Das Kommando
UNO unternehmen würde. Alle stimmten darin überein, dass Israel mit Sanktionen rechnen musste und die Vereinigten Staaten möglicherweise zum ersten Mal nicht imstande sein würden, etwas dagegen zu unternehmen. Valerie Jones mahnte alle nachdrücklich zur Zurückhaltung gegenüber den Medien. Niemand dürfe ein Interview geben, ohne es vorher mit ihr abzusprechen, um zu vermeiden, dass einzelne Kabinettsmitglieder und Regierungsbeamte widersprüchliche Äußerungen von sich gaben. Schwere politische Unwetterlagen wie diese ließen sich nur bewältigen, wenn alle zusammenhielten. Auf keinen Fall könne man es sich leisten, den Eindruck zu erwecken, als herrsche in der Regierung Hayes Uneinigkeit.
Als sich der Präsident erhob, um anzuzeigen, dass die Besprechung beendet war, sah Kennedy seine Büroleiterin an, hob die Hand und spreizte alle fünf Finger. Jones nickte und sah rasch in seinen Terminkalender. Schon jetzt hinkte der Präsident hinter seinen Terminen her, aber sie war in der Kunst geübt, Sitzungen zu verschieben, Termine zu streichen oder die dafür vorgesehene Zeit zu verkürzen. Kennedy bat sie nicht oft um einen Gefallen, und angesichts der Ereignisse vom Vorabend hatte sie zweifellos etwas Wichtiges vorzubringen.
Sie sah zum Präsidenten hinüber, der gerade unter einem Porträt Theodore Roosevelts mit der Außenministerin sprach. Zu Kennedy gewandt, sagte sie: »Warten Sie im Oval Office. Ich bringe ihn, sobald ich ihn hier loseisen kann.«
Kennedy dankte ihr und verließ mit Rapp und Turbes das Kabinettszimmer. Als sie ins Oval Office traten, sagte Rapp: »Er weiß schon, was er tun will.«
»Das habe ich gemerkt.«
»Deshalb wird ihm nicht gefallen, was wir zu sagen haben«, fügte er hinzu.
»Bestimmt nicht.«
Wenige Augenblicke später kam der Präsident mit Jones und seiner Privatsekretärin herein und legte eine Ledermappe auf seinen Schreibtisch. Während ihm die Sekretärin dies und jenes vortrug, was zu erledigen war, ging Jones einen Stapel rosafarbener Mitteilungen durch, den einer ihrer Mitarbeiter gebracht hatte. Mit einem Mal erstarrte sie und sah den Präsidenten an.
»Der saudische Botschafter ersucht Sie um ein Gespräch. Er sagt, so bald wie möglich.«
Schlagartig erwachte Kennedys Interesse an dem, was der Präsident darauf erwidern würde. Sie trat einige Schritte näher und lauschte.
Hayes, der eine sehr gute Beziehung zu den Saudis hatte, sagte spontan: »Arrangieren Sie das.«
»Sir, dürfte ich?« Kennedy trat noch näher und sah die Sekretärin an. »Betty, bitte entschuldigen Sie uns einen Augenblick.« Ohne zu zögern, verließ die Angesprochene den Raum. Als die schalldichte Tür hinter ihr ins Schloss gefallen war, sagte Kennedy: »Sir, es gibt einige Dinge, die Sie meiner Ansicht nach wissen sollten, bevor Sie einem Treffen mit dem saudischen Botschafter zustimmen.«
Hayes hob fragend die Brauen. »Nämlich?«
Sie wies auf die beiden Sofas in der Nähe des Kamins.
»Ich denke, wir sollten uns setzen. Es kann sein, dass es eine Weile dauert.«
Nach einem zögernden Blick auf die Papiere, die auf seinem Schreibtisch warteten, willigte er ein. Kennedy und Turbes setzten sich auf das eine Sofa, Jones und der Präsident auf das andere. Rapp blieb lieber stehen.
»Wir haben heute am frühen Morgen von den Briten etwas erfahren«, begann Kennedy. »Wie Sie wissen, spähen wir selbst die Saudis wegen unseres informellen Abkommens mit ihnen nicht aus. Die Briten, die kein solches Abkommen haben, lassen es uns dankenswerterweise wissen, wenn sie etwas erfahren.«
Der Präsident wusste, dass Kennedy seine Zeit nie vergeudete. »Was haben die Briten erfahren?«
Sie öffnete einen roten Aktendeckel mit der Aufschrift EYES ONLY und wollte ihn schon dem Präsidenten geben. Dann aber fiel ihr ein, dass es einfacher sein würde, ihm das Foto zu zeigen. So stand sie auf, ging zum anderen Sofa hinüber, setzte sich links neben ihn und wies auf eine Schwarz-Weiß-Aufnahme. »Wissen Sie, wer das ist?«
Der Präsident sah auf das Foto eines fülligen Mannes im Anzug, der in Begleitung mehrerer Menschen, zu denen auch ein stämmiger Asiate gehörte, gerade ein Hotel betrat. Der Blickwinkel ließ darauf schließen, dass das Foto heimlich aufgenommen worden sein musste. Irgendetwas an dem Mann im Anzug kam dem Präsidenten bekannt vor, doch wusste er nicht, was es war. Nach einer Weile schüttelte er den Kopf.
Das überraschte Kennedy, dann aber fiel ihr ein, warum er
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