte sich in den Wald ihres Vaters zurückversetzt. Ein Gefühl von Geborgenheit breitete sich in ihr aus. Mit einem Mal war sie sich sicher, dass sie sich nicht gegen ihre Überzeugungen stellen und für die Gräfin lügen durfte. Sie musste mit der Herrin sprechen und ihr erklären, dass sie diese Kurierdienste in Zukunft nicht mehr übernehmen konnte. Selbst wenn das bedeuten sollte, dass man sie wegen ihres Ungehorsams nach Hause schicken und sie aus dem Zaubergarten schon wieder vertrieben würde.
    Es waren nur noch wenige Schritte bis zum Frauenzimmer, und sie zögerte nicht. Vor Kirstens Tür atmete sie entschlossen durch, dann klopfte sie an das Holz und trat ein.
    Die Gräfin war nicht allein. Johanna war bei ihr und kleidete sie für die Nacht um. Erstaunt blickte die Hofdame Wiebke an, die noch im Mantel in der Tür stand. An ihren Schuhen klebte der Schlamm des Lagers, Dreckspritzer säumten ihren langen Rock.
    „Wiebke, um Gottes willen, wo kommst du her und wie siehst du aus?“, fragte sie irritiert. „Bleib stehen, damit du den Dreck nicht noch in die Gemächer von Madame schleppst. Du stinkst wie eine Bauernmagd, die gerade aus dem Schweinestall kommt.“
    „Lass nur.“ Kirsten lachte amüsiert über das Missgeschick ihrer Zofe. „Wiebke bringt mir einen Brief, auf den ich sehnsüchtig warte. Sie wollte ihn mir so schnell wie möglich geben.“ Und fordernd streckte sie eine Hand aus.
    „Madame, ich muss mit Euch reden. Allein“, entgegnete Wiebke mit einem schnellen Blick auf Johanna. Sie ärgerte sich, dass sie in ihrer Hast vergessen hatte, den Umhang abzulegen und die Pantinen zu säubern. Jetzt hatte sie Johanna mit ihrem Auftritt neugierig gemacht.
    Die Gräfin blickte sie erstaunt an, dennoch ließ sie Johanna gehen und setzte sich vor ihren Toilettenspiegel. Sie griff nach der schweren, silbernen Bürste und zog sie langsam und genussvoll durch ihre Haare.
    „Was möchtest du mir so Geheimnisvolles sagen, dass es niemand anderes hören soll? Du weißt, auch die Wände haben in diesen alten Mauern Ohren.“
    „Madame, ich habe den Rheingrafen gefunden und ihm Euren Brief in seinem Zelt überreicht“, begann Wiebke vorsichtig. „Er hat mir eine Antwort für Euch mitgegeben.“ Sie zog den Brief aus ihrem Mieder und reichte ihn der Herrin, die begierig danach griff. „Doch ich möchte Euch sagen, dass ich nicht noch einmal in das Lager reiten werde, um ein Kuvert an diesen Herrn zu überbringen.“
    Für einen winzigen Moment reagierte die Gräfin nicht. Doch dann verengten sich ihre Augen zu Schlitzen.
    „Was fällt dir ein, mir deine Dienste zu verweigern? Ich könnte dich sofort entlassen, und du wärst schneller, als du dich umschauen kannst, wieder die kleine Wäscherin.“
    „Davor habe ich keine Angst, Madame. Aber ich habe Angst davor, Euch zu schaden“, antwortete Wiebke schnell.
    Sie senkte den Kopf, um so demütig vor ihrer Herrin zu stehen, wie diese es liebte. Auf einmal war ihr eine Idee gekommen, wie sie sich aus ihrer misslichen Lage befreien konnte. „Ich fürchte, dass meine Anwesenheit im Lager für mehr Aufsehen sorgt, als Euch lieb sein kann. Einige Offiziere, die mich auf der Steinburg sahen, haben mich erkannt. Außerdem…“ Sie machte eine Pause, denn jetzt musste sie ihre Worte sorgfältig wählen, um überzeugend zu klingen. „Außerdem bedrängte mich der Graf in seinem Zelt. Er zog mich auf sein Bett. Ihr wollt und könnt es gewiss nicht dulden, dass Eure Zofe von einem Offizier belästigt wird.“
    Jetzt war es heraus. Natürlich hatte sie der Rheingraf nicht unsittlich berührt. Aber angesehen hatte er sie – mit diesem Blick, der deutlicher als jede Berührung gewesen war. Wie sie die Gräfin kennen gelernt hatte, reichte schon der bloße Verdacht einer Avance, um ihre Eifersucht zu wecken.
    Und richtig, Kirsten Munk schaute sie wütend an. Sie schleuderte den Brief auf ihr Toilettentischchen, wo er zwischen Kämmen, Haarnadeln und Perlenketten liegen blieb.
    „Was fällt diesem Bastard ein“, fauchte sie und schlug mit der Haarbürste nach dem Brief. „Und du“, schrie sie weiter. „Hast ihm schöne Augen gemacht, du kleine Hure. Raus! Raus!“ Und noch bevor die Zofe an der Tür war, warf sie die schwere Bürste nach ihr. Ein stechender Schmerz durchfuhr Wiebke, als sie das Geschoss an der Stirn traf, bevor es polternd zu Boden fiel.
    Kirsten Munk bebte vor

Weitere Kostenlose Bücher