Das Kommando
würde.«
»Glaubst du, der Mann ist hergekommen, um erneut jemanden zu töten?«
Rapps Gesichtsausdruck zeigte deutlich, dass er sich seiner Sache nicht sicher war. »Ich weiß es nicht. Dass er sich hier aufhält, könnte auch Teil eines von langer Hand vorbereiteten Fluchtplans sein. Statt das Land zu verlassen und dabei gefasst zu werden, geht er dahin, wo man am wenigsten mit ihm rechnet.«
Er schien selbst nicht so recht an diese Möglichkeit zu glauben. »Was meinst du wirklich? Was sagt dir dein Gefühl?«
Nach kurzem Überlegen sagte er: »Ich glaube, er will auch hier einen Auftrag erledigen.«
»Oder er lebt hier«, gab Kennedy zu bedenken.
Das war ein völlig neuer Gedanke. Viele ehemalige Angehörige von Spezialeinheiten wohnten in der näheren Umgebung der Hauptstadt, und mit Sicherheit ließ sich der eine oder andere für einen Auftragsmord anheuern. Doch irgendetwas an dem Mann wirkte ganz und gar unamerikanisch. Von seiner Statur her sah er etwa aus wie Rapp, unauffällig. Genau das gab Rapp die Möglichkeit, bei Einsätzen im Nahen Osten und in Südostasien in einer Menschenmenge unterzutauchen. Er überlegte, ob der Mann vielleicht Amerikaner war, und sagte dann: »Es könnte sein. Aber in dem Fall wäre er mit unseren Möglichkeiten besser vertraut. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er dann das Risiko auf sich nehmen würde, von einer Überwachungskamera entdeckt zu werden.«
»Das leuchtet ein.«
»Er ahnt nicht, dass wir hinter ihm her sind«, sagte Rapp.
»Aha.«
»Oder wir trauen ihm zu viel zu«, wandte Rapp ein.
»Olivia soll auf jeden Fall die Akten des Verteidigungsministeriums durchgehen.«
»Wird gemacht. Aber wie wäre es, wenn wir in dieser Sache den Mossad einschalteten?«
Sie schüttelte den Kopf. »Das würde der Präsident keinesfalls billigen, schon gar nicht, da er immer noch überzeugt ist, dass die Israelis in der Sache mit drinhängen.«
»Das ist doch Unsinn!«
»Da bin ich mir nicht so sicher«, sagte Kennedy mit gehobenen Brauen. »Wenn das nun ein vom Mossad eingefädeltes kompliziertes Manöver wäre, bei dem Prinz Omar als Prügelknabe dienen soll?« Rapps verdrossener Gesichtsausdruck zeigte ihr, dass er von dieser Theorie nichts hielt. »Überleg doch mal. Falls der Unbekannte wirklich Israeli ist und die Leute ihn auf Prinz Omar angesetzt haben, damit er für sie den Kronprinzen von Saudi-Arabien spielt… Immerhin ist das die Rolle, nach der er sich sein Leben lang gesehnt hat.«
»Und wie soll das am Schluss aussehen?«, fragte Rapp skeptisch.
»Man könnte die Saudis in eine peinliche Situation bringen, indem man öffentlich machte, dass sie palästinensische Extremisten finanzieren.«
»Das klingt mir zu weit hergeholt«, sagte er mit finsterem Gesicht.
»Vielleicht ist es das auch. Jedenfalls können wir Freidman nicht danach fragen, wer dieser Bursche ist. Allerdings denke ich, dass es Zeit ist, das FBI zu informieren.«
Rapp zuckte sichtlich zusammen. »Ich weiß nicht recht. Mir wäre es lieber, wenn die Bundespolizei ihre Finger nicht im Spiel hätte.«
»Falls sich der Mann in Washington aufhält, bleibt uns aber keine andere Wahl.«
Er begehrte unwillkürlich dagegen auf. Das hatte weniger mit einer Geringschätzung der Fähigkeiten des FBI als damit zu tun, dass die Leute wieder auf allen möglichen Vorschriften herumreiten würden. Falls das FBI den Burschen zu fassen bekam, gab es nur die Möglichkeit eines regulären Gerichtsverfahrens. Dennoch stimmte Rapp zögernd zu.
Sie verließen den Roosevelt Room und gingen durch den Korridor zum Oval Office. Gegenwärtig befanden sich dort zu viele Menschen, als dass sie dem Präsidenten über die jüngste Entwicklung hätten Bericht erstatten können. Während Kennedy wartete, bis sich eine Gelegenheit bot, unter vier Augen mit ihm zu reden, rief Rapp in der Antiterrorzentrale an, um Turbes zu informieren, dass das FBI mit einbezogen werden sollte. Bevor er die Nummer zu Ende gewählt hatte, ertönte von außerhalb des Gebäudes ein lautes Grollen. Er spannte sich an wie eine Bogensehne, denn im Unterschied zu allen anderen in der näheren Umgebung war ihm sofort klar, dass es sich um eine Explosion handelte.
67
Marcus Dumond saß in seinem Eckabteil des Bullenpferchs, ohne etwas von dem Durcheinander um ihn herum mitzubekommen. Zur besseren Orientierung hatte man den Gängen zwischen den Raumteilern Namen gegeben und sich in einem Anflug von schwarzem Humor für Bezeichnungen wie
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