Das Königsmal
übergegangen sind, gehen an die katholische Kirche zurück.“
Christian verschlug es die Sprache, und er brauchte einen Moment, um sich zu sammeln.
„Wisst Ihr, was das bedeutet?“, fragte er seinen Botschafter dann heiser.
„Der protestantische Glaube verliert seine Legitimität. Und die katholische Kirche verschlingt auf einen Streich alles, wonach sie giert. In den Erzbistümern Bremen und Magdeburg und in allen anderen norddeutschen Bistümern müsste der katholische Glaube eingeführt, in ganz Deutschland wohl mehr als tausend Klöster der katholischen Kirche zurückgegeben werden.“
„Eine Katastrophe. Dann siegt der Katholizismus, und mit Deutschlands Freiheit ist es vorbei. Wehrt sich denn niemand gegen dieses unsägliche Vorhaben?“ Christian sprang auf und begann, erregt auf- und abzugehen.
„Natürlich sind die Pläne Ferdinands auf größte Skepsis gestoßen. Der alte Maximilian von Bayern inszenierte einen Gegenstoß. Die Kurfürsten fordern vor allem eine drastische Reduzierung der kaiserlichen Armee und das Ende der selbstherrlichen Politik Wallensteins. Man will sich nicht länger von diesem Emporkömmling gängeln lassen – er hat zu viel Macht. Und man begreift die Politik des Kaisers inzwischen als Angriff auf die fürstliche Autonomie in den eigenen Ländern.“
„Dann wird die deutsche Libertät vielleicht wieder einmal zur verbindenden Klammer zwischen evangelischen und katholischen Fürsten gegen die Pläne des Kaisers“, murmelte Christian. „Niemand wird einen so starken Kaiser, einen Meister von Deutschland wollen. Wie können wir von Mühlhausen profitieren?“
Dieses Mal ließ sich von Tillmanns Zeit mit seiner Antwort. „Ich denke, die Selbstherrlichkeit des Kaisers und seines Feldherrn werden ihnen bald zum Verhängnis werden. Ohne Flotte werden sie Seine Majestät nicht schlagen können, und sie unterschätzen die Macht der Hanse und die Stärke Gustav Adolfs. Seine Majestät sollten auf einen Schulterschluss mit dem Schweden setzen.“
„Wenn die katholischen Fürsten anfangen zu murren, wird es im Reich zu gären beginnen. Und der Mythos Wallenstein wird bröckeln.“
Christian blieb an einem der Fenster stehen und legte die Handflächen gegen das kalte Glas der bleigefassten Scheiben. Vor seinen Augen tauchte das Gesicht des Rivalen auf. Wie er selbst hatte auch Gustav Adolf den Thron schon in jungen Jahren bestiegen. Während des Kalmarkrieges hatten sie beide verbissen um den Titel des Königs der Lappen gekämpft. Im Grunde genommen war es jedoch um wirtschaftliche Interessen gegangen – der Handel mit den Fischen und Fellen dieser Region war höchst einträglich. Christian hatte den Jüngeren damals besiegt. Schweden musste die Finnmark an Dänemark abtreten und eine Million Taler Entschädigung zahlen. Konnte man jetzt aufeinander zugehen? Würde Gustav Adolf ihm die Hand reichen?
Er drehte sich um und blickte seinen Botschafter entschlossen an.
„Ich gebe Euch Buchwald mit auf den Weg. Übermittelt Gustav Adolf, dass ich bereit bin, zu verhandeln. Dass ich bereit bin, gemeinsam zu marschieren.“
Als die beiden Männer wieder in die Halle zurückkehrten, war das Feuer im Kamin heruntergebrannt, und gegen die milchigen Scheiben des Gutshauses drückte bereits abendliche Schwärze. Stundenlang hatten sie über eine Taktik für die Verhandlungen mit dem Schwedenkönig gebrütet, schließlich Buchwald hinzugerufen und in ihre Pläne eingeweiht.
Christian fühlte sich so gestärkt wie seit Langem nicht mehr. Sie hatten einen Weg in die Zukunft gefunden, den sie beschreiten konnten. An der Feuerstelle sah er seine Frau und ihre Zofen, die mit Näharbeiten und Stickereien beschäftigt waren. Auch der Rheingraf saß in der Runde und unterhielt sich mit der Gutsherrin. Am samtenen Revers seiner Jacke funkelte eine auffällige Rubinnadel, deren Schliff die Glut des Feuers einfing. Selten hatte er ein herrliches Stück wie dieses gesehen. Und doch kam es ihm seltsam bekannt vor.
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